OGH 7Ob654/84

OGH7Ob654/8418.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Theodor W*****, vertreten durch Dr. Robert Eichmann, Rechtsanwalt in Linz, wegen restlicher 96.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Mai 1984, GZ 2 R 86/84‑14, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom 20. Jänner 1984, GZ 7 Cg 350/83‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00654.840.1018.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.289,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 600 S Barauslagen und 335,40 S USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 18. Februar 1982 veräußerte die Klägerin dem Beklagten ihre Liegenschaft EZ ***** der Katastralgemeinde Kleinmünchen um 1 Mio S und gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente von 6.000 S, zahlbar jeweils bis Fünften eines jeden Monats im Voraus, beginnend mit dem auf den Vertragsabschluss folgenden Monatsersten. Zur Sicherstellung der Leibrentenforderungen verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin bei Vertragsunterfertigung eine Bankgarantie eines inländischen Bankinstituts vorerst auf die Dauer von 5 Jahren zu übergeben. Die Klägerin ist berechtigt, nach Ablauf dieser Frist eine neue Bankgarantie mit einer weiteren Laufzeit von fünf Jahren und in der Folge jeweils weitere, mit fünf Jahren befristete Bankgarantien zu verlangen. Für die Zeit vom 1. März 1982 bis Juni 1983 bezahlte der Beklagte, zum Teil erst nach Klags‑ und Exekutionsführung, an Leibrenten insgesamt 96.000 S. Die Rentenforderungen seit Juli 1983 sind unberichtigt. Eine Bankgarantie wurde der Klägerin vom Beklagten bisher nicht beschafft. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Linz vom 7. März 1983, GZ 7 Cg 403/82‑9, wurde der Beklagte zur Übergabe der vereinbarten Bankgarantie verurteilt. Die Klägerin begehrt das mit 360.000 S bezifferte Interesse wegen Nichterfüllung dieser Verbindlichkeit.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Klägerin noch keine Exekution zur Erwirkung der Naturalleistung geführt habe. Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die monatlichen Leistungen erbracht wurden und auch in Zukunft erbracht würden. Durch die Zahlung von 360.000 S werde die Klägerin bereichert. Die Kosten einer Bankgarantie lägen nur bei ca 35.000 S.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 264.000 S statt und wies das Mehrbegehren von 96.000 S ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Interessenklage nach § 368 EO eine vorherige Exekutionsführung nicht zur Voraussetzung habe. Der Gläubiger könne jenen Betrag als Interesse begehren, den er benötige, um sich die zugesprochene Sache anzuschaffen oder sich für eine sonstige Naturalleistung Ersatz zu beschaffen. Demnach habe die Klägerin Anspruch auf die der Bankgarantie entsprechende Summe abzüglich der vom Beklagten ab Vertragsunterfertigung bereits erbrachten Rentenzahlungen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Der Anspruch der Klägerin reiche nicht weiter, als die Verpflichtung des Beklagten aus dem Vertrag vom 18. Februar 1982. Danach seien die Leibrentenforderungen der Klägerin zunächst durch fünf Jahre ab Vertragsunterfertigung abzusichern. Da hievon aber bereits 96.000 S bezahlt seien, habe die Klägerin nur Anspruch auf eine Sicherstellung für die restlichen Leibrentenforderungen in Höhe von insgesamt 264.000 S. Aus der Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung dieser Forderungen folge nicht ein mangelndes Rechtsschutzinteresse der Klägerin, was sich schon aus dem Wesen und dem Zweck der Bankgarantie ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Nach nunmehr herrschender Lehre und Rechtsprechung enthält § 368 EO nur eine verfahrensrechtliche Vorschrift und setzt demnach eine im materiellen Recht begründete Forderung des Gläubigers auf das Interesse voraus (EvBl 1977/231; SZ 43/113; SZ 24/55; Gschnitzer in Klang 2 IV/1 483).

Bei der materiellen Prüfung des Interesses ist daher, jedenfalls bei Undeutlichkeit des Titels, darauf Bedacht zu nehmen, was der Schuldner nach dem dem Anspruch zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu leisten hat. Zu Unrecht beruft sich daher die Klägerin darauf, dass der Urteilsspruch vom 7. März 1983 keinen Anfangstermin der Bankgarantie enthält und dass sie noch weitere Bankgarantien verlangen könne. Die im vorliegenden Fall allein maßgebliche erste Bankgarantie sollte die Rentenforderungen der Klägerin auf die Dauer von fünf Jahren ab Vertragsunterfertigung sichern. Insoweit die Klägerin die ihr für diesen Zeitraum zustehenden Renten erhalten hat, steht ihr daher kein Interesse an der Sicherstellung dieser Leistungen zu.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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