OGH 7Ob546/85

OGH7Ob546/8518.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 16.4.1982 verstorbenen Margarete W***, zuletzt wohnhaft gewesen in Wien 3., Traungasse 2/12, infolge Revisionsrekurses der erbserklärten Erbin Eva A, Bildhauerin, Wien 1., Stallburggasse 4, vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1985, GZ.43 R 1264/84-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18.Juli 1984, GZ.10 A 299/82- 27, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Margarete B ist ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. Die beiden Töchter Eva A und Barbara C haben auf Grund des Gesetzes unbedingte Erbserklärungen jeweils zur Hälfte des Nachlasses abgegeben. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15.11.1982 (ON 12) wurden die Erbserklärungen zu Gericht angenommen. Gleichzeitig wurde der Akt dem Gerichtskommissär zur weiteren Durchführung der Abhandlung, insbesondere zur Erstattung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses, rückgemittelt. Mit Bericht vom 9.7.1984 teilte der Gerichtskommissär mit, es sei bisher nicht möglich gewesen, das eidesstättige Vermögensbekenntnis zu überreichen, da die Erbinnen entsprechenden Aufforderungen nicht Folge leisteten.

Mit Beschluß vom 18.7.1984, ON 27, setzte das Erstgericht den Erbinnen zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und zur Stellung der Schlußanträge eine Frist von drei Wochen (Abs 1). Für den Fall, daß innerhalb der Frist die Vorlage nicht erfolgen sollte, werde, wie das Erstgericht aussprach, auf Kosten der Säumigen ein Kurator zur Beendigung der Abhandlung bestellt werden (Abs 2).

Am 24.7.1984 langte beim Erstgericht eine vom Gerichtskommissär am 18.7.1984 aufgenommene Niederschrift mit Barbara C ein, deren Gegenstand die Erstattung eines eidesstättigen Vermögensbekenntnisses ist. Das eidesstättige Vermögensbekenntnis weist an Aktiven S 2,555.027,74 und an Passiven S 92.132,81 auf, sodaß sich ein Reinnachlaß von S 2,462.894,83

ergibt, und ist nur von Barbara C unterschrieben (ON 29). Den Rekurs der erbserklärten Erbin Eva A gegen den Beschluß ON 27 wies die zweite Instanz zurück, soweit er sich gegen den Abs 2 (Androhung der Bestellung eines Saumsalkurators) richtete, da die gerichtliche Androhung von Strafen oder Zwangsmaßnahmen für den Fall der Nichtbefolgung einer vom Außerstreitrichter an eine Partei ergangenen Verfügung sich lediglich als eine Belehrung und Warnung der Partei vor den im Gesetz normierten Ungehorsamsfolgen darstelle, nicht aber als eine der Anfechtung und Überprüfung zugängliche Verfügung des Gerichts im Sinne des § 9 AußStrG; im übrigen gab es dem Rekurs nicht Folge. Vermeine die Rekurswerberin, das eidesstättige Vermögensbekenntnis so lange nicht unterfertigen zu können, als nicht geklärt sei, ob noch weiteres Nachlaßvermögen vorhanden sei - nach dem Rekursvorbringen hat Eva A am 11.5.1984 zu 5 Cg 176/84 des Landesgerichtes für ZRS Wien gegen Barbara C und deren Ehegatten Dr.Clemens C eine Klage auf Vermögensangabe und Eidesleistung eingebracht -, verkenne sie, daß die Abgabe des Vermögensbekenntnisses nach § 114 AußStrG über das Verlassenschaftsverfahren hinaus keine Bedeutung habe. Die von einem Erben gehegte Vermutung, ein Miterbe wisse über das Vorhandensein weiteren Nachlaßvermögens, hindere weder die Erstattung noch die Unterfertigung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses. Es sei nicht Sinn der Verlassenschaftsabhandlung, unter Umständen jahrelang zuzuwarten, bis etwa im Prozeß geklärt sei, ob noch weitere in den Nachlaß fallende Vermögenswerte vorhanden seien. Die Verlassenschaftsabhandlung sei grundsätzlich ohne größeren Zeitverlust zu beenden. Das Vorgehen des Erstgerichtes stehe mit der Gesetzeslage in Einklang. Das zu erstattende eidesstättige Vermögensbekenntnis habe demnach nur die bekannten Vermögenswerte des Erblassers zu umfassen.

Stelle sich nachträglich heraus, daß weiteres Nachlaßvermögen vorhanden sei, werde darüber in einer Nachtragsabhandlung (§ 179 AußStrG) durchzuführen sein.

