OGH 6Ob554/85

OGH6Ob554/8525.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna (auch Jeanne) A, Firmengesellschafterin, 1100 Wien, Columbusgasse 24, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Georg A, Architekt, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 17, vertreten durch Dr. Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen übertragung von Liegenschaftsanteilen (Streitwert S 900.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28.Jänner 1985, GZ 14 R 307/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. September 1984, GZ 9 Cg 357/83- 12, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.988,95

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.344,45

Umsatzsteuer und S 1.200,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin beantragte, den Beklagten schuldig zu erkennen, den mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr. Wilhelm B, GZ 45/1958, von der Klägerin erworbenen 1/4-Anteil an der Liegenschaft EZ 840 KG Josefstadt mit dem Grundstück 40 Baufläche, Haus Konskr.Nr.840 (Wickenburggasse 24) satz- und lastenfrei in das Eigentum der Klägerin zu übertragen. Sie behauptete, sie habe dem Beklagten mit Schenkungsvertrag vom 23.10.1958 verschiedene Vermögenswerte, darunter den 1/4-Anteil an der Liegenschaft zum Schein geschenkt, da sie Haftungsansprüche von Gesellschaftsgläubigern ihr gegenüber als Geschäftsführerin einer Gesellschaft befürchtet habe. Der Beklagte habe mit Gedenkprotokoll vom 1.9.1959 zustimmend zur Kenntnis genommen, daß die übertragung der Vermögensanteile nur aus diesem Grunde erfolgt sei, und sich verpflichtet, der Klägerin jederzeit das abgetretene Vermögen wieder zurückzustellen, weigere sich jedoch, diese Verpflichtung einzuhalten. Die übertragung sei seinerzeit mit Ausnahme einer durch Mietzinseinnahmen längst abgedeckten Hypothek im Betrage von S 6.481,21 satz- und lastenfrei erfolgt.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, es habe sich keineswegs um ein Scheingeschäft gehandelt. Das Protokoll vom 1.9.1959 habe der Beklagte nur unterschrieben, weil die Klägerin (seine Mutter) seine damalige Verlobte nicht akzeptiert und dem Beklagten Vorhaltungen gemacht habe, daß das ihm zugekommene Familienvermögen im Falle seines Ablebens an die wenig geschätzte Gattin fallen würde. Die Klägerin habe zumindest nachträglich schlüssig die Ernstlichkeit der Schenkung zum Ausdruck gebracht und auf ein allfälliges Recht auf Rückerstattung der Liegenschaft verzichtet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin war in den Fünfzigerjahren Geschäftsführerin eines Unternehmens ihres Bruders. In diesem Zusammenhang stellte sich heraus, daß unter Umständen die Gefahr eines Steuerverfahrens drohe und sie als Geschäftsführerin befürchten mußte, persönlich in Anspruch genommen zu werden.

