OGH 7Ob540/85

OGH7Ob540/8518.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B Leasing- und Kreditgesellschaft m. b.H., Wien 6., Theobaldgasse 19, vertreten durch Dr.Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Georg C, Kaufmann, Podersdorf, Seestraße 3, vertreten durch Dr.Walter Boss, Rechtsanwalt in Neusiedl/See, wegen 99.005 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.Dezember 1984, GZ.1 R 210/84-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30.April 1984, GZ.33 Cg 106/82-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 4.289,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 600 S Barauslagen und 335,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Frühjahr 1980 stellte der Beklagte an die Firma E***Computer den Antrag auf Lieferung eines Computers, den er für seinen Betrieb benötigte. In diesem Antrag war eine Anzahlung von 94.000 S vereinbart. Der Restbetrag sollte bei Auslieferung des Gerätes, die bis 1.9.1980 vorgesehen war, fällig sein. Die Finanzierung des Gerätes war durch Leasing vorgesehen. Aus diesem Grunde stellte der Beklagte am gleichen Tage an die Rechtsvorgängerin der Klägerin (kurz als Klägerin bezeichnet) ein Anbot auf Abschluß eines Mietvertrages, demzufolge ihm das zu liefernde Gerät von der Klägerin vermietet werde. Nach Punkt 2. des Mietvertrages sind die Mietzinszahlungen ab dem Tage der Lieferung zu leisten. Im übrigen wurde festgehalten, daß die Klägerin weder für die Eignung des Gerätes noch für dessen Verwendbarkeit hafte. Die Lieferung sollte auf Kosten und Gefahr des Beklagten erfolgen. Mit der Übernahme des Mietgegenstandes durch den Beklagten sollte die Klägerin Eigentum am Mietgegenstand erwerben.

Zwischen den Streitteilen war nie die Rede davon, daß die Klägerin die im Kaufanbot genannte Anzahlung von 94.000 S zu leisten habe. Am 16. Juni 1980

forderte jedoch die Firma E***Computer von der Klägerin fernmündlich eine Zahlung in dieser Höhe. Dieser Aufforderung kam die Klägerin am 19.6.1980 nach.

Die Klägerin hat das Anbot auf Abschluß eines Mietvertrages angenommen und den Vertrag am 8.9.1980 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern angemeldet. Sie mußte an das Finanzamt eine Gebühr von 5.005 S entrichten. Von der Annahme des Mietanbotes hat sie den Beklagten verständigt.

Zu der Auslieferung des Gerätes an den Beklagten ist es nicht gekommen, weil die Firma E***Computer hiezu nicht in der Lage war. Am 2.9.1980 wurde über das Vermögen dieser Firma der Konkurs eröffnet.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten den Ersatz der an die Firma E*** Computer geleisteten 94.000 S zuzüglich der an das Finanzamt gezahlten Gebühr von 5.005 S, insgesamt also 99.005 S samt Anhang, wobei sie behauptet, sie habe die Zahlung an die Firma E***Computer im Auftrage des Beklagten geleistet.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erklärt. Es vertrat den Rechtsstandpunkt, beim Finanzierungsleasing habe der Leasinggeber dem Leasingnehmer den Gebrauch des erworbenen Gerätes zu verschaffen. Andernfalls könne er aus dem Leasingvertrag keine Ansprüche stellen. Die Anzahlung habe die Klägerin nicht im Auftrag des Beklagten geleistet, weshalb eine Ersatzpflicht des Beklagten nicht bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen § 503 Z.2 und 4 ZPO erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Eine bloße Mängelrüge, die, weil es sich um eine gemäß § 502 Abs 4 Z.1

ZPO zugelassene Revision handelt, nicht erhoben werden könnte (§ 503 Abs 2

ZPO), liegt in Wahrheit nicht vor, weil die Klägerin ausschließlich die rechtliche Qualifikation des festgestellten Sachverhaltes durch das Berufungsgericht bekämpft.

