OGH 5Ob301/85

OGH5Ob301/855.3.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Konkurssache über das Vermögen der protokollierten Firma Joh.Math.A & B, Haller Straße 41, 6020 Innsbruck, infolge Rekurses der Konkursgläubigerin C D Franz E Aktiengesellschaft, 6410 Telfs, vertreten durch Dr.Helmut Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 11.Dezember 1984, GZ.1 R 318/84-393, womit der Rekurs dieser Konkursgläubigerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 9.November 1984, GZ.S 148/83-383, zurückgewiesen wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht eröffnete am 11.10.1983 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin den Konkurs und bestellte am 13.10.1983 einen Gläubigerausschuß. Der Masseverwalter betraute einen Sachverständigen mit der Feststellung des Zeitpunktes des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit, um eine Grundlage zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Konkursanfechtung zu beschaffen, und berichtete am 7.8.1984, das Gutachten liege vor. Zugleich übermittelte er dem Gericht eine Ausfertigung.

Die Rekurswerberin, deren im Konkurs in der dritten Klasse mit S 17,226.540,84 angemeldete Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde, beantragte am 4.10.1984, dem Masseverwalter den Auftrag zu erteilen, ein Gutachten eines Buchsachverständigen über die Ursachen der Insolvenz und die Verantwortlichkeit einzuholen. Das vorgelegte Gutachten sage darüber nichts aus und sei zum Teil falsch. Weder die Entnahmen der Gesellschafter, die Fragen, ob vor 1983 Mahnungen, Klagen oder Wechselprozesse anfielen, ob vor Einleitung des Insolvenzverfahrens weitere kurfristige Kredite aufgenommen worden, der Höhe der Gehälter der leitenden Angestellten, oder die Entwicklung der Lagerbestände, noch der Einfluß des Werkes F auf Belegung und Dispositionen, die Valtuierung an Kunden und die Fehldispositionen des Manegements seien untersucht worden. Das Konkursgericht holte eine Stellungnahme des Masseverwalters ein. Dieser wies auf die Kostenbelastung der Masse und Probleme dieser Gutachtenserstattung hin und ersuchte das Gericht um die Entscheidung.

Das Erstgericht wies den Antrag der Konkursgläubigerin ab. Das vorhandene Gutachten reiche aus, um die im Rahmen des Konkursverfahrens maßgebenden Fragen beurteilen zu können. Die von der Konkursgläubigerin vermißten Untersuchungen seien für das Konkursverfahren ohne Bedeutung. Ein weiteres Gutachten müßte die Konkursmasse mit unverhältnismäßig hohen Kosten belasten. Das Rekursgericht wies den Rekurs der Konkursgläubigerin zurück. Da der Konkurs im Jahre 1983 eröffnet wurde, sei nach Art.XI § 2 Abs.2 Z 1 G der § 81 KO idF BGBl.1982/370 über die Pflichten und die Verantwortlichkeit des Masseverwalters und der § 84 KO idF BGBl.1982/370

mit der Regelung der überwachung des Masseverwalters anzuwenden. Der Masseverwalter habe die ihm zugewiesenen Tätigkeiten selbst auszuüben, könne aber für einzelne Tätigkeiten wie die Prüfung der Bücher, die Schätzung des Anlage- und Umlaufvermögens und die vorausschauende Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Unternehmensfortführung mit Zustimmung des Gerichtes Dritte heranziehen. Die Zustimmung des Gerichtes dürfe nur erteilt werden, wenn die betreffende Tätigkeit besondere Schwierigkeiten biete, der zu Betrauende zur Erfüllung der Aufgabe geeignet und verläßlich ist und eine wesentliche Schmälerung der Masse nicht zu erwarten ist (§ 81 Abs.4 KO).

