OGH 3Ob525/85

OGH3Ob525/8520.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Huber, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Ing.Johann A, Landwirt, 4490 St.Florian, Rohrbach 20, vertreten durch Dr.Erich Sieder, Rechtsanwalt in Enns, wider die Antragsgegnerin REPUBLIK ÖSTERREICH (Bundesministerium für Landesverteidigung), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 bis 19, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach dem Munitionslagergesetz, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 8.Oktober 1984, GZ 13 R 700/84-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 7.August 1984, GZ 1 Nc 74/69- 20, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

In der auf Grund des § 23 Abs 2 Munitionslagergesetz erlassenen Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 14.Juni 1968, BGBl. Nr.226, mit der der Gefährdungsbereich des Munitionslagers B bestimmt wurde, war das Grundstück 584 KG C nicht als ganz oder teilweise im Gefährdungsbereich des genannten Munitionslagers liegend verzeichnet.

In dem vom schon damals rechtsanwaltlich vertretenen Antragsteller Ing.Johann A am 11.Juli 1969 beim Bezirksgericht Linz innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der zitierten Verordnung eingebrachten Antrag auf Feststellung der Entschädigung nach § 18 Munitionslagergesetz, der sich ausdrücklich nur auf die auf der letzten Antragsseite aufgezählten Grundstücke bezog (siehe insbesondere: 'Innerhalb dieser Gefährdungsbereiche sind meine tieferstehend im einzelnen verzeichneten Grundstücke gelegen und damit durch die aus der Errichtung des Munitionslagers B resultierende Gefährund betroffen'), ist das Grundstück 584 KG C weder ausdrücklich noch schlüssig angeführt.

In der auf Grund des § 9 Munitionslagergesetz erlassenen Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.April 1981 wurde der Gefährdungsbereich des Munitionslagers B neu bestimmt. In dieser an der Amtstafel des Bundesministeriums für Landesverteidigung am 22.4.1981

angeschlagenen und damit als kundgemacht geltenden, am 1.5.1981 in Kraft getretenen Verordnung wurde die schon erwähnte Verordnung vom 14.6.1968, BGBl. Nr.226, mit Ablauf des 30.4.1981 außer Kraft gesetzt. Aus dem einen Bestandteil der neuen Verordnung bildenden Lageplan ergibt sich, daß ein Teil des Grundstückes 584 KG C zwischen den rot und blau gezeichneten Linien liegt und daher in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers B fällt. In seinem am 11.5.1981 eingelangten Schriftsatz vom 7.5.1981 erklärte der Antragsteller, 'daß sein bisher gestellter Antrag auf Festsetzung der von der Antragsgegnerin zu leistenden Entschädigung vollinhaltlich aufrecht erhalten werde'. Dazu führte er noch aus, daß für die Entschädigungsleistung die Rechtslage zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung bzw. Antragstellung maßgeblich sei. Er erleide als Eigentümer der im Antrag dargetanen Grundflächen, die teilweise in den engeren, teilweise in den weiteren Gefährdungsbereich fielen, einen Schaden.

Die im Akt 1 Nc 63/69 des Bezirksgerichtes Linz als Ordnungsnummern 17, 19

und 33 erliegenden, auch Ing.Johann A betreffenden Eingaben seines Vertreters vom 5.8.1981, 19.8.1981 und 9.2.1982 betreffen ausschließlich die Auswahl des Sachverständigen und haben mit dem Umfang des Entschädigungsantrages überhaupt nichts zu tun. In dem am 20.1.1982 eingelangten Schriftsatz vom 14.1.1982, 1 Nc 63/69-31, beantragte Ing.Johann A unter ausdrücklicher Berufung auf die zitierte Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.4.1981 die Festsetzung eines Entschädigungsbetrages von insgesamt 9,589.430,-- S, und zwar deshalb, weil seine Grundstücke 923/6, 923/9, 923/10, 923/11, 495/1, 510, 501/1 und 1209 betroffen seien. Das Grundstück 584 KG C wird in diesem Schriftsatz weder ausdrücklich noch schlüssig angeführt und ist daher von diesem Antrag nicht erfaßt.

In seiner am 30.7.1982 eingelangten Eingabe vom 27.7.1982 teilte der Antragsteller mit, daß er nach wie vor Eigentümer unter anderem auch des Grundstückes 584 KG C sei. Daß dies so war, ergibt sich aus dem der genannten Eingabe beigelegten Grundbuchsauszug vom 27.7.1982 ebenso wie der Umstand, daß im A 2 -Blatt unter der Postzahl 2 c zu TZ 4173/1981 ersichtlich gemacht wurde, daß das erwähnte Grundstück in den weiteren Gefährdungsbereich fällt.

Innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.4.1981 über den Gefährdungsbereich des Munitionslagers B waren die den Entschädigungsanspruch geltend machenden Personen und der Bund (Bundesministerium für Landesverteidigung) nach § 18 Abs 2 Munitionslagergesetz berechtigt, bezüglich der betroffenen Grundstücke den Antrag auf Feststellung der Entschädigung beim zuständigen Bezirksgericht einzubringen.

Selbst wenn man in der erwähnten, am 30.7.1982 beim Erstgericht eingelangten Eingabe Ing.Johann AS vom 27.7.1982, in der das Grundstück 584 KG C zum ersten Mal aufscheint, als Antrag im Sinn der vorerwähnten Gesetzesstelle werten würde, wäre er verfristet. Umso mehr trifft dies auf den am 31.7.1984 beim Erstgericht eingelangten Antrag vom 30.7.1984 zu, in dem formell hinsichtlich des genannten Grundstückes ebenfalls die Festsetzung einer Entschädigung beantragt wurde.

