Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich seines bestätigten und des in dritter Instanz unbekämpft gebliebenen Teils zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, an die klagende Partei einen Betrag von 87.500 S brutto samt 4 % Zinsen seit 20. 7. 1982 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, an die klagende Partei weitere 163.333,32 S brutto samt 12 % Zinsen seit 2. 7. 1982 zu zahlen, sowie das den zugesprochenen Betrag betreffende Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz einen Betrag von 12.682,08 S (darin sind 546,67 S an Barauslagen und 898,92 S an USt enthalten) und an anteiligen Kosten des Verfahrens zweiter Instanz einen Betrag von 4.939,88 S (darin sind 385,33 S an Barauslagen und 414,05 S an USt enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei an anteiligen Kosten des Revisionsverfahrens einen Betrag von 1.570,41 S (darin sind 192 S an Barauslagen und 125,31 S an USt enthalten) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei, seiner ehemaligen Arbeitgeberin, die Zahlung eines rechnerisch außer Streit stehenden (S 59) Bruttobetrags von 250.833,32 S sA an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1. 7. bis 31. 12. 1982 sowie an anteiligen Sonderzahlungen für den Monat Juni 1982. Zur Begründung brachte er vor, er sei von der beklagten Partei zum 31. 7. 1982 statt richtig zum 31. 12. 1982 und somit zeitwidrig gekündigt worden.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie habe das Arbeitsverhältnis des Klägers während der vereinbarten Probezeit am 28. 6. 1982 aufgelöst und den Kläger für die restlichen 3 Tage des am 2. 6. 1982 begonnenen Probemonat vom Dienst freigestellt. Der Arbeitsvertrag sei zwar in der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen worden, doch sollte der Vertrag „nur im Sinne österreichischer Gesetzesvorschriften gelten“.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang eines (die Monate Juli bis einschließlich November 1982 sowie die anteiligen Sonderzahlungen für Juni 1982 betreffenden) Teilbetrags von 210.000 S sA statt und wies das (den Monat Dezember 1982 betreffende) Mehrbegehren von 40.833,32 S sA sowie ein (im Revisionsverfahren bedeutungsloses) Zinsenmehrbegehren ab. Es traf folgende noch wesentliche Feststellungen:
Der Kläger trat anfangs Juni 1982 seinen Dienst als Angestellter der beklagten Partei an. Die Bestimmung des § 9 Punkt 1. des von den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrags lautet:
„Der Anstellungsvertrag gilt für unbefristete Zeit. Er verlängert sich automatisch um 6 Monate, wenn er nicht von einer Seite mit einer Frist von mindestens drei Monaten mittels eingeschriebenen Brief(-es) gekündigt wird. Die ersten sechs Monate des Anstellungsverhältnisses wurden als Probezeit vereinbart. In dieser Probezeit ist eine Kündigung mit einer Frist von 4 Wochen, jeweils zum letzten des Kalendermonats, vereinbart. Die automatische Verlängerung und Kündigungsfrist gelten auch für die erste und jede weitere Verlängerungsperiode.“
Vorgesetzter des Klägers waren der geschäftsführende Gesellschafter der beklagten Partei , Jakob S*****, sowie dessen Stellvertreter Karl H***** (beide wohnhaft in der Bundesrepublik Deutschland). Der in Wien tätige Prokurist Johann S***** war dem Kläger gleichgestellt. Als dieser Prokurist der Münchner Firmenleitung mitteilte, er sei mit dem Kläger unzufrieden, erteilte diese dem Prokuristen den Auftrag, den Kläger mit 28. 6. 1982 vom Dienst freizustellen; die Kündigung werde von München aus durchgeführt werden. Mit einem dem Kläger am selben Tag ausgefolgten Schreiben des Prokuristen vom 28. 6. 1982 wurde der Kläger bis zum 1. 7. 1982 („bis die schriftliche Kündigung, welche am 1. 7. 1982 zum Tragen kommt“) vom Dienst freigestellt. Mit Schreiben der Münchner Zentrale der beklagten Partei vom 28. 6. 1982 wurde der Kläger zum 31. 7. 1982 gekündigt. Mit Schreiben der beklagten Partei vom 2. 7. 1982 wurde der Kläger „bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, dem 31. Juli 1982“ vom Dienst freigestellt.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, die Parteien hätten einen Probemonat nicht wirksam vereinbart, weil sie die Möglichkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses während des Probemonats an die Einhaltung einer Kündigungsfrist gebunden hätten; ein Arbeitsverhältnis auf Probe iSd § 19 Abs 2 AngG setze aber die jederzeitige fristlose Lösbarkeit voraus. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen sei daher von der Vereinbarung eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses zur Probe auszugehen, für das die vereinbarte dreimonatige Kündigungsfrist nach dem Wortlaut des Vertrags nicht gelte. Dem Kläger stehe daher der geltend gemachte Anspruch dafür die Zeit bis zum Ablauf dieses befristeten Arbeitsverhältnisses, sohin bis 30. 11. 1982, zu. Dem für den Monat Dezember 1982 geltend gemachten Anspruch fehle hingegen die Grundlage.
