OGH 7Ob512/85

OGH7Ob512/857.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A, Maurer, Baumgarten Nr.11, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Rosa A, Landwirtin, Puch Nr.1, vertreten durch Dr. Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 193.650,-- s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24.Oktober 1984, GZ 2 R 155/84-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 22.Juni 1984, GZ 18 Cg 336/83-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von S 193.650 s.A. und bringt vor, er habe mit der Beklagten von 1963 bis 1979 in einer Lebensgemeinschaft gelebt. Die Lebensgemeinschaft, der vier Kinder entstammten, sei auf Dauer beabsichtigt gewesen. In den Jahren 1966 bis 1968

habe der Kläger auf einem von der Beklagten ererbten Grundstück ein Einfamilienhaus aufgebaut, um dort gemeinsam mit der Beklagten zu leben. 1979

habe die Beklagte den Kläger aus dem Haus hinausgeworfen, weil sie ein Verhältnis mit dem Bruder des Klägers begonnen und diesen auch geheiratet habe. Der Kläger begehrt den Ersatz seiner Leistungen bei der Errichtung des Hauses, die Hälfte des Werts der angeschafften Einrichtungsgegenstände und die Hälfte des der Beklagten verbliebenen Bargeldes von S 30.000.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, die Fahrnisse seien ihr Eigentum. Die beim Hausbau verwendeten Materialien stammten hauptsächlich aus ihrem Vermögen; Ersparnisse habe nur sie erzielt.

Zur Auflösung der Lebensgemeinschaft sei es gekommen, weil der Kläger gegen die Beklagte tätlich geworden sei und sie mit dem Umbringen bedroht habe, und weil er bereits damals mit seiner jetzigen Lebensgefährtin Agnes B befreundet gewesen sei. Im ersten Rechtsgang hob der Oberste Gerichtshof die - das Klagebegehren abweisenden - Entscheidungen der Vorinstanzen mit Beschluß vom 16.6.1983, 7 Ob 595/83-13, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, auf und wies die Rechtssache zur weiteren Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Er vertrat die Ansicht, daß dem Kläger nach den bereits vorliegenden Verfahrensergebnissen ein Ersatzanspruch für seine Leistungen beim Bau des Hauses und dessen Einrichtung zustehe. Im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten werde jedoch zu prüfen sein, wie es zur Auflösung der Lebensgemeinschaft der Streitteile gekommen sei. Denn die Rückforderung des Geleisteten sei ausgeschlossen, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszweckes - im gegenständlichen Verfahren die Schaffung einer bleibenden gemeinsamen Wohnmöglichkeit - gegen Treu und Glauben verhindert, die (weitere) Erfüllung seiner Erwartungen also durch eigenes Verschulden vereitelt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab und traf folgende wesentliche Feststellungen:

In der Zeit der Lebensgemeinschaft mit der Beklagten unterhielt der Kläger Beziehungen auch zu anderen Frauen. Der Kläger hielt sich viel in Gasthäusern auf, kam oft betrunken nach Hause, machte einen Wirbel, wenn er heimkam und mißhandelte ohne Anlaß die Kinder. Der Bruder des Klägers, Karl A, und dessen Frau halfen der Beklagten bei der Wirtschaftsführung. Der Kläger half in der Wirtschaft nicht viel mit, weil er während der Woche meist auswärts arbeitete. Im Frühjahr 1978 verunglückte die Frau des Karl A tödlich. Die Beklagte nahm einige Zeit darauf die Kinder des Karl A zu sich und kümmerte sich auch um den Haushalt dieser Familie; sie kochte für sie und besorgte auch die Wäsche. Karl A gab ihr deshalb zwei Schweine von seiner Wirtschaft und die Familienbeihilfe seiner Kinder. Er stellte auch einen Traktor auf die Liegenschaft der Beklagten, damit die Streitteile ihn benützen können. Es ergab sich so eine gemeinsame Wirtschaftsführung mit der Familie des Karl A. Aus Anlaß dieser gemeinsamen Wirtschaftsführung kam es häufig zu Auseinandersetzungen der Streitteile. Der Kläger warf der Beklagten vor, sie habe ein Verhältnis mit seinem Bruder. Das Bestehen eines solchen Verhältnisses vor dem Auszug des Klägers kann jedoch nicht festgestellt werden.

Als der Kläger eines Tages Anfang Juni 1979 heimkam, 'wirbelte er wieder' und machte der Beklagten Vorwürfe wegen eines angeblichen Verhältnisses mit seinem Bruder Karl. Er packte dann verschiedene Kleidungsstücke zusammen und zog zu Agnes B, die ihm ein Zimmer zur Verfügung stellte und seither für ihn kocht und wäscht. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Kläger mit Agnes B ein Verhältnis hatte, bevor er zu ihr zog.

Nach seinem Auszug im Juni 1979 kam der Kläger einige Male zurück - wobei er immer wieder einen Wirbel machte - , um verschiedene Sachen fortzuschaffen.

