OGH 2Ob658/84

OGH2Ob658/8427.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Adelheid M*****, vertreten durch Dr. Roswitha Ortner, Rechtsanwalt in Villach, wider den Antragsgegner Martin G*****, vertreten durch Dr. Eveline Wunder, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Leistung eines Heiratsguts, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 5. Oktober 1984, GZ 1 R 478/84-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 23. August 1984, GZ 1 Nc 290/84-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin, die am 23. 12. 1983 geheiratet hat, stellte das Begehren, das vom Antragsgegner, ihrem ehelichen Vater, zu leistende Heiratsgut mit 120.000 S festzusetzen. Der Antragsgegner brachte vor, er sei vermögenslos und aufgrund seines geringen Einkommens nicht in der Lage, ein Heiratsgut zu leisten.

Das Erstgericht verhielt den Antragsgegner zur Zahlung eines Heiratsguts von 30.000 S und wies das Mehrbegehren von 90.000 S ab.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass der Antragsgegner ein Heiratsgut in der Höhe von 15.000 S in vierundzwanzig Monatsraten zu je 625 S zu bezahlen habe. Das Mehrbegehren von 105.000 S wurde abgewiesen.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Sie beantragt den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antragsgegner ein Heiratsgut in der Höhe von 30.000 S in sechs Monatsraten zu je 5.000 S zu bezahlen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die am 9. 12. 1961 geborene Antragstellerin ist als Zeitungsausträgerin beschäftigt und verdient vierzehn Mal jährlich 6.500 S bis 6.600 S. Ihr Gatte ist Magistratsbediensteter und verdient vierzehn Mal jährlich etwa 9.000 S. Für ein Kind aus erster Ehe hat er monatlich 1.500 S zu bezahlen. Die Antragstellerin und ihr Gatte haben ein Kind im Alter von 3 Jahren, sie bewohnen eine Gemeindewohnung. Der 47 Jahre alte Antragsgegner hat unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen ein monatliches Durchschnittseinkommen von 12.490 S. Dabei sind nicht nur die gesetzlichen Abzüge berücksichtigt, sondern auch „besondere Abzüge“, wie Gewerkschaftsbeitrag (132,40 S), Rückzahlung für einen Bezugsvorschuss (500 S), Beitrag für eine Beamtenversicherung (382,40 S) und ein Abzug von 150 S als Baukostenzuschuss. Der Antragsgegner ist für seine zweite Ehefrau, die nicht berufstätig ist, sorgepflichtig, für seine erste Ehefrau (die Mutter der Antragstellerin) bezahlt er monatlich 1.786 S an Unterhalt. Er besitzt kein Vermögen und wohnt in einer „Eisenbahnerwohnung“.

Bei der Bemessung des Heiratsguts nahm das Erstgericht auf die Schulden des Antragsgegners Bedacht und gelangte unter Hinweis auf die Rechtsprechung, nach welcher ein Satz von 25 bis 30 % des Jahresnettoeinkommens angemessen sei, zum Zuspruch des Betrags von 30.000 S.

Das Rekursgericht führte aus, der von der Rechtsprechung angewendete Satz von 25 bis 30 % komme bei geringem Einkommen nicht zum Tragen, in einem solchen Fall sei die Belastbarkeit des Dotationspflichtigen erheblich niedirger anzusetzen. In diesem Zusammenhang komme auch dem Einwand des Antragsgegners Berechtigung zu, das Erstgericht habe weitere Schulden nicht berücksichtigt. Wie der Antragsgegner schon in erster Instanz behauptet und nunmehr im Rekursverfahren nachgewiesen habe, habe er einen Kredit aufgenommen, den er in monatlichen Raten von 2.125 S zurückzuzahlen habe und der nach seiner Darstellung zur Anschaffung von Möbeln gedient habe. Nach der Rechtsprechung sei bei der Bemessung des Heiratsguts auf Schulden des Dotationspflichtigen jedenfalls Bedacht zu nehmen. Die vom Antragsgegner zum Zweck der Wohnungsausstattung zu tätigenden Kreditrückzahlungen seien also zu berücksichtigen. Nach Abzug der Kreditrückzahlungsraten von monatlich 2.125 S und der Unterhaltsleistungen an seine erste Ehefrau in der Höhe von 1.786 S verblieben dem Antragsgegner monatlich 8.579 S, mit welchem Betrag er seine Bedürfnisse und die seiner nicht berufstätigen zweiten Gattin zu decken habe, weil nun der anständige Unterhalt des Dotationspflichtigen durch die Bestellung eines Heiratsguts nicht gefährdet werden dürfe, könne erforderlichenfalls die Leistung in angemessenen Raten auferlegt werden. Im Hinblick auf die Schulden, die Bedürfnisse des Antragsgegners und seine Verpflichtungen gegenüber seinen Angehörigen erscheine ein Betrag von 15.000 S, zahlbar in 24 Monatsraten, angemessen.

