OGH 3Ob591/84

OGH3Ob591/8419.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1) Z***** M*****, und 2) J***** M*****, beide vertreten durch Dr. Engelbert Jäger, Rechtsanwalt in Reutte, wider die Gegnerin der gefährdeten Parteien J***** M*****, vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer, Dr. Reinhold Wolf, Rechtsanwälte in Reutte, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 14. September 1984, GZ 6 R 213/84-12, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 22. Juni 1984, GZ 12 Cg 247/84-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden und gefährdeten Parteien sind schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Parteien binnen 14 Tagen die mit 17.740,10 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 1.503,65 S USt und 1.200 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagten wurde aufgrund des Testaments vom 9. 8. 1955 der Nachlass ihres am 23. 11. 1963 verstorbenen Ehemannes Franz M*****, bestehend vor allem aus den Liegenschaften EZ 1158 II und 691 II der KG R***** mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zu Gunsten des Erstklägers zu 2/3 und der Zweitklägerin zu 1/3 einverleibt. Im angeführten Testament war bestimmt, dass diese Nacherbschaft auch für den Fall eintreten sollte, als die Beklagte entgeltlich oder unentgeltlich das ganze oder auch nur einen Teil des ererbten Vermögens ihrem Sohne Harald B***** zukommen lasse, möge der Rechtstitel welcher Art immer sein oder die Übergabe durch einen Mittels- oder Strohmann erfolgen. Die Beklagte verkaufte in der Folge eine Reihe der Liegenschaften und schenkte mit zwei Notariatsakten ihren Schwestern Friederike R*****, Maria C***** und Helene T***** einen weiteren Teil der Liegenschaften, für die sodann die neue Einlagezahl 1360 II KG R***** eröffnet wurde. Der Anteil der Maria C***** ging nach deren Tod im Erbgang auf die beiden übrigen Schwestern über. Friederike R***** und Helene T***** veräußerten in der Folge einen Teil der Liegenschaft EZ 1360 II.

Die beiden Kläger brachten gegen die Beklagte am 10. 5. 1984 eine Klage ein und stellten das Begehren, die Beklagte sei schuldig, von Friederike R***** und Helene T***** die Übereignung der Liegenschaft EZ 1360 II KG R***** zu verlangen und sodann diese Liegenschaft sowie die Liegenschaft EZ 1158 II KG R***** zu 2/3 an den Erstkläger und zu 1/3 an die Zweitklägerin zu übereignen.

Die Kläger behaupteten, dass die Schwestern der Beklagten nur Treuhänder der Liegenschaft EZ 1360 II seien und nach Weisung der Beklagten mit den Grundstücken verfahren müssten. Die Erlöse aus den Grundverkäufen der beiden Schwestern seien der Beklagten zugeflossen, die sie ihrerseits ihrem Sohn Harald B***** zukommen habe lassen. Für den Fall ihres Todes habe die Beklagte mit ihren Schwestern vereinbart, dass sie die Liegenschaften den Kindern des Harald B***** hinterlassen müssten. Aufgrund dieses Sachverhalts sei gemäß dem Testament der Nacherbschaftsfall eingetreten.

Zur Sicherung ihres Klagsanspruchs beantragten die Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der Weise, dass der Friederike R***** und der Helene T***** für die Dauer des Rechtsstreits verboten werde, die Liegenschaft EZ 1360 II KG R***** ganz oder teilweise zu veräußern oder zu belasten. Diesen Antrag begründeten die Kläger damit, dass die beiden Schwestern der Beklagten die Absicht hätten, weitere Teile der Liegenschaft EZ 1360 II zu veräußern, um den Erlös dem Harald B***** zufließen zu lassen, wodurch der Rückforderungsanspruch der Kläger vereitelt würde.

