OGH 3Ob129/84

OGH3Ob129/8414.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in den Exekutionssachen der betreibenden Parteien Erwin und Ernestine K*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schürr, Rechtsanwalt in Krems, und beigetretener Gläubiger, wider die verpflichteten Parteien 1. Irmgard E*****, 2. Franz E*****, wegen 86.260,40 S sNg und beigetretener Forderungen (hier wegen Verteilung des Meistbots von 700.000 S), infolge Revisionsrekurses der erstverpflichteten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Krems an der Donau als Rekursgerichts vom 30. August 1984, GZ 1a R 306/84‑65, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Kirchberg am Wagram vom 29. Juni 1984, GZ E 2026/82‑62, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Den führenden betreibenden Parteien wurde aufgrund des Urteils des Kreisgerichts Krems an der Donau vom 6. September 1982, AZ 3 Cg 159/82, zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 86.260,40 S samt 10 % Zinsen seit 30. Juli 1982 und Kosten die Zwangsversteigerung der den Verpflichteten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft EZ 128 KG ***** bewilligt; unter COZ 43 wurde die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt.

Auf der genannten Liegenschaft ist unter COZ 1 aufgrund des Kaufvertrags vom 25. November 1974 für die Kaufpreisforderung dieser betreibenden Parteien von 697.816,90 S samt 10 % Zinsen und für eine Nebengebührenkaution von 140.000 S ein (erstrangiges) Pfandrecht einverleibt. Weitere Pfandrechte sind für diese betreibenden Parteien auf der genannten Liegenschaft nicht einverleibt.

Aufgrund des Versäumungsurteils des Bezirksgerichts Langenlois vom 16. Dezember 1982, AZ C 268/82 , wurden Erwin und Ernestine K***** zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 21.983,45 S samt 10 % Zinsen seit 18. November 1982 und Kosten die Zwangsversteigerung derselben Liegenschaft als Beitritt bewilligt. Die Einleitung dieses Versteigerungsverfahrens wurde unter COZ 49 angemerkt.

Aufgrund des Versäumungsurteils des Bezirksgerichts Langenlois vom 23. März 1983, AZ C 49/83 , wurden Erwin und Ernestine K***** zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 22.196,22 S samt 10 % Zinsen seit 3. März 1983 und Kosten gegen den Zweitverpflichteten die Zwangsversteigerung auf dessen Hälfteanteil an der genannten Liegenschaft durch Beitritt bewilligt. Die Einleitung dieses Versteigerungsverfahrens wurde unter COZ 52 angemerkt.

Die am 16. Jänner 1984 versteigerte Liegenschaft wurde dem Leopold und der Maria Ö***** um das Meistbot von 700.000 S zugeschlagen.

Zu der für den 27. Juni 1984 anberaumten Meistbotsverteilungstagsatzung erschien die Erstverpflichtete trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht. Der Vertreter Erwin und Ernestine K*****s meldete in der bücherlichen Rangordnung (COZ 1) 697.816,90 S samt 10 % Zinsen seit 25. November 1974, Beginn des Zinsenlaufs mit Vertragserrichtung, an, wogegen kein Widerspruch erhoben wurde. Nach zwei ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Anmeldungen der Sparkasse Langenlois von 240.000 S und 12.854 S meldete der Vertreter der betreibenden Parteien Erwin und Ernestine K***** im Rang COZ 43 die betriebene Forderung von 86.260,40 S samt Zinsen und allen Kosten, im Rang COZ 49 die betriebene Forderung von 21.983,45 S samt Zinsen und allen Kosten und im Rang COZ 52 die betriebene Forderung von 22.196,22 S samt Zinsen und allen Kosten, jeweils widerspruchslos an.

Im Verteilungsbeschluss vom 29. Juni 1984, ON 62, wies das Erstgericht Erwin und Ernestine K*****

A) aus dem Kapitalbetrag

die unter COZ 1 aufgrund des Kaufvertrags vom

25. November 1974 einverleibte Forderung,

und zwar 10 % Zinsen vom 25. November 1974 bis 16. Jänner 1984 S 637.920,92

und Kapital S 62.079,08

zusammen S 700.000,00

zur vollständigen Berichtigung der Zinsen und teilweisen Berichtigung des Kapitals durch Barzahlung zu;

B) aus dem Zinsenzuwachs S 1.394.

Das Erstgericht berief sich diesbezüglich auf die §§ 215 und 216 EO. Gegen die gemäß COZ 1 in voller Höhe bekanntgegebene Forderung sei anlässlich der Verteilungstagsatzung kein Widerspruch erhoben worden, weshalb das Ergebnis dieser Tagsatzung dem Verteilungsbeschluss zugrunde zu legen gewesen sei.

Gegen den Verteilungsbeschluss erhob die Erstverpflichtete Rekurs. Sie bekämpfte die Zuweisung der länger als drei Jahre vor dem Tag der Zuschlagserteilung rückständigen Zinsen als dem § 216 Abs 2 EO, dem Grundbuchsstand und den darin angeführten Akten widersprechend. Unter COZ 43 und 49 seien Forderungen der betreibenden Parteien „einverleibt“ (richtig: die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt), die aus dem in COZ 1 einverleibten Vertrage resultierten. Aus diesen Eintragungen ergebe sich, dass die Zinsen seit 30. Juli 1982 bzw 18. November 1982 offen seien, und dass unter keinen Umständen der gesamte Kapitalsbetrag laut COZ 1 ausständig sei. In den diesen Eintragungen zugrunde liegenden Prozessakten hätten die betreibenden Parteien selbst behauptet, dass die Verpflichteten ihren Verpflichtungen laut dem unter COZ 1 ersichtlichen Vertrag bis April 1981 nachgekommen seien. Die Forderungsanmeldung und die darauf basierende Zuweisung im Verteilungsbeschluss stünden daher mit diesem „aktenkundigen Vorbringen der betreibenden Parteien“ im Widerspruch. Die Erstverpflichtete beantragte, den Verteilungsbeschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der Erstverpflichteten teilweise Folge und änderte den Verteilungsbeschluss, den es hinsichtlich der Erstverpflichteten bezüglich des Punkts B (Zuweisung aus dem Zinsenzuwachs) und der Auszahlungsanordnung bestätigt, hinsichtlich der Erstverpflichteten bezüglich des Punkts A (Zuweisung aus dem Kapitalbetrag) dahin ab, dass es Erwin und Ernestine K***** die in COZ 1 aufgrund des Kaufvertrags vom 25. November 1974 einverleibte Forderung an 10 % Zinsen vom 17. Jänner 1981 bis

16. Jänner 1984 S 209.345,07

und Kapital S 490.654,93

zusammen S 700.000,00

zur vollständigen Berichtigung der genannten Zinsen und zur teilweisen Berichtigung des Kapitals durch Barzahlung zuwies.

Das Rekursgericht führte aus, dass nach dem allgemeinen Grundsatz des § 216 Abs 2 EO nur die nicht länger als drei Jahre vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständigen Zinsen die gleiche Priorität mit dem Kapital genießen würden. Die Einwendung der Erstverpflichteten, dass nicht mehr der gesamte Kapitalbetrag laut COZ 1 ausständig sei, hätte nur mit Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung geltend gemacht werden können. Der Hinweis der Rekurswerberin auf die Prozessakten sei verfehlt, weil die Anmeldung nicht im Rahmen der Exekutionstitel, sondern der Eintragung zu COZ 1 erfolgt sei. Aus den Akten ergebe sich nicht, ob die von Erwin und Ernestine K***** herangezogenen Exekutionstitel mit der unter COZ 1 einverleibten Hypothek ganz oder teilweise ident seien. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass diese Exekutionstitel irgendetwas mit der genannten Hypothek zu tun haben.

