OGH 3Ob88/84

OGH3Ob88/8410.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Herbert Hofbauer und Dr. Peter Krömer, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die verpflichtete Partei Anton H*****, wegen 53.433 S samt Nebengebühren, infolge Rekurses der Helga H*****, vertreten durch Dr. Alfred Lukesch, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Beschluss des Kreisgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 10. Juli 1984, GZ R 372/84-6, womit der Rekurs der Helga H***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Neulengbach vom 30. März 1984, GZ 1 E 492/84-1, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der zweiten Instanz wird aufgetragen, über den an sie gerichteten Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden und dabei auch die Kosten des Rekurses an die dritte Instanz zu berücksichtigen.

Text

Begründung

Anton H*****, geboren am *****, und Helga H*****, geboren am *****, deren am 11. 1. 1963 geschlossene Ehe mit seit 18. 8. 1980 rechtswirksamem Beschluss des Kreisgerichts St. Pölten vom 8. 7. 1980, GZ 1 Cg 59/80-12, geschieden wurde, sind je Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG *****, Haus Nr 2 in S*****.

In der im oben erwähnten Scheidungsverfahren durchgeführten Tagsatzung vom 8. 7. 1980 schlossen die damaligen Ehegatten einen Vergleich, in dem Helga H***** auf jedes Wohn- oder Benützungsrecht an der genannten Liegenschaft verzichtete und Anton H***** das lebenslange Fruchtgenussrecht an ihrer Liegenschaftshälfte einräumte. Beide Ehegatten räumten einander ein Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich dieser Liegenschaft ein, dessen grundbücherliche Sicherstellung sie sich ausbedangen.

Aufgrund dieses Vergleichs wurde im jeweils besten Range vom 13. 2. 1981, also nach Auflösung der Ehe, auf dem Hälfteanteil Anton H*****s das Veräußerungs- und Belastungsverbot für Helga H*****, auf deren Hälfteanteil das Veräußerungs- und Belastungsverbot für Anton H***** einverleibt.

Am 30. 3. 1984 beantragte die betreibende Partei gegen den Verpflichteten aufgrund eines nur gegen diesen gerichteten Exekutionstitels und einer beglaubigten Ablichtung des mit der Bestätigung seiner Rechtskraft und Rechtswirksamkeit seit 18. 8. 1980 versehenen Scheidungsbeschlusses vom 8. 7. 1980 bei dem als Buchgericht zuständigen Exekutionsgericht die Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch Einverleibung des Pfandrechts auf dem Hälfteanteil des Verpflichteten. Die betreibende Partei legte im Exekutionsantrag ihre Rechtsansicht dar, dass das auf diesem Hälfteanteil erst nach Rechtskraft der Scheidung einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot gegenüber Dritten unwirksam sei, weil geschiedene Ehegatten nicht zum Personenkreis des § 364c ABGB zählten.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und stellte den Bewilligungsbeschluss antragsgemäß auch Helga H***** zu, die dagegen fristgerecht Rekurs erhob. Darin beantragte sie mit der Begründung, dass die Ehe im Zeitpunkt der Vereinbarung des Veräußerungs- und Belastungsverbots noch aufrecht gewesen sei, die Abweisung des Exekutionsantrags.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Gericht zweiter Instanz diesen Rekurs zurück und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsmeinung, dass ein zwischen Ehegatten begründetes Veräußerungs- und Belastungsverbot nur dann über die Scheidung hinaus wirke, wenn seine Verbücherung noch während der Ehe beantragt wurde. Die Unzulässigkeit der Verbücherung nehme der Rechtsmittelwerberin die Rekurslegitimation, weil sie in keinem bücherlichen Recht verletzt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs Helga H*****s ist zulässig und begründet.

Nach § 88 Abs 2 EO gelten für die Bewilligung und den Vollzug der Einverleibung eines Zwangspfandrechts mit Ausnahme der Zuständigkeit und der Rekursfrist die Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes 1955, die allerdings nicht ausschließlich, sondern neben den Bestimmungen der Exekutionsordnung anzuwenden sind (Heller-Berger-Stix II 894 f, 930).

Nach § 94 Abs 1 Z 1 GBG 1955 darf das Grundbuchsgericht eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die beantragte Eintragung hervorgeht.

Obgleich der Verpflichtete im Grundbuch als Eigentümer (Miteigentümer) eingetragen ist, kann die zwangsweise Pfandrechtsbegründung wegen einer Beschränkung des Eigentumsrechts unzulässig sein.

So hindert das dingliche (rechtsgeschäftliche) Belastungsverbot nach nahezu einhelliger Lehre (Herrenhausbericht zu § 13 der III. TN, 78 der Beilagen der 21. Session, 166; Ehmer, Die drei Novellen zum ABGB2 57; Heller-Berger-Stix II 904 f und die dort in Anm 12 zitierte weitere Literatur) und Rechtsprechung (SZ 12/50, 23/255, 28/196 uva) nicht nur die vertragliche, sondern auch die zwangsweise Pfandrechtsbegründung.

Der, zu dessen Gunsten das Belastungsverbot einverleibt ist, erscheint von einem die zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligenden Beschluss in seinem Belastungsverbot beeinträchtigt, sodass er nicht nur nach § 119 Z 1 GBG 1955 zu verständigen, sondern auch zum Rekurs gegen den eintragungswidrigen Beschluss berechtigt ist (Heller-Berger-Stix I 647 und II 907; Spielbüchler in Rummel, ABGB Anm 7 zu § 364c; SZ 20/170 und 8/35).

Die Rekursberechtigung ergibt sich daher daraus, dass die bekämpfte Entscheidung allenfalls ein bücherliches Recht des Rechtsmittelwerbers verletzen könnte. Ob ein solches Recht tatsächlich verletzt wurde, ist eine Frage des materiellen Rechts, über die mit einer Sachentscheidung abzusprechen ist (NZ 1977, 118; EvBl 1959/342 ua).

Auch dem, der behauptet, durch die Löschung einer Eintragung als unzulässig oder gegenstandslos iSd §§ 130 und 131 GBG 1955 in einem bücherlichen Recht verletzt zu sein, steht gegen diese Beschlüsse der Rekurs zu (NZ 1969, 174; RZ 1967, 132; EvBl 1968/49 ua).

Der mit Recht bekämpfte Zurückweisungbeschluss der zweiten Instanz war daher aufzuheben und diesem Gericht aufzutragen, über das zurückgewiesene Rechtsmittel sachlich zu entscheiden und dabei die Kosten des Rekurses an die dritte Instanz zu berücksichtigen (§ 78 EO und § 52 Abs 1 ZPO).

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