Die Antragstellerin führt in ihrem Revisionsrekurs aus, schon das Erstgericht habe bei Feststellung des Nettoeinkommens des Antragsgegners beträchtliche Lohnexekutionen berücksichtigt, wobei überhaupt nicht geprüft worden sei, woher diese Exekutionen stammen. Die Ansicht des Rekursgerichts, auch die Kreditrückzahlung von 2.125 S sei zu berücksichtigen, stelle eine unrichtige rechtliche Beurteilung dar. Der Antragsgegner habe nicht nachgewiesen, dass er den Kredit für die Anschaffung von Möbeln aufgenommen habe. Der Antragsgegner habe bereits anlässlich seiner Wiederverehelichung im Jahre 1973 Möbel angeschafft. Seine Darstellung, er habe mit dem nunmehr zurückzuzahlenden Kredit Möbel angeschafft, sei eine reine Schutzbehauptung. Tatsächlich habe er den Kredit aufgenommen, um sich einen neuen PKW kaufen zu können. Es könne nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmung sein, dass der Anspruch auf Bestellung eines Heiratsguts vom Antragsgegner dadurch vermindert werde, dass er Kredite für einen PKW aufnehme und auch andere Schulden nicht zurückzahle, sodass es zu Lohnexekutionen komme. Auch die vom Rekursgericht bemessenen Monatsraten seien bei weitem zu niedrig.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Festsetzung des Heiratsguts nicht nach starren Regeln zu erfolgen, vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich (EFSlg 31.476; 7 Ob 587/83 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist zwar auch derjenige, der kein Vermögen hat und nur ein Arbeitseinkommen bezieht, zur Gewährung eines Heiratsguts verpflichtet, jedoch nur dann, wenn dadurch sein anständiger Unterhalt und der Unterhalt der Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, nicht gemindert wird (EFSlg 33.730, 36.127; 1 Ob 511/83 ua). Maßgebend ist, ob das Arbeitseinkommen, Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Vermögens ermöglicht (EFSlg 36.127; 7 Ob 587/83). Bei Beurteilung der Frage, ob dem Dotationspflichtigen zugemutet werden kann, von seinem Einkommen Ersparnisse zu machen, kommt es auf die berechtigten sozialen Anschauungen der Bevölkerungsschicht an, der der Austattungspflichtige angehört (7 Ob 587/83 ua). Bedacht zu nehmen ist auf die Schulden des Dotationspflichtigen, seine eigenen Bedürfnisse und seine Verpflichtungen gegenüber seinen Angehörigen. Es kann nicht verlangt werden, dass er seinen anständigen Unterhalt gefährdet (8 Ob 537/83 ua).

Da gemäß § 1221 ABGB eine strenge Erforschung des Vermögensstands nicht zu erfolgen hat und auf Schulden des Dotationspflichtigen - wie oben ausgeführt - ohnedies Bedacht zu nehmen ist, muss nicht geklärt werden, zu welchem Zweck der Kredit tatsächlich aufgenommen wurde. Die Ausführungen über Gehaltsexekutionen sind schon deshalb nicht zielführend, weil in der Auskunft der österreichischen Bundesbahnen (ON 11), aufgrund deren das Erstgericht das Einkommen des Antragsgegners feststellte, keine Abzüge für Exekutionen aufscheinen.

Bei Bemessung des Heiratsguts ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass der Antragsgegner ein relativ geringes Einkommen bezieht, für seine Gattin aus erster Ehe monatlich 1.786 S an Unterhalt zu bezahlen hat und auch für seine nunmehrige Ehefrau, die nicht berufstätig ist, sorgepflichtig ist. Die Ansammlung nennenswerter Ersparnisse ist ihm unter diesen Umständen kaum möglich. Bei Festsetzung eines Heiratsguts in der Höhe von 25 bis 30 % seines Jahreseinkommens wäre sein und seiner Angehörigen anständiger Unterhalt gefährdet. Es kann daher kein Rechtsirrtum darin erblickt werden, dass das Rekursgericht den Antragsgegner lediglich zur Zahlung eines Heiratsguts von 15.000 S verpflichtete.

Die festgesetzten Raten sind zwar sehr gering. Eine Bezahlung des Betrags von 15.000 S auf einmal oder nur in wenigen entsprechend hohen Raten würde aber ebenfalls zu einer Gefährdung des anständigen Unterhalts führen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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