OGH 3Ob40/85

OGH3Ob40/8524.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Antonia A, Private, Jeneweingasse 8/2/8, 1210 Wien, vertreten durch Dr. Ludwig Riemer, Rechtsanwalt in Wien, und der beigetretenen betreibenden Partei B C Aktiengesellschaft, Herrengasse 12, 1010 Wien, wider die verpflichtete Partei D - Realitäten- und Hypothekenvermittlungsgesellschaft m.b.H., Alserstraße 34, 1090 Wien, wegen S 850.500,-- samt Anhang infolge Rekurses der erstbetreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 15. November 1984, GZ 46 R 666/84-83, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 18. April 1984, GZ 21 E 103/80-69, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 850.000,-- samt Zinsen und Kosten wurde der betreibenden Partei am 16. Oktober 1980 die Exekution durch Zwangsversteigerung der 70/100 Anteile der verpflichteten Gesellschaft an der Liegenschaft EZ 45 in der Katastralgemeinde Alsergrund bewilligt (ON 2). In der Folge ergaben sich immer wieder Verzögerungen, weil der einzige Geschäftsführer der Verpflichteten verstorben war und Zustellungen an einen zur Empfangnahme befugten Vertreter der Verpflichteten nicht vorgenommen werden konnten.

Der Schätzung der Liegenschaft lag der Buchstand zugrunde, wonach die Liegenschaft im Miteigentum des Attila E (25/100 Anteile im Rang TZ 6725/1977), der Verpflichteten (70/100 Anteile im Rang TZ 1718/1980) und der Ulrike F (5/100 im Rang TZ 3959/1980) steht. Die Anteile der Verpflichteten und der Ulrike F sind zu G 2 (TZ 2636/1978) mit einem Fruchtgenußrecht 'an dem zur Zeit von der Firma H benützten Geschäftslokal' zugunsten des Miteigentümers Attila E belastet. Eine Ablichtung des Kaufvertrages vom 11. Juli 1977 mit dem Nachtrag vom 13. Oktober 1977, mit welchem der damalige Liegenschaftseigentümer Hansjörg I dem Attila E 25/100 Anteile zum Zwecke künftiger Begründung von Wohnungseigentum an dem seit dem 11. April 1974 der H Warenhandel Gesellschaft m.b.H. vermieteten Geschäftsräumlichkeiten verkaufte und dem Käufer ein in der 'Rechtsform eines Fruchtgenußrechtes' zu verstehendes Nutzungsrecht an den Geschäftsräumen einräumte, bis Wohnungseigentum begründet sei, lag bei der Schätzung ebenso vor wie eine Ablichtung des Hauptmietvertrages mit der H Warenhandel Gesellschaft m.b.H. (AS 61- 75 und AS 81/97). Gegen den mit S 1,450.000,-- bekannt gegebenen Schätzwert der in Exekution gezogenen Liegenschaftsanteile der Verpflichteten wurden keine Errinnerungen oder Einwendungen angebracht (ON 33), die von der betreibenden (nunmehr erstbetreibenden) Partei vorgelegten Versteigerungsbedingungen, wonach der Schätzwert S 1,450.000,-- betrage und vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot weder Dienstbarkeiten, noch Ausgedinge oder Reallasten zu übernehmen seien, wurden mit dem Beschluß vom 22. April 1982 (Versteigerungsedikt ON 36) genehmigt, dieser Beschluß allerdings bisher dem Buchberechtigten Attila E nicht zugestellt (vgl. ON 81, wonach nur ON 2 und 69, nicht aber ON 36 zugestellt wurde). Der für den 29. Juli 1982 anberaumte Versteigerungstermin wurde am 27. Juli 1982 abgesetzt (ON 49). Am 10. September 1982 beantragte die betreibende Partei mit dem Vorbringen, dem Attila E stehe nach dem in Teilablichtung angeschlossenen Kaufvertrag bis zur Errichtung des Wohnungseigentumsvertrages das ausschließliche Nutzungsrecht an den Geschäftsräumlichkeiten zu, eine Ergänzung des Schätzungsgutachtens, welchen Einfluß dieses Nutzungsrecht auf den Schätzwert der zu versteigernden Anteile habe und eine Änderung der Versteigerungsbedingungen, daß das Fruchtgenußrecht vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sei (ON 52). Am 1. Oktober 1982 beantragte die betreibende Partei, nach Ergänzung der Schätzung eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen anzuberaumen (ON 53).