Es ist zwar richtig, daß der Beklagte den Computer als Kaufmann für seinen Betrieb bestellt hat und daher kein dem Konsumentenschutzgesetz unterliegendes Geschäft vorliegt. Bei der Beurteilung des Finanzierungsleasing ist jedoch davon auszugehen, daß der Zweck des Geschäftes die GebrauchsÜberlassung des Leasinggutes an den Leasingnehmer ist. Aus diesem Grunde dürfen Leistungsstörungen des Lieferverhältnisses nicht zu Lasten des Leasingnehmers gehen, weil man sonst allein auf die Finanzierungsfunktion des Leasings abstellen und die Pflicht zur Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit leugnen würde. Diese Pflicht ist aber die Kardinalpflicht des Leasinggebers, weshalb er auch das damit verbundene Risiko tragen muß. Die Unabdingbarkeit des Austauschverhältnisses zwischen der Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit einerseits und der Zahlung andererseits findet auch im Konsumentenschutzgesetz seinen Ausdruck. Nach dessen Schutzzweck sind Klauseln unverbindlichlich, nach welchen dem Verbraucher das Leistungsverweigerungsrecht des § 1052 ABGB für den Fall genommen wird, daß der Unternehmer seine Leistung nicht vertragsgemäß erbringt. Der in dieser Klausel enthaltene Gedanke kann darüberhinaus als Konkretisierung des § 879 Abs 3 ABGB auf generelle Ungleichgewichtslagen zwischen Unternehmern übertragen werden. Sieht man aber die Verschaffung der ordnungsgemäßen Nutzungsmöglichkeit als Kardinalpflicht des Leasinggebers an, dann hat der Leasinggeber auch die Sachgefahr bezüglich des Leasinggegenstandes vor der Lieferung an den Leasingnehmer zu tragen (vgl. Jud in Krejci Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 526 ff., Würth in Rummel II Anm.32 zu § 1090).

Geht man von den aufgezeigte Gedankengängen aus, spielt also der Umstand, daß der vorliegende Vertrag nicht nach dem Konsumentenschutzgesetz zu beurteilen ist, keine Rolle. Bei der Pflicht, dem Leasingnehmer die Nutzung des Leasinggegenstandes zu verschaffen, handelt es sich um eine für das Leasinggeschäft wesentliche und unabdingbare Verpflichtung des Leasinggebers. Entgegenstehende Vereinbarungen würden gegen § 879 Abs 3 ABGB verstoßen.

Mangels Verschaffung des Leasinggutes kann demnach der Leasinggeber die ihm aus dem Vertrag erfließenden Rechte auf Zahlung der vereinbarten Miete nicht verlangen.

Im vorliegenden Fall versucht die Klägerin allerdings diese Erwägungen dadurch zu entkräften, daß sie nicht von einer Zahlung der Miete sondern von der Rückzahlung einer von ihr geleisteten Anzahlung spricht. Ob ein solcher Rückersatzanspruch grundsätzlich bestehen könnte, muß hier nicht geprüft werden. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihren diesbezüglichen Anspruch im Verfahren erster Instanz ausdrücklich auf einen behaupteten Auftrag des Beklagten gestützt (siehe S.2 d.A.). Ein solcher Auftrag wurde von den Vorinstanzen nicht festgestellt. Er ergibt sich auch nicht aus dem Mietvertrag (Beilage 4). Demnach ist der von der Klägerin genannte Rechtsgrund für ihr Begehren nicht gegeben. Ein Verwendungsanspruch stünde hingegen der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil deren Leistung nicht zum Nutzen des Beklagten aufgewendet worden ist. Einen Schadenersatzanspruch hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Umstände einen solchen Anspruch begründen könnten, weil die Klägerin ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Beklagten nicht einmal andeutet. Das Begehren auf Rückersatz der geleisteten Anzahlung von 94.000 S entbehrt also nach den getroffenen Feststellungen jeglicher Grundlage.

Was das Begehren auf Zahlung der von der Klägerin geleisteten Gebühr anlangt, ist nach dem Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich, welche Rechtsgrundlage hiefür gegeben sein soll. Der vorgelegte Mietvertrag enthält keine Bestimmung darüber, welcher Vertragsteil die mit dem Abschluß verbundenen Gebühren zu tragen hat. Eine diesbezügliche Behauptung wurde im Verfahren erster Instanz auch nicht aufgestellt. Eine gesetzliche Bestimmung, derzufolge solche Gebühren in allen Fällen der Mieter zu tragen hätte, besteht nicht. Sohin ist dieser Teil die Klage unschlüssig, was zur Abweisung dieses Teilbegehrens führen mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte