European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00091.840.0108.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag der Rechtsmittelwerber auf Zuspruch von Anwaltskosten wird abgewiesen.
Begründung
Nachdem sich die Antragsgegner mit der dem Antrag des Antragstellers stattgebenden Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden gegeben und fristgerecht das Erstgericht angerufen hatten, trug ihnen (auch) dieses mit Sachbeschluss vom 28. 7. 1983, ON 10, gemäß § 6 Abs 1 MRG auf, die Gasleitungen des Hauses *****, durch einen behördlichen konzessionierten Professionisten instandsetzen zu lassen, wobei diese Arbeiten binnen vier Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung in Angriff zu nehmen und in einem Zug, längstens jedoch binnen weiterer fünf Wochen, durchzuführen seien. Gleichzeitig informierte das Erstgericht die Antragsgegner dahin, dass der in Rechtskraft erwachsene Auftrag zur Durchführung von Erhaltungs‑ oder Verbesserungsarbeiten ein Exekutionstitel sei, der nach dem fruchtlosem Ablauf der zur Vornahme der Arbeiten bestimmten Frist jeden Mieter des Hauses als betreibende Partei zum Antrag berechtige, zum Zweck der Durchführung der aufgetragenen Arbeiten, der Aufnahme und Tilgung des erforderlichen Kapitals und der ordnungsgemäßen Erhaltung und Verwaltung des Hauses bis zur Tilgung des Kapitals für das Haus einen Verwalter zu bestellen (§ 6 Abs 2 MRG).
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Sachbeschluss am 20. 12. 1983 (ON 17).
Am 22. 5. 1984 beantragte der Antragsteller beim Erstgericht die Bewilligung der (Zwangs‑)Verwaltung gemäß § 6 Abs 2 MRG, weil die Antragsgegner dem ihnen gemäß § 6 Abs 1 MRG erteilten Auftrag bisher nicht nachgekommen seien.
Das Erstgericht wies diesen Antrag aus nachstehenden Erwägungen zurück:
Voraussetzung für die Anrufung des Gerichts sei es gemäß § 40 MRG, dass die Schlichtungsstelle entschieden habe oder die Dreimonatsfrist abgelaufen sei, ohne dass eine Entscheidung der Schlichtungsstelle ergangen sei. Dies liege im gegenständlichen Fall nicht vor, weil eine Anrufung der Schlichtungsstelle durch den Antragsteller nicht erfolgt sei. Da bereits eine rechtskräftige Entscheidung nach § 6 Abs 1 MRG bestehe, sei das bisherige Verfahren abgeschlossen. Ein Antrag nach § 6 Abs 2 MRG wäre daher erneut bei der Schlichtungsstelle einzubringen gewesen. Es liege Unzulässigkeit des Rechtswegs vor.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers folge, hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den Antrag unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es sprach aus, dass mit dem Vollzug dieses Auftrags erst nach Rechtskraft seines Beschlusses vorzugehen sei und der Wert des Streitgegenstands 15.000 S nicht aber 300.000 S übersteige. Das Rekursgericht führte aus:
Bei den Maßnahmen, die in § 8 Abs 2 MG für den Fall der Nichtdurchführung der dem Hauseigentümer aufgetragenen Arbeiten vorgesehen gewesen seien, habe es sich um eine der Zwangsvollstreckung ähnliche Fortsetzung des Verfahrens nach § 8 Abs 1 MG und damit um ein mit dem Verfahren nach § 8 Abs 1 MG einheitliches Verfahren gehandelt (MietSlg 32.290). Anträge auf Verhängung der schon vom Gericht bei Stattgebung des Antrags angedrohten Ordnungsstrafe und auf Bestellung eines geeigneten Dritten hätten nur den Vollzug bereits vom Gericht angedrohter Beugemaßnahmen und eine Fortsetzung des bereits bei Gericht anhängigen Verfahrens zum Gegenstand gehabt; die vorherige Befassung der Schlichtungsstelle wäre mit dem in § 25 MG ausgesprochenen Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung nicht im Einklang gestanden (MietSlg 16.555/27).
§ 6 Abs 2 MRG bezeichnet den in Rechtskraft erwachsenen Auftrag gemäß § 6 Abs 1 MRG, womit Erhaltungs‑ oder Verbesserungsarbeiten aufgetragen worden seien, ausdrücklich als Exekutionstitel. Dies bedeute, dass der Antrag auf Bestellung eines Verwalters zum Zweck der Durchführung der aufgetragenen Arbeiten einem Exekutionsantrag nach Abschluss des Titelverfahrens gleichgehalten werden könne. Dieser Antrag diene im Gegensatz zum Verfahren nach § 8 Abs 2 MG nicht dem Vollzug bereits angedrohter Maßnahmen, sondern der Durchsetzung des Titels auf Durchführung der Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten. Über diesen Antrag entscheide nach § 6 Abs 2 MRG das in § 37 Abs 1 MRG bestimmte Bezirksgericht im Verfahren außer Streitsachen sohin das Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus liege. Ausgenommen sei der Fall, dass bereits eine Zwangsverwaltung anhängig sei. Dann obliege die Durchführung des Verfahrens nach § 6 Abs 2 MRG dem Exekutionsgericht.