Am 18. April 1984 erließ das Erstgericht das Versteigerungsedikt, beraumte den Versteigerungstermin für den 31. Juli 1984 an, wies auf die bereits rechtskräftig am 22. April 1982 genehmigten Bedingungen hin und nahm die im § 170, § 171 Abs 2 und 3 sowie § 172 Abs 2 EO vorgesehenen Mitteilungen und Aufforderungen vor (ON 69). Die betreibende Partei erhob gegen dieses Edikt Rekurs, weil über ihre Anträge (ON 52 und ON 53) nicht entschieden worden sei. Sie beantragte die Aufhebung des Versteigerungsediktes (ON 70). Am 25. Juli 1984 hat das Erstgericht den Versteigerungstermin 31. Juli 1984 von Amts wegen abberaumt (ON 77).

Das Rekursgericht wies daraufhin das Rechtsmittel der betreibenden Partei zurück, weil nach der Absetzung des Versteigerungstermins alle an den angefochtenen Beschluß geknüpften Rechtswirkungen endgültig weggefallen seien und daher ein Rechtsschutzinteresse der betreibenden Partei an der überprüfung des erstrichterlichen Beschlusses nicht mehr bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den das Rechtsmittel zurückweisenden Beschluß des Rekursgerichtes ist nach § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO über § 78 EO zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die betreibende Partei meint nur neuerlich, daß vor der Erlassung des Versteigerungsediktes über ihre Anträge zu entscheiden gewesen wäre, die darauf abzielten, in den Versteigerungsbedingungen Klarheit über die Behandlung des nach ihrer Meinung zu Unrecht im Grundbuch einverleibten Fruchtgenußrechtes (Nutzungsrechtes) des Miteigentümers zu schaffen. Sie übersieht aber, daß das Erstgericht bei der Erlassung des Versteigerungsediktes am 18. April 1984 nicht über die Genehmigung der Versteigerungsbedingungen abgesprochen sondern sich nur auf den - vermeintlich! - rechtskräftigen (dem Buchberechtigten aber bisher nicht zugestellten!) Beschluß vom 22. April 1982 berufen hat. Damit erschöpfen sich die Wirkungen der Anordnung auf die Festsetzung des Versteigerungstermins, der aber in der Folge abgesetzt wurde, so daß das Verfahren sich wieder in dem Stande befindet, in welchem es vor der von der betreibenden Partei bekämpften Bestimmung des Versteigerungstermins hielt. Es ist der Meinung des Rekursgerichtes beizutreten, daß nach der Absetzung des Termins ein Rechtsschutzinteresse der betreibenden Partei an der Anfechtung der Erlassung des Versteigerungsediktes jedenfalls nicht fortbestehen kann. Fehlt es im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung an dieser Beschwer, so ist das Rechtsmittel unzulässig, weil es nicht Sache des Rechtsmittelgerichtes ist, rein theoretische Fragen zu entscheiden (Heller-Berger-Stix 648; MietSlg 34.827, 35.860 ua.).

In der Zurückweisung des Rekurses liegt somit kein Rechtsirrtum. Dem dagegen erhobenen Rechtsmittel, in welchem Kosten nicht verzeichnet wurden, kann daher kein Erfolg zukommen. Das Erstgericht wird nun ohnedies vor Anberaumung des Versteigerungstermines über die Anträge der betreibenden Partei, zweckmäßig nach Beiziehung aller Beteiligten (so auch des Fruchtgenußberechtigten) Klarheit über den Inhalt der Versteigerungsbedingungen zu schaffen haben.

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