Im Berufungsverfahren brachte die beklagte Partei neu vor, der Kläger habe die aufgrund seines Arbeitsentgelts und seiner Stellung im Betrieb zu erwartenden Leistungen nicht erbracht, so dass ein Entlassungsgrund vorgelegen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, die beklagte Partei habe keine Entlassung, sondern ausdrücklich eine Kündigung des Klägers ausgesprochen, so dass sie einen Entlassungsgrund nicht mehr wirksam geltend machen könne. Da der Kläger seine Arbeit in Österreich geleistet habe, sei der Arbeitsvertrag gemäß dem § 44 Abs 1 IPRG nach österreichischem Recht zu behandeln. Die von den Parteien getroffene Vereinbarung, wonach sich das Arbeitsverhältnis, wenn nicht gekündigt werde, um einen bestimmten Zeitraum immer wieder verlängere, sei als Vereinbarung bestimmter Kündigungstermine im Rahmen eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisses aufzufassen. Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass die Parteien im Hinblick auf den auf den 1. 6. 1982 fallenden Beginn des Arbeitsverhältnisses Kündigungstermine zum 31. 5. und 30. 11. eines jeden Jahres vereinbart hätten. Wirksam sei auch die Vereinbarung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, wogegen die Vereinbarung einer Probezeit von 6 Monaten sowie die Bindung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses während dieser Probezeit an eine Kündigungsfrist der zwingenden Bestimmung des § 19 Abs 2 AngG widerspreche und daher rechtsunwirksam sei. Da die beklagte Partei das Arbeitsverhältnis zum 31. 7. gekündigt und nicht fristlos während des ersten Monats des Arbeitsverhältnisses aufgelöst habe, hätte diese Kündigung nur zum 30. 11. 1982 ausgesprochen werden dürfen.
Gegen den dem Klagebegehren stattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die nur aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zum Teil berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass die beklagte Partei in ihren Rechtsmittelausführungen auf die Frage einer gerechtfertigten Entlassung des Klägers nicht mehr zurückkommt, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts sowie ergänzend auf den Umstand verwiesen werden kann, dass die beklagte Partei für den offenbar behaupteten Entlassungsgrund der Dienstunfähigkeit (§ 27 Z 2 AngG) im Berufungsverfahren weder konkrete Umstände angeführt noch solche unter Beweis gestellt hat. Ferner ist der ebenfalls nicht bekämpften Auffassung des Berufungsgerichts, im Hinblick auf den in Österreich gelegenen Ort der Dienstverrichtung des Klägers sei gemäß dem § 44 Abs 1 IPRG österreichisches Recht anzuwenden, zuzustimmen, zumal eine ausdrückliche andere Rechtswahl iSd Abs 3 leg cit nicht einmal behauptet wurde.
Der in den Rechtsmittelausführungen vertretenen Auffassung der beklagten Partei, infolge Teilnichtigkeit der auf eine Dauer des Probearbeitsverhältnisses von 6 Monaten und auf die Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist im Fall der Auflösung des Probearbeitsverhältnisses gerichteten Vereinbarung müsse von einem (dem Gesetz entsprechenden) Arbeitsverhältnis auf Probe in der Dauer von einem Monat mit jederzeitiger Auflösbarkeit ausgegangen werden, kann nicht gefolgt werden. Gemäß dem § 19 Abs 2 AngG kann ein Arbeitsverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer eines Monats vereinbart und während dieser Zeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Gemäß dem § 40 AngG ist diese Bestimmung zwingendes Recht. Ein Arbeitsverhältnis auf Probe setzt daher eine Vereinbarung der Vertragspartner voraus, die mit dem § 19 Abs 2 AngG übereinstimmen muss.
Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Abgesehen davon, dass das Arbeitsverhältnis auf Probe für die - unzulässige - Dauer von sechs Monaten vereinbart wurde (in diesem Punkt wäre eine Teilnichtigkeit unter Aufrechterhaltung der zulässigen Dauer von einem Monat möglich), haben die Parteien nicht die für ein solches Arbeitsverhältnis wesensmäßige jederzeitige Auflösbarkeit, sondern eine Kündigungsfrist von einem Monat vereinbart. Diese Vereinbarung steht mit dem sich aus dem § 19 Abs 2 AngG ergebenden Wesen eines Probearbeitsverhältnisses, nämlich mit dessen jederzeitiger sofortiger Lösbarkeit, im Widerspruch, sodass ein rechtswirksames Arbeitsverhältnis auf Probe nicht zustande gekommen ist (vgl Arb 10.215). Eine Teilnichtigkeit in dem Sinn, dass die Vereinbarung der Kündigungsfrist wegzufallen habe und an deren Stelle die im Gesetz zwingend vorgesehene jederzeitige Ausflösbarkeit zu treten hätte, kommt hier nicht in Betracht, weil nicht ohne weiters angenommen werden kann, die Parteien hätten in Kenntnis der gegenständlichen Rechtsnorm eine solche Vereinbarung getroffen. Aus der getroffenen Vereinbarung ergibt sich vielmehr im Gegenteil, dass sie eine Auflösung während der Probezeit nur unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungszeit wollten. Im Übrigen hat die beklagte Partei nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ausdrücklich zum 31. 7. 1982 gekündigt und nicht etwa, wie sie in der Revision darzulegen versucht, eine Auflösung mit sofortiger Wirkung vor Ablauf des ersten Monats des Arbeitsverhältnisses vorgenommen. Der Verzicht auf die Arbeitsleistung des Klägers während des Monats Juli 1982 vermag an dem weiteren aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. 7. 1982, dem durch die Kündigungserklärung herbeigeführten, bereits nach Ablauf der gesetzlich zulässigen Probezeit von einem Monat liegenden Endzeitpunkt, nichts zu ändern.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ein den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen (§§ 19 Abs 2, 40 AngG) entsprechendes Probearbeitsverhältnis nicht vereinbart wurde und dass das Arbeitsverhältnis durch die von der beklagten Partei ausgesprochene Kündigung des Klägers zum 31. 7. 1982 aufgelöst wurde.
Zu prüfen bleibt, ob die Auflösung zu diesem Termin den Bestimmungen des Arbeitsvertrags entsprach und ob sie nicht mit zwingenden gesetzlichen Vorschriften (§ 40 AngG) im Widerspruch steht. Wenn auch ein Probearbeitsverhältnis aus den dargelegten Erwägungen rechtswirksam nicht vereinbart wurde, so haben die Parteien doch vereinbart, dass das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Arbeitsverhältnis während der ersten sechs Monate unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen zum Monatsletzten gekündigt werden könne. Die vom Berufungsgericht an sich zutreffende beurteilte „Verlängerungsvereinbarung“ des zweiten Satzes des § 9, Punkt 1. des Arbeitsvertrags, wonach diese als Vereinbarung eines Kündigungstermins zum 31. 5. und 30. 11. eines jeden Kalenderjahrs aufzufassen sei, gilt jedoch nicht für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses, weil für diesen - als Probezeit gedachten - Zeitraum die oben erwähnte, eine kurzfristige Auflösung vorsehende Kündigungsmöglichkeit vereinbart wurde.
Die für die ersten sechs Monate vorgesehene Vereinbarung einer Kündigungsfrist von vier Wochen widerspricht jedoch der zwingenden (§§ 20 Abs 3, 40 AngG) Bestimmung des § 20 Abs 2 AngG, wonach die arbeitgeberseitige Kündigungsfrist unter Bedachtnahme auf die hier zwei Jahre nicht erreichende Dienstzeit des Klägers zumindest 6 Wochen betragen muss. Hingegen ist die Vereinbarung einer Kündigung zum Letzten eines Kalendermonats gemäß dem § 19 Abs 3 AngG, zweiter Halbsatz, zulässig. Daraus ergibt sich die Teilnichtigkeit der Kündigungsvereinbarung für die ersten sechs Monate in Ansehung der vereinbarten Kündigungsfrist von vier Wochen. An Stelle dieser Kündigungsfrist tritt die gesetzmäßige Mindestfrist von sechs Wochen. Unter Beachtung dieser Kündigungsfrist und des rechtswirksam vereinbarten Kündigungstermins hätte daher die beklagte Partei die Kündigung des Klägers am 28. 6. 1982 frühestens zum 31. 8. 1982 aussprechen dürfen. Die zum 31. 7. 1982 ausgesprochene Kündigung ist insoweit zeitwidrig erfolgt.
Für die Beurteilung der Rechtsfolgen einer solchen zeitwidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, die Bestimmungen der §§ 29 AngG und 1162b ABGB analog heranzuziehen (ausführlich Arb 9259 mit Judikatur- und Literaturhinweisen; ferner Arb 9538, 9663, 9777, 9866 uva, zuletzt etwa RdW 1984, 149 = 4 Ob 142/83). Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, dass die beklagte Partei, welche dem Kläger das Arbeitsentgelt nur für den Monat Juni 1982 gezahlt hat, diesem noch das Entgelt für die Monate Juli und August 1982 einschließlich anteiliger Sonderzahlungen sowie die von der beklagten Partei an den Kläger noch nicht gezahlten anteiligen Sonderzahlungen für den Monat Juni 1982 in dem der Höhe nach rechnerisch außer Streit stehenden Betrag von insgesamt 87.500 S sA zu ersetzen hat. Das die Monate September bis Dezember 1982 betreffende Mehrbegehren von insgesamt 163.333,32 S sA war hingegen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO begründet.
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