Deshalb entschloß sie sich, mehrere ihr damals gehörige Vermögensteile ihrem Sohn, dem Beklagten, zu schenken, um diese einem allfälligen Zugriff von Gläubigern zu entziehen. Sie fragte den Beklagten, ob er damit einverstanden sei, daß sie ihm verschiedene Vermögensbestandteile pro forma übertrage. Dieser erklärte sich damit einverstanden, der Schenkungsvertrag wurde errichtet und in Ansehung der nunmehr strittigen Liegenschaftsanteile grundbücherlich durchgeführt. Im Jahre 1959 wurde die Klägerin durch Alfred C,der über die Transaktion und ihre Hintergründe unterrichtet war, darauf aufmerksam gemacht, daß sie hinsichtlich der von ihr dargestellten Verpflichtung des Sohnes, die ihm übertragenen Vermögensanteile wieder zurückzustellen, nichts in der Hand habe. Alfred C verfertigte daraufhin das Gedenkprotokoll vom 1.9.1959, in welchem der festgestellte Sachverhalt dargestellt wird, die geschenkten Vermögensbestandteile aufgezählt sind und eine Erklärung des Beklagten festgehalten ist, wonach dieser zustimmend zur Kenntnis nimmt, daß er die an ihn übertragenen Vermögensanteile nur aus den oben erwähnten Gründen erhielt und er seiner Mutter jederzeit das abgetretene Vermögen in ihr Eigentum zurückstellen werde. Der Beklagte unterfertigte diese Erklärung, da sie seinen Vereinbarungen mit seiner Mutter entsprach. In den darauffolgenden Jahren sprachen die Streitteile über die Frage des Schenkungsvertrages und die vereinbarte Rückstellungsverpflichtung des Beklagten nicht. Weder anläßlich des Schenkungsvertrages noch vorher oder nachher wurde zwischen ihnen die Frage einer Belastung der geschenkten Liegenschaftsanteile durch den Beklagten erörtert. Der Beklagte tätigte mit Kenntnis der Klägerin in den vergangenen Jahrzehnten Bauaufwendungen im Haus und nahm in diesem Zusammenhang umfangreiche Darlehen auf, die auch die seinerzeit ihm von der Klägerin übertragenen Miteigentumsanteile pfandrechtlich belasteten. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die Klägerin davon Kenntnis hatte, daß der Beklagte die baulichen Aufwendungen durch Kredite finanzierte, die er auf der Liegenschaft pfandrechtlich sicherstellen ließ.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, es liege eine fiduziarische Treuhand vor. Im Innenverhältnis handle es sich um eine uneigennützige verdeckte Treuhand, die nicht als Scheingeschäft, sondern als Umweggeschäft zu behandeln und grundsätzlich zulässig sei. Der Beklagte sei mangels anderer Vereinbarungen verpflichtet, den Liegenschaftsanteil in jenem Zustand dem Treugeber zurückzustellen, in dem er ihn übernommen habe, also lastenfrei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Es führte noch aus, ein Verzicht der Klägerin auf die Rückübertragung der Liegenschaft könne aus dem bloßen Stillschweigen nicht abgeleitet werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit den Anträgen, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern oder dahin, daß die Liegenschaftsanteile nur mit den darauf haftenden Belastungen rückübertragen werden, oder das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Alle Ausführungen des Beklagten gehen an den Feststellungen der Vorinstanzen vorbei, wonach die Klägerin die Liegenschaftsanteile nur pro forma mit Schenkungsvertrag an den Beklagten übertragen hat, um sie dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen, der Beklagte dies mit der Klägerin vereinbart und sich seinerseits verpflichtet hat, die Liegenschaftsanteile jederzeit wieder zurückzustellen. Den Vorinstanzen ist beizupflichten, daß dies ein verdecktes Treuhandgeschäft darstellte. Die Vereinbarung, pro forma das Eigentum an den Liegenschaftsanteilen zu übertragen, kann im Zusammenhang mit dem beiden Teilen bekannten Zweck des Geschäftes nur dahin verstanden werden, daß dem Beklagten zwar nach außen die Stellung eines unbeschränkten Eigentümers eingeräumt werden sollte, er aber im Innenverhältnis verpflichtet war, die Treuhandschaft im Interesse der Klägerin auszuüben. Von einer Schenkung unter der Auflage, das Geschenk seinerzeit wieder herauszugeben, soferne es noch in Natur vorhanden ist, kann schon deshalb nicht gesprochen werden, weil die Schenkung nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur 'pro forma' erfolgt ist. Mangels anderer Vereinbarungen durfte der Beklagte daher die Liegenschaften auch nicht belasten. Daß die Klägerin gegen die Bauführungen keinen Einwand erhob und erst im Jahre 1983 die Rückübertragung der Liegenschaftsanteile begehrte, bedeutet keineswegs, daß sie auf ihre Rechte aus dem Treuhandgeschäfte schlüssig verzichtet hätte. Aus der bloßen Nichtausübung des Rechtes, die Rückübertragung der Liegenschaftsanteile zu verlangen, kann, auch wenn dies durch längere Zeit hindurch geschieht, auf einen Verzicht nicht geschlossen werden. Daß die Klägerin Bauführungen des Beklagten (als Mehrheitseigentümer der Liegenschaft) widerspruchslos hingenommen und den Beklagten auch nicht zur Rechnungslegung über den Ertrag des Treuhandvermögens aufgefordert hat, ändert gleichfalls nichts an ihren Rechten auf Rückübertragung der Anteile, sondern könnte nur im Rahmen deraus Anlaß der Beendigung desTreuhandverhältnisses notwendig werdenden Abrechnung von Bedeutung sein. Der Umstand, daß die gesamte Liegenschaft und damit auch die rückzustellenden Anteile nunmehr pfandrechtlich belastet sind, wobei dies ohne Wissen der Klägerin geschah, bedeutet nicht, daß die lastenfreie übertragung unmöglich wäre. Es ist Sache des Beklagten, die Lastenfreistellung der Anteile zu bewirken, wobei nicht gesagt werden kann, dies wäre absolut unmöglich.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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