OGH 2Ob626/84

OGH2Ob626/849.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz M*****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Franz M*****, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, wegen Leistung einer Ausstattung gemäß § 1231 ABGB infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. August 1984, GZ 3 R 222/84-16, womit der Beschluss des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Juli 1984, GZ 15 Nc 103/84-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller, der der im Jahre 1980 geschiedenen Ehe des Antragsgegners mit Theresia M***** entstammt und selbst am 24. 10. 1975 mit Anna K***** die erste Ehe geschlossen hat, beantragte am 28. 2. 1984, seinen Vater zur Leistung einer Ausstattung iSd § 1231 ABGB in der Höhe „dessen 30%igen jährlichen Nettoeinkommens aus dem Jahre 1975“ zu verpflichten.

Der Antragsgegner wandte gegen den geltend gemachten Anspruch Unvermögenheit, Verwirkung und Verzicht ein.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte im Wesentlichen fest:

Der Antragsgegner erhielt im Jahre 1975 als ÖBB-Pensionist Pensionsnettobezüge von 50.087,42 S. Seiner Ehe entstammte auch eine Tochter, die aber im Jahre 1979 im Alter von 24 Jahren starb. Die geschiedene Gattin des Antragsgegners bezieht eine Gewerbepension von 4.000 S monatlich. Im Jahre 1976 erwarben der Antragsgegner und seine damalige Gattin die Liegenschaft EZ ***** KG ***** je zur Hälfte. Darauf wurde ein derzeit halbfertiges Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca 70 m² errichtet. Seit der Scheidung ist der Antragsgegner Alleineigentümer der Liegenschaft. Der Antragsgegner hat keinerlei Unterhaltspflichten und keine sonstigen Vermögenswerte. Der Antragsteller bezog in der Zeit zwischen 1. 4. 1975 und 31. 12. 1975 als Postbediensteter netto ca 50.000 S, und hat für Gattin und zwei eheliche Kinder im Alter von 7 und 4 Jahren zu sorgen. Er bewohnte 1975 eine ca 60 m² große Mietwohnung, wofür er monatlich ca 3.000 S an Hauptmietzins bezahlen musste. Die gegenwärtigen Schulden für Einrichtungsgegenstände betragen 38.000 S. Die Heirat des Antragstellers fand nicht die Zustimmung des Antragsgegners. Schon vor der Hochzeit gab es Schwierigkeiten in der Familie des Antragsgegners.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, dass der Antragsgegner im Zeitpunkt der Eheschließung des Antragstellers nicht in der Lage gewesen sei, die vom Antragsteller angestrebte Belastung bei Berücksichtigung seines Einkommens ohne empfindliche Einschränkung seiner Lebensverhältnisse zu tragen.

Der Rekurs des Antragstellers hatte keinen Erfolg.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus den Anfechtungsgründen der Aktenwidrigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Da das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts bestätigte, kann die Entscheidung der zweiten Instanz nur aus den im § 16 AußStrG genannten Gründen bekämpft werden. Der Antragsteller machte die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend. Er führte aus, dass der Antragsgegner in seiner Äußerung vom 19. 3. 1984 ON 3 unter anderem vorgebracht habe, dass er seit 1963 im Gemischtwarengeschäft seiner Gattin mit einer täglichen Arbeitszeit von 6:00 Uhr früh bis 18:30 Uhr und 1 - 1 ½ stündiger Mittagspause ohne Entlohnung mitgearbeitet und im Verfahren 31 F 18/79 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz einen mit BGBl Nr 280/1978 eingeführten Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen gemäß den §§ 98 bis 100 ABGB rückwirkend für die letzten drei Jahre vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. 7. 1978) geltend gemacht habe. Nach dem Vorbringen des Antragstellers seien die wechselseitigen unterhalts- und vermögensrechtlichen Ansprüche des Antragsgegners und seiner Gattin global mit dem Scheidungsvergleich vom 25. 3. 1980 31 F 133/80, im Zuge des Scheidungsverfahrens gemäß § 55a Ehegesetz mit allen daraus resultierenden Belastungen verglichen worden. Der Antragsgegner habe den Anspruch nach § 98 ABGB rückwirkend ab 1. 7. 1975, somit auch für einen Zeitraum vor der Eheschließung des Antragstellers (24. 10. 1975) geltend gemacht. Der Anspruch des Antragsgegners nach § 98 ABGB müsste daher in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung des Ausstattungsanspruchs einbezogen werden. Das Vorbringen des Antragsgegners sei als Außerstreitstellung der Behauptung des Antragstellers, dass dem Antragsgegner ein diesbezüglicher Anspruch zustehe, zu werten. Beide Vorinstanzen hätten sich über diese „Prozesserklärungen“ hinweggesetzt.