Eva A bekämpft den Beschluß der zweiten Instanz, soweit damit ihrem Rekurs nicht Folge gegeben wird, mit außerordentlichem Revisionsrekurs wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit. Das Rekursgericht verstoße mit seiner Schlußfolgerung, das zu erstattende eidesstättige Vermögensbekenntnis habe nur die bekannten Vermögenswerte des Erblassers zu umfassen, nicht nur gegen § 114 AußStrG, sondern auch gegen ein Grundprinzip des Rechts, nämlich die Beachtung der Bedeutung des Eides bzw. einer eidesstättigen Erklärung. Der Erbe könne die Richtigkeit und damit auch die Vollständigkeit eines eidesstättigen Vermögensbekenntnisses nur bestätigen, wenn er von der Vollständigkeit der in dem Vermögensbekenntnis gemachten Angaben auch tatsächlich überzeugt sei. Diese Überzeugung sei bei der Rekurswerberin nicht gegeben. Eine falsche Aussage unter Eid habe strafrechtliche Konsequenzen. Eine offenbare Gesetzesverletzung liegt dann vor, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann, und trotzdem anders entschieden wurde (SZ 39/103 u. v.a.). Dies ist hier nicht der Fall.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 114 Abs 1 AußStrG hat der Erbe im Fall einer unbedingten Erbserklärung das Verlassenschaftsvermögen nach allen seinen Bestandteilen, ebenso wie in einem Inventar, zu beschreiben und die Richtigkeit der Angaben entweder selbst oder durch einen hiezu mit besonderer Vollmacht versehenen Bevollmächtigten mit eigenhändiger Unterschrift an Eides Statt zu bekräftigen.

Eine ausdrückliche Regelung für den Fall, daß ein Erbe argwöhnt, das von einem Miterben erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis sei unvollständig, und sich deshalb außerstande sieht, die Richtigkeit der Angaben über das Verlassenschaftsvermögen mit eigenhändiger Unterschrift an Eides Statt zu bekräftigen, ist weder in der genannten Bestimmung, noch an anderer Stelle des Außerstreitgesetzes enthalten. Nach der Rechtsprechung haben jedoch Streitigkeiten über die Richtigkeit des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und dessen Ergänzung auf den Fortgang des Abhandlungsverfahrens keinen Einfluß. Einerseits gehören derartige Streitigkeiten auf den Rechtsweg - auf dem im vorliegenden Fall der Streit bereits ausgetragen wird - und es wird, falls sich ergibt, daß tatsächlich weiteres Nachlaßvermögen vorhanden ist, darüber eine Nachtragsabhandlung durchzuführen sein, hierauf hat bereits das Rekursgericht hingewiesen. Andererseits aber ist ein derartiger Erbe - wie die Rekurswerberin - nicht gehindert, seinerseits ein gesondertes eidesstättiges Vermögensbekenntnis vorzulegen (vgl. auch 7 Ob 689/84) und darin das Verlassenschaftsvermögen nach bestem Wissen mit dem Hinweis zu beschreiben, daß weiteres Vermögen nach seiner Überzeugung zwar vorhanden, daß ihm Näheres aber nicht bekannt sei und daß hierüber ein Rechtsstreit geführt werde, oder das bereits vorliegende eidesstättige Vermögensbekenntnis mit einem derartigen Hinweis zu unterfertigen.

Es erübrigt sich, auf die Frage strafrechtlicher Folgen wahrheitswidriger Angaben im eidesstättigen Vermögensbekenntnis (vgl. hiezu etwa Foregger-Serini, StGB 3 , 589; Kadecka, Die eidesstättige Erklärung, NZ 1950,21, und Dengler, Eidesstättiges Vermögensbekenntnis und Eid, NZ 1958,87 ff.) einzugehen. Denn es kann hier keine Rede davon sein, daß der Rekurswerberin in der angefochtenen Entscheidung etwa zugemutet wird, die Vollständigkeit eines ihrer Meinung nach unvollständigen Vermögensbekenntnisses an Eides Statt zu bekräftigen.

Der Umstand, daß das eidesstättige Vermögensbekenntnis keine über das Verlassenschaftsverfahren hinausreichende Wirkungen hat (wie vom Rekursgericht hervorgehoben wurde; EvBl.1974/226 u.a.), wird von der Rekurswerberin nach ihren Rechtsmittelausführungen nicht verkannt. Die Ungewißheit über das Vorhandensein weiteren Nachlaßvermögens hindert, wie ausgeführt wurde, nicht die Erstellung eines Vermögensbekenntnisses auch durch die Rekurswerberin (vgl. 3 Ob 504/84). Die Entscheidung darüber, welches der Vermögensbekenntnisse richtig ist und was demnach wirklich in den Nachlaß fällt, wird in dem bereits anhängigen Rechtsstreit geklärt werden (7 Ob 689/84). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit haftet somit der angefochtenen Entscheidung mangels klarer gesetzlicher Regelung des vorliegenden Sachverhalts nicht an. Es kann auch nicht gesagt werden, daß die Entscheidung mit Grundprinzipien des Rechts im Widerspruch steht, zumal sie in der herrschenden Rechtsprechung ihre Deckung findet. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als unzulässig, sodaß er zurückzuweisen war.

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