Da das Verfahren nach § 6 Abs 2 MRG nur der Durchsetzung des Titels diene, könne der darauf abzielende Antrag nicht als selbständiger, vom Titelverfahren völlig losgelöster, ein selbständiges Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG einleitender Antrag angesehen werden, für den in Wien gemäß § 39 Abs 1 MRG zwingend die Schlichtungsstelle zuständig wäre. Analog den Bestimmungen der Exekutionsordnung über die Bewilligung der Exekution sei für die Durchführung der bereits titelmäßig bewilligten Arbeiten gemäß § 6 Abs 1 MRG, soferne nicht eine Zwangsverwaltung anhängig sei, das Gericht oder die Gemeinde, das oder die den Titel erlassen habe, sohin mit der Rechtsangelegenheit in erster Instanz befasst gewesen sei, zuständig. Im konkreten Falle habe das Gericht die Arbeiten bewilligt, sodass es daher für den Antrag nach § 6 Abs 2 MRG zuständig sei.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 527 Abs 2 ZPO zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die Antragsgegner vertreten den Standpunkt, die Verweisung des § 37 Abs 1 Z 2 MRG unter anderem auf § 6 MRG erfolge ohne jede Einschränkung, sodass auch Verfahren nach § 6 Abs 2 MRG der Zuständigkeitsregel des § 37 Abs 1 MRG unterlägen. Damit könnten gemäß § 39 Abs 1 MRG auch solche Verfahren bei Gericht erst dann eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden sei.
Diesem Standpunkt kann nicht beigepflichtet werden.
Wie das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat, wurde bereits zu § 8 MG, der § 6 MRG voranging, ausgesprochen, dass es sich bei den in § 8 Abs 2 MG für den Fall der Nichtdurchführung der dem Hauseigentümer aufgetragenen Arbeiten vorgesehenen Maßnahmen um eine der Zwangsvollstreckung ähnliche Fortsetzung des Verfahrens nach § 8 Abs 1 MG handle, die Auftragserteilung nach § 8 Abs 1 MG und die Auftragsdurchsetzung nach § 8 Abs 2 MG somit ein einheitliches Verfahren nach §§ 24 ff MG darstellten (MietSlg 32.290); durch den Antrag auf Verhängung der vom Gericht im Auftrag nach § 8 Abs 1 MG angedrohten Ordnungsstrafe werde nicht ein neues selbständiges Verfahren eingeleitet, sondern nur die Fortsetzung eines bereits bei Gericht anhängigen Verfahrens bezweckt, sodass eine vorherige Befassung der Schlichtungsstelle mit einem derartigen Antrag nicht in Betracht komme (MietSlg Bd X S 309; MietSlg 16.555/27).
Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass auch das Verfahren nach § 6 Abs 2 MRG nur der Durchsetzung des nach § 6 Abs 1 MRG erteilten Auftrags dient, der darauf abzielende Antrag daher gleichfalls nicht als ein selbständiger, ein selbständiges Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG einleitender Antrag angesehen werden kann. Das bedeutet für den gegenständlichen Fall, in dem ein gerichtlicher Auftrag nach § 6 Abs 1 MRG vorliegt, dass über den darauf gestützten Antrag nach § 6 Abs 2 MRG sogleich das Gericht zu entscheiden hat, ohne dass eine vorherige Befassung der Schlichtungsstelle mit diesem Antrag im Sinne des § 39 Abs 1 MRG erforderlich wäre (vgl dazu auch Schuppich , Die Neuordnung des Mietrechts 97 unter Punkt 22.3). Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch der Gesetzeswortlaut des § 6 MRG, der auf die Zuständigkeit der Gemeinde nach § 39 MRG wohl in seinem Abs 1, nicht aber in seinem Abs 2 hinweist. Aus der in § 6 Abs 2 MRG enthaltenen Vorschrift, wonach über den Exekutionsantrag nach dieser Gesetzesstelle das in § 37 Abs 1 MRG bestimmte Bezirksgericht im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden hat, ist für die Auffassung der Antragsgegner nichts zu gewinnen, weil diese Vorschrift ersichtlich nur der Abgrenzung gegenüber der Zuständigkeit des Exekutionsgerichts dient, bei dem für das Haus bereits eine Zwangsverwaltung nach §§ 97 ff EO anhängig ist. Dass § 6 MRG die in § 8 MG vorgesehen gewesene Androhung einer Ordnungsstrafe nicht mehr kennt, ist ohne Bedeutung, zumal die mit dem gerichtlichen Auftrag nach § 6 Abs 1 MRG verbundene Information über dessen allfällige Vollstreckung nach § 6 Abs 2 MRG dieser nach altem Recht vorgesehen gewesenen Androhung im gegebenen Zusammenhang gleichgehalten werden kann.
Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Die Abweisung des Antrags auf Zuspruch der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.
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