Sonst habe sich der Masseverwalter über die wirtschaftliche Lage und die bisherige Geschäftsführung des Gemeinschuldners, über die Ursachen seines Vermögensverfalls, über das Ausmaß der Gefährdung von Arbeitsplätzen, über das Vorliegen von Haftungserklärungen Dritter und über alle für die Entschließung der Gläubiger wichtigen Umstände selbst genaue Kenntnis zu verschaffen und unverzüglich zu prüfen, ob ein Unternehmen des Gemeinschuldners fortgeführt oder wieder eröffent werden kann (§ 81 Abs.1 KO). Das Konkursgericht habe die Tätigkeit des Masseverwalters zu überwachen und könne ihm schriftlich oder mündlich Weisungen erteilen (§ 84 Abs.1 KO). über Beschwerden eines Gläubigers gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters entscheide - unanfechtbar - das Konkursgericht (§ 84 Abs.3 KO).

Der Antrag der Konkursgläubigerin sei darauf gerichtet, dem Masseverwalter die Weisung zu erteilen, daß er ein weiteres Buchsachverständigengutachten über die Ursachen der Insolvenz der Gemeinschuldnerin und die dafür maßgebende Verantwortlichkeit Dritter einhole. Schon nach früherer Rechtslage habe der Konkurskommissär anordnen können, daß der Masseverwalter über bestimmte Fragen Weisungen des Gläubigerausschusses einhole, und, wenn ein Gläubigerausschuß nicht bestellt war, selbst solche Weisungen erteilen können.

Die Anfechtbarkeit seiner Entscheidung sei einerseits mit der Begründung angenommen worden, daß jede Verfügung des Konkurskommissärs mit Rekurs bekämpft werden könne, wenn das Gesetz nicht ausnahmsweise ein Rechtsmittel versage (SZ 23/113), andererseits abgelehnt worden, weil es nicht angehen, jedem Gläubiger das Recht einzuräumen, den Zeitpunkt der Verwertung durch eine Antragstellung an das Gericht zu bestimmen, weil dies zu einer ungebührlichen Verzögerung des Verwertungsverfahren führen könnte (SZ 39/183). Die überwachung des Masseverwalters durch das Konkursgericht sei nicht von Anträgen der Konkursbeteiligten bestimmt, denen daher ein Rekursrecht gegen Maßnahmen oder deren Unterlassung nicht zustehe (Petschek-Reimer-Schiemer, 166). Die nicht eindeutig bestimmte Rechtslage habe nun in der neuen Vorschrift des § 84 Abs.3 KO eine Neuordnung erfahren. Danach sei dem Konkursgläubiger, den Mitgliedern des Gläubigerausschusses und dem Gemeinschuldner ein Beschwerderecht gegen einzelne Maßnahmen oder das Verhalten des Masseverwalters eingeräumt, doch entscheide darüber das Konkursgericht endgültig. Ein Rechtsmittel gegen die über die Beschwerde ergangene Entscheidung sei nicht zulässig. Die Konkursgläubigerin habe wohl keine Beschwerde gegen eine Maßnahme oder ein Verhalten des Masseverwalters erhoben sondern beantragt, dem Masseverwalter eine bestimmte Maßnahme aufzutragen. Dies sei aber nichts anderes als ein 'Anstoß', den Masseverwalter im Rahmen seiner überwachung mit einer Weisung zu einer bestimmten Maßnahme zu veranlassen. Der einzelne Gläubiger habe nicht das Recht zum Antrag, daß der Masseverwalter zur Beiziehung eines Sachverständigen zwecks Untersuchung der Ursachen der Zahlungsunfähigkeit verhalten werde. Gegen die Ablehnung eines solchen nur als Anregung zu wertenden Antrages stehe dem Konkursgläubiger kein Rekursrecht zu. Der gegen die Ablehnung der Beschwerde eines Konkursgläubigers gegen den Masseverwalter nach § 84 Abs.3 KO verweigerte weitere Rechtszug könne nicht dadurch eröffnet werden, daß ein Antrag auf Erteilung einer Weisung gestellt und gegen diese Entscheidung Rekurs erhoben werde. In beiden Fällen werde dasselbe Ziel angestrebt und es könnten daher auch nicht unterschiedliche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen. Die Entscheidung des Konkursgerichtes, mit der ein Antrag eines Konkursgläubigers abgewiesen wird, dem Masseverwalter eine Weisung zu erteilen, unterliege ebensowenig einem weiteren Rechtszug wie die Ablehnung einer Beschwerde gegen den Masseverwalter, der einem Antrag des Konkursgläubigers nicht nachkam.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteige.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß ist nach § 171 KO, § 528 Abs.2 und § 502 Abs.4 Z 2 ZPO zulässig, jedoch nicht berechtigt. Früher stand Konkursgläubigern im Zusammenhang mit der überwachung des Masseverwalters ein Antrags- und Rekursrecht nicht zu (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 166; SZ 46/75).