Die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Parteien beantragte die Abweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und bestritt in ihrer Äußerung, dass aus dem ererbten Vermögen indirekt etwas ihrem Sohn zugeflossen sei. Es liege auch kein Treuhandverhältnis zwischen ihr und ihren Schwestern vor. Es bestünden auch keine weiteren Verkaufsabsichten.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung, machte aber den Vollzug vom Erlag einer Sicherheit von 50.000 S abhängig.

Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die beiden Schwestern der Beklagten sind hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1360 II KG R***** im Innenverhältnis zur Beklagten nur Treuhänder der Beklagten und müssen nach Weisung der Beklagten handeln. Die Beklagte kann über die Liegenschaft verfügen. Ein Teil der Liegenschaft ist schon verkauft worden, es ist beabsichtigt, auch den Rest zu veräußern. Aus den schon getätigten Grundstücksverkäufen schenkte die Beklagte ihrem Sohn Harald B***** den Betrag von 100.000 DM.

Aus diesem Sachverhalt leitete das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht ab, dass der Beklagten gegenüber ihren Schwestern ein Anspruch auf Rückübereignung der Liegenschaft EZ 1360 II zustehe, da ihre Schwestern nur Treuhänderinnen seien. Die Erlassung eines Drittverbots bezüglich eines dem Gegner der gefährdeten Partei zustehenden Anspruchs sei zulässig.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde. Es sprach aus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 300.000 S übersteige.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, dass die Elemente eines Verbots nach § 382 Z 6 EO und eines Drittverbots nach § 382 Z 7 EO nicht verquickt werden dürften. Ersteres könne nicht erlassen werden, wenn die Liegenschaft nicht im bücherlichen Eigentum des Gegners der gefährdeten Parteien stehe, letzteres könne nur hinsichtlich eines Anspruchs erlassen werden, der dem Gegner der gefährdeten Partei gegen den Dritten zustehe. Ob ein solcher Anspruch bestehe, sei im vorliegenden Verfahren nicht bescheinigt. Dass die Beklagte über die fragliche Liegenschaft verfügen könne, beinhalte noch nicht, dass sie von ihren Schwestern auch die Herausgabe der Liegenschaft begehren könne. Durch die beantragte einstweilige Verfügung würde aber auch unzulässigerweise in die Rechte von Dritten eingegriffen.

Gegen den Beschluss der zweiten Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts abzuändern.

Die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Parteien beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wenn die Rechtsmittelwerberin bemängelt, das Gericht zweiter Instanz sei von den Feststellungen der ersten Instanz abgewichen, so ist darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das Rekursgericht an die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht gebunden ist und daher nach der Aktenlage auch einen von der Tatsachengrundlage des Erstgerichts abweichenden oder diese ergänzenden Sachverhalt als bescheinigt annehmen kann (ÖBl 1980, 41 und 138, ÖBl 1983, 74). Da der Aktenlage nichts zu entnehmen ist, was zwingend für einen Herausgabeanspruch der Beklagten sprechen würde, konnte die zweite Instanz im Rahmen des Bescheinigungsverfahrens sehr wohl davon ausgehen, dass Friederike R***** und Helene T***** zwar die Weisungen der Beklagten beachten müssen, aber nicht verpflichtet sind, ihr die Liegenschaft wieder rückzuübertragen.

Davon abgesehen ist der zweiten Instanz aber auch dahin beizupflichten, dass die einstweilige Verfügung in der beantragten Weise nicht erlassen werden dürfte, weil sie unzulässigerweise in die Rechte Dritter eingreifen würde.

Vorausgeschickt sei, dass die klagenden Parteien zwar in ihrer Klage anklingen lassen, ihnen stehe auch gegen die beiden Schwestern der Beklagten ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an die Beklagte zu. Diesen Anspruch machen sie aber mit ihrer Klage jedenfalls nicht geltend und kündigen auch nicht an, dass sie gegen die beiden Schwestern der Beklagten mit Klage vorzugehen beabsichtigten. Als zu sichernder Anspruch kommt damit nur ein Anspruch gegen die Beklagte selbst in Frage.

