OGH 6Ob523/85

OGH6Ob523/8531.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** I***

Gesellschaft mbH, Kitzbühel, Josef Heroldstraße 20, vertreten durch Dr. Heribert Schar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Bernhard van D***, Kaufmann, Essen, Christofstraße 11, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Heinrich Schmiedt, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 34.217 S samt Nebenforderungen (Revisionsgegenstand: 31.091 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 29. Februar 1984, GZ 1 R 13/84-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. September 1983, GZ 16 Cg 397/82-16, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird stattgegeben und das angefochtene Urteil in seinem abändernden Ausspruch derart abgeändert, daß das Urteil erster Instanz wiederhergestellt wird. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 5.309,45 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 800 S und an Umsatzsteuer 409,95 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gegenüber der Forderung auf den restlichen Teil einer unbestrittenen Vermittlungsprovision der Klägerin machte der Beklagte geltend, die Klägerin müsse sich den ihr nach einer Aufteilungsvereinbarung der Streitteile verbliebenen Betrag von 30.000 S als vereinbarte Vorauszahlung auf eine künftige Provision anrechnen lassen. Der Betrag von 30.000 S war ein Teil des 70.000,-- S-Betrages, den die Klägerin von den ersten von ihr vermittelten Kaufinteressenten als "Anzahlung" entgegengenommen und nach dem Scheitern des Kaufes einbehalten hatte. Die Klägerin vertrat den Standpunkt, der Beklagte habe ihr den nach der Aufteilungsvereinbarung belassenen Betrag von 30.000 S zur Abgeltung ihrer Aufwendungen und Bemühungen im Zusammenhang mit dem gescheiterten Geschäftsfall zugestanden.

Der Beklagte wendete im erstinstanzlichen Verfahren nie die Unwirksamkeit einer Aufteilungsvereinbarung des von der Klägerin behaupteten Inhaltes ein und machte eine solche Unwirksamkeit auch nicht in der Berufung geltend.

Das Erstgericht stellte eine Einigung der Streitteile über die Aufteilung des nach dem gescheiterten Geschäftsfall von der Klägerin einbehaltenen Betrages von 70.000 S in dem Sinne fest, daß der Beklagte 40.000 S als Ersatz für seinen entgangenen Gewinn, die Klägerin aber 30.000 S für die ihr bis dahin erwachsenen Auslagen und die bereits erbrachten Bemühungen erhalten sollten. Das Berufungsgericht übernahm diese Feststellung.

Das Berufungsgericht erblickte in der Überlassung des Betrages von 30.000 S durch den Beklagten an die Klägerin einen Verstoß gegen § 8 Abs 3 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16. Juni 1978, BGBl. Nr. 323 über Ausübungsregeln für Immobilienmakler (i.d.F. kurz: ImmMV). Daraus folgerte es eine - von amtswegen wahrzunehmende - Nichtigkeit der Absprache über die Abgeltung der Leistungen der Klägerin im Zusammenhang mit dem gescheiterten Geschäftsfall (und in weiterer Folge Kondizierbarkeit, Aufrechenbarkeit und Schuldtilgung durch Aufrechnung). Während das Erstgericht dem Begehren auf Zahlung der restlichen Provision im Betrage von 34.217 S samt Anhang (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens, dessen Abweisung unangefochten geblieben ist) stattgegeben hatte, änderte das Berufungsgericht das Urteil in Ansehung eines Teilbetrages von 31.091 S samt Nebenforderungen im klagsabweisenden Sinne ab und bestätigte lediglich den Zuspruch eines Betrages von 3.126 S samt Nebenforderungen. Zur Teilabweisung sprach es aus, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Die Klägerin ficht den abändernden Teil der Berufungsentscheidung mit außerordentlicher Revision an. Sie stellt einen auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteiles gerichteten Abänderungsantrag.

Sie rügt vor allem eine in sich widersprüchliche Beurteilung des gescheiterten Geschäftsfalles (nämlich im Verhältnis zwischen dem Beklagten und den ersten Kaufinteressenten als einen mit Angeld bekräftigten Vertragsabschluß, zugleich aber im Verhältnis der Streitteile als ein für die Voraussetzungen des Provisionsanspruches unbeachtliches Ereignis); die Klägerin macht aber auch eine unzutreffende Auslegung des § 8 Abs 3 ImmMV geltend. Die Erledigung des Rechtsstreites ist wesentlich von der Auslegung dieser Bestimmung abhängig. Hiezu fehlt bisher eine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Revision ist daher entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht aus dem Grunde des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO unzulässig.

Der Beklagte strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Bei der rechtlichen Beurteilung des zugrunde zu legenden Sachverhaltes drängen sich folgende über die konkreten Umstände des Einzelfalles hinausreichende allgemeine Fragestellungen auf:

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