Gegen diese Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Erstverpflichteten mit dem Antrag, den nur hinsichtlich der Abänderung der Zuweisung in Punkt A angefochtenen Beschluss und insoweit auch den erstgerichtlichen Verteilungsbeschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die Rechtsmittelwerberin behauptet, die Verpflichteten hätten die in COZ 1 sichergestellte Kaufpreisforderung, die in Monatsraten zu entrichten gewesen sei, mehrere Jahre erfüllt. Die Anmeldung der gesamten Kaufpreisforderung samt Nebengebühren sei daher unrichtig, was auch anhand des Grundbuchs nachgewiesen werden könne. Als die Verpflichteten nicht mehr in der Lage gewesen seien, ihren Verpflichtungen (aus dem Kaufvertrag) nachzukommen, seien sie von Erwin und Ernestine K***** geklagt und die Urteile „auf dem Grundbuch sichergestellt“ worden. Aus diesen „zwangsweisen Pfandrechtsbegründungen“ ergebe sich, dass in den Titelakten lediglich eine Restsumme aus dem in COZ 1 genannten Kaufvertrag geltend gemacht worden sei. Das Erstgericht hätte „nach § 213 Abs 1 EO“ nicht nur den Grundbuchsauszug, sondern die Exekutionsakten hinsichtlich der „zwangsweisen Pfandrechtsbegründungen“ und die entsprechenden Titelakten zur Überprüfung der Anmeldung der genannten Gläubiger heranziehen müssen. Dabei hätte sich die Unrichtigkeit der Forderungsanmeldung ergeben. Für die in COZ 1 sichergestellte Forderung gebe es nur die Teilbeträge betreffenden Exekutionstitel, aufgrund deren „zwangsweise Pfandrechtsbegründungen“ vorgenommen worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Erwin und Ernestine K***** haben ihre Ansprüche in der Verteilungstagsatzung durch ihren Vertreter in der bücherlichen Rangordnung an Kapital, Zinsen und Kosten ordnungsgemäß angemeldet. Eines besonderen urkundlichen Nachweises bedurfte es nicht, weil die angemeldeten Ansprüche aus dem Grundbuch (nicht betriebene, unter COZ 1 pfandrechtlich sichergestellte Kaufpreisforderung samt Zinsen) bzw aus den Zwangsversteigerungsakten (betriebene Forderungen) entnommen werden konnten (Heller‑Berger‑Stix, II 1444). Daraus ergibt sich entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin kein Hinweis oder gar Beweis für das (gänzliche oder teilweise) Nichtbestehen der angemeldeten Kaufpreisforderung samt Zinsen. Gegen die Berücksichtigung der im Rang COZ 1 angemeldeten Forderung bei der Verteilung, und zwar gegen die Höhe der an Kapital und Nebengebühren angesprochenen Beträge, hätten alle zur Tagsatzung erschienenen Berechtigten nach § 213 Abs 1 EO Widerspruch erheben können. Da für diesen Anspruch kein Exekutionstitel vorlag, hätten dies auch die Verpflichteten tun können.

Die nicht erschienene Erstverpflichtete ist durch die von Amts wegen wahrzunehmenden Verteilungsgrundsätze (§§ 216 ff EO) und durch die zwingenden Verfahrensbestimmungen geschützt. Hingegen verwirkte die zur Tagsatzung geladene Erstverpflichtete durch ihr Ausbleiben das Recht, gegen die Meistbotsverteilung, soweit diese gegen keine von Amts wegen zu beachtenden Rechtsvorschriften verstößt, Widerspruch oder Rekurs zu erheben (EvBl 1976/82; SZ 46/29; Heller‑Berger‑Stix II 1451 f und 1597 f).

Dass das Erstgericht auch die länger als drei Jahre vor dem Tage der Erteilung des Zuschlags rückständigen, aus dem Vertrag gebührenden Zinsen als gleiche Priorität mit dem Kapital genießend berücksichtigen wollte, stellte eine Verletzung des von Amts wegen wahrzunehmenden Verteilungsgrundsatzes des § 216 Abs 2 (§ 217 Abs 1 Z 2) EO dar, die von der Erstverpflichteten ungeachtet ihres Nichterscheinens zur Verteilungstagsatzung mit Rekurs geltend gemacht werden konnte, weshalb der Verteilungsbeschluss vom Gericht zweiter Instanz mit Recht insoweit abgeändert wurde (Heller‑Berger‑Stix II 1600).

Der weitere Anfechtungsgrund, nämlich das (teilweise) Erlöschen der im Rang COZ 1 angemeldeten Kapitalforderung, hätte zwar mit Widerspruch geltend gemacht werden können, wurde aber bei der Verteilungstagsatzung nicht geltend gemacht, weshalb nach § 234 Abs 1 EO darauf keine Rücksicht zu nehmen war. Bei dieser Einwendung handelt es sich um eine im Rekursverfahren unbeachtliche Neuerung (Heller‑Berger‑Stix II 1597 f).

Da der Revisionsrekurs nur auf diesen unzulässigen Rekursgrund gestützt ist (EvBl 1976/82 ua) und kein anderer Grund vorliegt, der dieses Rechtsmittel berechtigt machen würde, war es nach § 234 Abs 1 EO als unzulässig zurückzuweisen (Heller‑Berger‑Stix II 1598 und 1602).

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