Bei dieser Sach- und Rechtslage wies das Erstgericht den Entschädigungsantrag Ing.Johann A hinsichtlich des Grundstückes 584 KG C wegen Versäumung der im § 18 Abs 2 Munitionslagergesetz bezeichneten Jahresfrist nach dem Inkrafttreten der Verordung zurück.

Dem auf Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses gerichteten Rekurs des Antragstellers wurde vom Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluß unter Billigung der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht nicht Folge gegeben.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Vorinstanzen anzutragen, 'für alle in der Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 14.6.1968, BGBl. Nr.226, von mir (= Antragsteller) angesprochenen Grundstücke, so auch das Grundstück 584 KG C, die Entschädigung nach dem Munilagergesetz festzusetzen'. Obowohl der Finanzprokuratur jeweils eine Ausfertigung des Rekurses und des Revisionsrekurses zugestellt wurden, hat die Antragsgegnerin in beiden Rechtsmittelverfahren keine öußerung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Nach § 18 Abs 4 Munitionslagergesetz haben auf das gerichtliche Entschädigungsverfahren unter anderen die §§ 24 und 30 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 sinngemäß Anwendung zu finden. Nach § 24 Abs 1 leg.cit. hat das Gericht alle für die Feststellung maßgebenden Verhältnisse nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen zu erheben.

Insoweit § 30 leg.cit. nichts anderes bestimmt, gelten daher auch für das Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, darunter dessen § 16 Abs 1, wonach gegen bestätigende Beschlüsse nur im Fall einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof stattfindet (SZ 23/10; EvBl 1954/399; ZVR 1960,44; SZ 43/179; EvBl 1976/124; 5 Ob 636,637/81).

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird, oder wenn die Entscheidung Grundprinzipien des Rechts widerspricht (EFSlg 42.327, 42.328 uva).

Aktenwidrigkeit ist gegeben, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und solcherart ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (EFSlg 42.361 uva). Zur Nullität sei zB auf EFSlg 42.366 verwiesen. Die ungerechtfertigte teilweise Zurückweisung eines Entschädigungsantrages könnte als Rechtsverweigerung im Rahmen des außerordentlichen Revisionsrekurses als Nullität wahrgenommen werden.

Keiner dieser bei der Entscheidung über einen außerordentlichen Revisionsrekurs ausschließlich zulässigen Rechtsmittelgründe liegt hier vor.

Wie schon erwähnt, bezog sich der am 11.7.1969 eingebrachte Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Feststellung der Entschädigung nach § 18 Munitkonslagergesetz ausdrücklich nur auf die auf der letzten Antragsseite aufgezählten Grundstücke, nicht aber auch auf das Grundstück 584 KG C, das in der Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 14.6.1968, BGBl. Nr.226, nicht als ganz oder teilweise im Gefährdungsbereich des Munitionslagers B liegend verzeichnet war.

Aus dem dargelegten Inhalt der späteren Schriftsätze des Antragstellers ergibt sich, daß keine Rede davon sein kann, daß dieser innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.4.1981, also in der Zeit vom 1.5.1981 bis 30.4.1982, einen Entschädigungsanspruch wegen der erst durch die zitierte Verordnung in den Gefährdungsbereich des Munitionslagers B einbezogenen Grundstückes 584 KG C gestellt hag. Die bis zum 30.4.1982 gestellten Entschädigungsanträge des Rechtsmittelwerbers betrafen ausdrücklich nur andere Grundstücke. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, wie prs ise die im Gefährdungsbereich liegenden Grundstücke im Entschädigungsantrag bezeichnet sein müssen.

Im Gegensatz zum Revisionsrekurswerber hat der Oberste Gerichtshof keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der im § 8 Abs 1 Munitionslagergesetz enthaltenen Bestimmung, wonach die Verordnung mit dem Anschlag an der Amtstafel des Bundesministeriums für Landesverteidigung als kundgemacht gilt und es einer Verlautbarung im Bundesgesetzblatt nicht bedarf. Durch die in denLAbsätzen 2 und 3 der zitierten Gesetzesbestimmung vorgesehenen Bekanntmachungen des Verordungsinhalts und des Tages ihres Anschlages an der Amtstafel des Bundesministeriums für Landesverteidigung bei den Bürgermeistern der Gemeinden, in deren Gebiet die vom Gefährdungsbereich erfaßten Liegenschaften gelegen mind, den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. den Bundespolizeibehörden sowie den Grundbuchsgerichten, deren Zuständigkeitsbereich sich auf die vom Gefährungsbereich erfaßten Li% enschaften erstreckt, und die Verpflichtung der genannten Bürgermeister, spätestens am Tag vor dem Inkrafttreten der Vetordnung deren Inhalt sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens in geeigneter Weise bekannt zu geben sowie der Grundbuchsgerichte, von Amts wegen im Grundbuch ersichtlich zu machen, daß Liegenschaften ganz oder teilweise in den engeren oder weiteren Gefährdungsbereich fallen, sichert vielmehr die Publizität solcher Verordnungen bei den betroffenen Bevölkerungskreisen besser, als dies bei einer bloßen Kundmachung im Bundesgesetzblatt der Fall wäre.

Der unzulässige außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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