Die einstweilige Verfügung darf sich daher nur gegen die Gegnerin der gefährdeten Parteien richten. Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 382 Z 6 EO könnte daher nur hinsichtlich einer Liegenschaft erlassen werden, bei der das Eigentumsrecht der Gegnerin der gefährdeten Parteien einverleibt ist (SZ 43/119). Dies würde beispielsweise zutreffen, wenn die klagenden Parteien ein gegen die beklagte Partei gerichtetes Verbot nach § 382 Z 6 EO hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1158 II KG R***** beantragt hätten.

Hinsichtlich der nicht im Eigentum des Gegners der gefährdeten Partei stehenden Liegenschaft kommt die Erlassung eines Verbots nach § 382 Z 6 EO nicht in Frage, sondern hier kann nur ein Drittverbot nach § 382 Z 7 EO in Betracht kommen (vgl Entscheidungen wie SZ 24/151, EvBl 1958/336, EvBl 1967/69 oder JBl 1974, 211). Das Wesen dieses Drittverbots besteht darin, dass die Rechte des Dritten in keiner Weise beschränkt werden, sondern dass dem Dritten lediglich verboten wird, einen Anspruch, der dem Gegner der gefährdeten Partei gegenüber diesen Dritten zusteht, bis auf weitere gerichtliche Anordnung zu erfüllen, und dass ihm darüber hinaus auch verboten werden kann, Handlungen zu unterlassen, die zu einer Vereitelung dieser ihm gegenüber dem Gegner der gefährdeten Parteien obliegenden Erfüllungshandlung führen könnten. Anders gesagt, das Drittverbot nach § 382 Z 7 EO kann sich nicht auf Rechte, sondern nur auf Pflichten des Dritten beziehen. Dem Drittschuldner darf nicht die Ausübung irgend eines Rechts verboten werden, sondern es kann ihm lediglich Erfüllung einer Verpflichtung untersagt werden (Heller-Berger-Stix 2754).

Selbst wenn daher Friederike R***** und Helene T*****, was in zweiter Instanz nicht bescheinigt ist, verpflichtet wären, die Liegenschaft auf Weisung der Beklagten dieser ins Eigentum rückzuübertragen, könnte ihnen grundsätzlich nur untersagt werden, diese Rückübertragung vorzunehmen (um zB zu verhindern, dass der Gegner der gefährdeten Parteien wieder in den Besitz der Liegenschaft gelangt, über diese zum Nachteil der gefährdeten Parteien verfügen könne oder um eine Exekutionsführung auf die Liegenschaft zu ermöglichen usw). Und nur wenn bescheinigt wäre, dass die beiden Drittschuldner - etwa gebunden an eine schon erteilte Weisung im Rahmen des Treuhandverhältnisses - gegenüber der Gegnerin der gefährdeten Parteien schon verpflichtet wären, die strittige Liegenschaft in einer ganz bestimmten Weise zu belasten und zu veräußern, könnte ihnen die Erfüllung dieser Verpflichtung untersagt werden, wenn dadurch die Rechte der gefährdeten Parteien gesichert werden könnten. In dieser Richtung haben aber die gefährdeten Parteien keinerlei Behauptungen aufgestellt.

An dieser Rechtslage ändert auch das bescheinigte Treuhandverhältnis nichts. Gläubiger des Treugebers können nämlich auf das Treugut nur im Wege der Exekution auf die Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder greifen, weil dieses für die Dauer der Treuhand zwar wohl wirtschaftlich nicht aber rechtlich dem Vermögen des Treugebers zuzurechnen ist (Kastner, JBl 1949, 420 f, 422, Strasser in Rummel Rz 42 zu § 1002 ABGB S 1230).

Das Gericht zweiter Instanz hat daher den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit Recht abgewiesen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 402, 78 EO, §§ 50, 41 ZPO.

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