§ 84 Abs.3 KO idF G hat zwar dem einzelnen Konkursgläubiger, den einzelnen Mitgliedern des Gläubigerausschusses und dem Gemeinschuldner das Beschwerderecht gegen eine eine Maßnahme oder das Verhalten des Masseverwalters eingeräumt und bestimmt, daß über solche Beschwerden das Konkursgericht entscheide, zugleich aber kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung zugelassen. Der Rechtsmittelausschluß wurde als ausreichend angesehen, Verfahrensverzögerungen zu unterbinden (BlgNR XV.GP AB 1147 Seite 11 und 23). Diesem Anliegen wurde der Vorrang vor einer Verbesserung des Rechtsschutzes für den einzelnen Konkursgläubiger eingeräumt, denn es liegt auf der Hand, daß der durch die Verfahrensverzögerung drohende Nachteil oft schwerer wiegt, als das Bedürfnis des Beschwerde einbringenden Konkursgläubigers. Das Gesetz sieht daher nur vor, daß die überwachung der Tätigkeit des Masseverwalters und das Weisungsrecht durch ein Beschwerderecht ergänzt wird. über diese Beschwerde entscheidet das Konkursgericht unanfechtbar (Bartsch-Heil, Insolvenzrecht 4 , Rdz 270). Die Rechtsmittelwerberin hat nun, nachdem der Masseverwalter ein nach ihrer Meinung völlig unzureichendes Buchsachverständigengutachten erstellen ließ, nicht den Weg gewählt, an den Masseverwalter heranzutreten und eine Ergänzung oder Erneuerung der Begutachtung zu fordern, um dann, wenn der die Verwaltung des Konkursvermögens grundsätzlich selbständig besorgende Masseverwalter dies abgelehnt hätte, Beschwerde nach § 84 Abs.3 KO zu führen, sondern sogleich vom Konkursgericht die Erteilung der Weisung begehrt, dem Masseverwalter die Beschaffung eines weiteren ergänzenden Gutachtens aufzutragen.

Der Oberste Gerichtshof tritt der Ansicht des Rekursgerichtes bei, daß bei dem den Konkursgläubiger eingeräumten Beschwerderecht keine Wahl zugelassen ist, ob der eine oder der andere Weg beschritten wird und vor allem der Rechtsmittelausschluß, der seine Begründung in der Sorge vor Verfahrensverzögerungen hat, nicht umgangen werden darf. Ob der Konkursgläubiger vergeblich vom Masseverwalter eine bestimmte Maßnahme fordert und gegen ihn dann die Beschwerde erhebt, weil er sich nicht pflichtgemäß verhalte, oder ob der Konkursgläubiger darüber sogleich eine Entscheidung des Konkursgerichtes anstrebt, macht tatsächlich keinen Unterschied. In beiden Fällen entscheidet das Konkursgericht endgültig. Die Zurückweisung des gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurses der Rechtsmittelwerberin ist daher ohne Rechtsirrtum erfolgt.

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