So nahm er eine Kuh, zwei Schweine, eine Schrotmühle, eine Kreissäge, einen Sautrog, einen Fleischbottich und diverses Werkzeug mit. Die Beklagte versperrte deshalb schließlich das Haus und stellte die Sachen des Klägers, und zwar zwei Kästen und ein Doppelbett, ins Freie. Der Beklagten verblieben 10 bis 15 Schweine, Fleischvorräte und ein Großteil der Einrichtung des Hauses. Ende Juni 1979 zog die Beklagte auf das Anwesen des Karl A, weil sie nicht mehr allein auf ihrem Anwesen bleiben wollte. Die Beklagte und Karl A heirateten am 10.11.1979, vor allem deshalb, weil ihnen von der Fürsorge mit der Abnahme der Kinder gedroht worden war. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß das Verschulden an der Auflösung der Lebensgemeinschaft auf der Seite des Klägers liege.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die wiedergegebenen Feststellungen und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Ausschlaggebend dafür, daß die Lebensgemeinschaft der Streitteile aufgelöst worden sei, sei der Streit im Juni 1979 gewesen. Der Kläger habe damals der Beklagten unberechtigte Vorwürfe wegen eines Verhältnisses zu seinem Bruder gemacht, habe das Haus unter Mitnahme verschiedener Gegenstände verlassen und sei zu Agnes B gezogen, die seither für ihn sorge. Es sei also letztlich der Kläger gewesen, der aus eigenem Antrieb das Haus verlassen und die Lebensgemeinschaft mit der Beklagten aufgegeben habe. Durch seinen freiwilligen Auszug habe der Kläger den Eintritt des Geschäftszweckes seiner Leistungen - Schaffung einer Unterkunft auch für die Zukunft - gegen Treu und Glauben verhindert. Er habe daher keinen Anspruch auf Rückforderung des von ihm Geleisteten.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist eine Revision - soferne sie nicht nach § 502 Abs 2 und 3 ZPO jedenfalls unzulässig oder nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO jedenfalls zulässig ist - nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Die für die Revisionszulässigkeit maßgebliche Erheblichkeit der Rechtsfragen bestimmt sich nach objektiven Umständen. Hat das Berufungsgericht im Sinne einer einheitlichen und von der Lehre anerkannten Rechtsprechung entschieden, dann kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden (Petrasch, ÖJZ 1983, 177).

Weshalb das Berufungsgericht ausgesprochen hat, die Revision sei nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen, da der Ausspruch der Vorschrift des Gesetzes zuwider (§ 500 Abs 3, letzter Satz, ZPO) nur mit dem Wortlaut des Gesetzes begründet worden ist.

Die Vorinstanzen haben den nach § 1435 ABGB zu beurteilenden Anspruch des Klägers (vgl. hiezu auch Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 8 b zu § 1435) abgewiesen, weil sie den Rückforderungsanspruch des Klägers im Sinne der vom Obersten Gerichtshof im Aufhebungsbeschluß vom 16.6.1983, ON 13, geäußerten Rechtsansicht als ausgeschlossen angesehen haben. Der Kläger habe nämlich durch seinen Auszug im Juni 1979 den Eintritt des Geschäftszweckes selbst gegen Treu und Glauben verhindert (SZ 43/16; Wilburg in Klang 2 VI 471;

Rummel aaO Rdz 9). Sie haben damit den festgestellten Sachverhalt im Sinne einer einheitlichen Rechtsauffassung entschieden. Der Kläger bekämpft mit seiner Revision nicht diese der Entscheidung zugrundeliegende Rechtsauffassung und behauptet daher auch nicht, daß das Urteil des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO beruhe. Soweit er gleichwohl geltend macht, es könne keine Rede davon sein, daß er den Geschäftszweck gegen Treu und Glauben verhindert habe, geht der Kläger in unzulässiger Weise nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Denn er behauptet, die Beklagte habe ihm die Benützung des Hauses verwehrt und es seien ihm keine konkreten Verfehlungen anzulasten. Die erstmals in der Berufung ON 29 aufgestellte Behauptung,der Kläger habe 'dann immer wieder zurückkommen wollen', stellt eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung dar (§ 507 Abs 3 ZPO).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits im Aufhebungsbeschluß ON 13 dargelegt, daß im Vorbringen des Klägers - ebenso wie in den Verfahrnsergebnissen - jeder Hinweis dafür fehlt, daß die Streitteile zur Errichtung des Wohnhauses eine bürgerlich rechtliche Gesellschaft vereinbart hätten. Eine Beurteilung der Ansprüche des Klägers in analoger Anwendung der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG ist nicht möglich (EvBl 1984/12). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegt deshalb auch insoweit nicht vor. Sie liegt auch nicht im unterbliebenen Zuspruch eines Bargeldbetrages von S 15.000, da eine Feststellung des Inhalts, es sei der Beklagten beim Auszug des Klägers gemeinsames Bargeld von S 30.000 verblieben, nicht getroffen wurde.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegen daher nicht vor. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch für die Revisionsbeantwortung mußte unterbleiben, weil die Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers nicht hingewiesen hat.

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