Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Eltern des Minderjährigen vereinbarten am 22.November 1978 anläßlich der Scheidung ihrer Ehe, daß der Minderjährige in Pflege und Erziehung der Mutter bleibe und dieser die elterlichen Rechte zustehen. Der Vergleich wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt. Beide Eltern wohnen in Wien und sind hier berufstätig. Der Minderjährige befindet sich schon seit 1978 bei seinen mütterlichen Großeltern in Altheim. Er besucht dort derzeit die 2.Klasse der Hauptschule. Im Jahreszeugnis der 1.Klasse hatte er in Deutsch die Note 4, in Englisch 3, in Mathematik 2 sowie in Religion, Biologie und Musik 1.
Mit einer am 21.September 1983 eingelangten Eingabe beantragte der Vater, den Minderjährigen in seine Pflege und Erziehung zu geben und ihm die elterlichen Rechte und Pflichten des § 144 ABGB zu übertragen. Er führte im wesentlichen aus, er sei damit einverstanden gewesen, daß sich der Minderjährige bei den Großeltern aufhalte, zumal für ein Volksschulkind die ländliche Umgebung mit frischer Luft und geringer Lärmentwicklung wichtig sei. Nunmehr hätten sich die Verhältnisse aber geändert. Der Minderjährige sei in einem Alter, in welchem die Vorteile des größeren Ausbildungsangebotes in Wien größer seien als die Vorteile eines ruhigen Landlebens. Die Erziehung und Betreuung sowie die Förderung in Angelegenheiten der Schule durch die Großeltern entspreche nicht den Vorstellungen des Vaters. Dieser würde das für den Minderjährigen notwendige männliche Identifikationsmodell sein. Bei dem zur Trunksucht neigenden Großvater sei dies nicht der Fall. Der Vater wäre auch in der Lage, sich intensiv um die Erziehung und Pflege zu kümmern. Ein Wechsel in der Pflege und Erziehung wäre daher für den Minderjährigen günstig und notwendig. Der Vater habe eine Lebensgefährtin, die sich um den Minderjährigen kümmern würde. Die Lebensgefährtin habe eine Tochter, die gleich alt sei wie der Minderjährige. Dieser würde daher in einer normalen Familie leben. Der Minderjährige erklärte, er wolle in Altheim bleiben. Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters ab. Es führte aus, die Lebensverhältnisse bei den Großeltern seien sehr gut, die Großeltern seien sehr bemüht, der Minderjährige finde bei ihnen gute Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten vor. Der Vater würde sich zwar um die Erziehung des Minderjährigen bemühen, doch rechtfertigten die in Wien bestehenden Möglichkeiten keinen Milieuwechsel.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, wichtige Gründe, die eine übertragung der Elternrechte rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters. Er macht den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nach § 16 AußStrG geltend und beantragt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, daß dem Vater die elterlichen Rechte und Pflichten gemäß § 144 ABGB zugeteilt werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Der Vater stützt seinen Reviisonsrekurs darauf, daß das Rekursgericht das Wohl des Minderjährigen außer acht gelassen habe, weshalb der angefochtene Beschluß offenbar gesetzwidrig sei. Von besonderer Bedeutung sei die Erziehung durch einen leiblichen Elternteil im Rahmen einer normalen Familie. Diese beim Vater gegebene Möglichkeit rechtfertige einen Milieuwechsel. Lernerfolge seien nicht nur von einer Begabung, sondern auch von einer entsprechenden Förderung abhängig. Da der Vater bereit und in der Lage sei, die Erziehung des Kindes persönlich auszuüben, bedeute es eine Außerachtlassung des Kindeswohls, daß das Kind weiterhin bei den Großeltern verbleibe.
Mit diesen Ausführungen vermag der Vater nicht aufzuzeigen, daß das Kindeswohl durch die angefochtene Entscheidung tatsächlich verletzt wird.
Richtig ist zwar, daß der Schulerfolg nicht nur von der Begabung abhängt, doch ergab das Verfahren keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß eine Förderung des Minderjährigen durch den Vater zu besseren Schulerfolgen führen würde. Der Vater hat mit der Mutter vereinbart, daß dieser die elterlichen Rechte zustehen; er war auch damit einverstanden, daß sich der Minderjährige bei den mütterlichen Großeltern in Altheim aufhält. Der Umstand allein, daß der Vater nun bereit ist, den Minderjährigen zu sich zu nehmen und in den Haushalt, den er mit einer Lebensgefährtin und deren Tochter führt, aufzunehmen, reicht nicht aus, eine Änderung der Zuteilung der Elternrechte vorzunehmen, zumal eine solche nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorgenommen werden soll, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist und eine Änderung daher dringend geboten ist (EFSlg.40.865 u.v.a.). Von einer Gefährdung des Kindeswohls kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Zuzugeben ist, daß die Behauptung des Vaters hinsichtlich der Trunksucht des mütterlichen Großvaters nicht geprüft wurde. Wenn auch die bisherigen Verfahrensergebnisse, und zwar weder der Bericht des Jugendamtes noch die Aussagen der vernommenen Personen, keinerlei Anhaltspunkt für eine Trunksucht des Großvaters ergeben haben, kann doch nicht übersehen werden, daß das Erstgericht keine Nachforschungen in dieser Richtung angestellt hat. Trotzdem ist es nicht erforderlich, die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Prüfung der Frage, ob der mütterliche Großvater tatsächlich übermäßig Alkohol trinkt, aufzuheben, weil der Vater lediglich vorbrachte, der Großvater sei wegen der Trunksucht nicht als Identifikationsmodell geeignet. Daß der Minderjährige durch eine Trunksucht des Großvaters gefährdet wird, behauptete der Vater nicht.
Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt somit nicht vor, weshalb ein gemäß § 16 AußStrG zulässiger Anfechtungsgrund nicht ausgeführt wird.
Aus diesem Grund mußte der außerordentliche Revisionsrekurs als unzulässig zurückgewiesen werden.
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