Diesen Ausführungen ist Folgendes zu entgegnen:

Der Antragsteller hat unter anderem vorgebracht, dass anlässlich der Ehescheidung im Jahre 1980 seinem Vater ab 1. 10. 1975 bis 31. 9. 1978 ein Betrag von monatlich 6.000 S für die Mitwirkung im Betrieb seiner Ehegattin zugesprochen worden sei (AS 7). Der Antragsgegner hat in seiner Äußerung zwar das im Revisionsrekurs wiedergegebene Vorbringen hinsichtlich des oben genannten Anspruchs erstattet, jedoch ausdrücklich erklärt, keine Abgeltung für seine Mitwirkung im Erwerb seiner Ehegattin erhalten zu haben (AS 13), sodass sich daraus keine Änderung der Bemessungsgrundlage für den Ausstattungsanspruch des Antragstellers ergebe.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Antragsgegner im Jahre 1975 Pensionsbezüge von 50.087,42 S netto erhielt und außer einem halbfertigen Einfamilienhaus, das auf einer von ihm und seiner Gattin im Jahre 1976 erworbenen Liegenschaft errichtet wurde, keine weiteren Vermögenswerte besitze.

Das Rekursgericht ging bei seiner rechtlichen Beurteilung von den Feststellungen des Erstgerichts aus und führte darüber hinaus aus, das Rekursvorbringen, dass der Antragsgegner sich „seit seiner Pensionierung in der Lebensmittelhandlung seiner Gattin als Geschäftsführer betätigt und seinen gesamten Lebensunterhalt aus Entnahme aus der Kassa bestritten hat“ habe unberücksichtigt zu bleiben, weil der Antragsteller diese Tatsachen erstmals im Rekurs vorgebracht habe. Die Rekursausführungen zu den Zahlungen der geschiedenen Gattin an den Antragsgegner aufgrund eines Scheidungsvergleichs aus dem Jahre 1980 seien, da diese nicht dem Einkommen des Antragsgegners im Jahre 1975 zugerechnet werden könnten, rechtlich unbeachtlich.

Eine Aktenwidrigkeit iSd § 16 AußStrG liegt nur vor, wenn das Rekursgericht den Inhalt einer Parteienbehauptung oder eines Beweismittels unrichtig wiedergegeben hat und dadurch zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt gelangte (EFSlg 39.779 uva). Einen solchen Verstoß des Rekursgerichts vermochte der Antragsteller jedoch in keiner Weise darzutun. Die Rechtsmittelausführungen des Antragstellers können aber auch nicht dem - nicht ausdrücklich geltend gemachten - Anfechtungsgrund der Nullität unterstellt werden. Selbst ein dem Rekursgericht allenfalls unterlaufender Verfahrensmangel - so etwa die Nichtbeachtung von im Rekurs vorgebrachten Neuerungen - könnte im Rahmen eines Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG nur aufgegriffen werden, wenn er in seinen Auswirkungen einer Nichtigkeit gleichkäme. Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil eine Außerstreitstellung in der Richtung, dass der Antragsgegner eine Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb seiner Ehegattin erhalten habe, nicht vorliegt, der Antragsgegner dies vielmehr ausdrücklich bestritten hat. Die Behauptung, dass der Antragsgegner sich seit seiner Pensionierung in der Lebensmittelhandlung seiner Gattin als Geschäftsführer betätigt und mit stillschweigender Zustimmung seiner Gattin seinen gesamten Lebensunterhalt aus Entnahmen aus der Kassa des Geschäfts bestritten habe, wurde erstmalig im Rekurs aufgestellt und steht im Widerspruch zum Vorbringen des Antragstellers in erster Instanz. Zutreffend hat das Rekursgericht diese Neuerung nicht berücksichtigt (EvBl 1974/226, 3 Ob 524/63 ua).

Soweit schließlich der Antragsteller vorbringt, die Ansprüche des Antragsgegners auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb seiner Ehegattin wären bei der Ermittlung des Einkommens des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Eheschließung des Antragstellers zu berücksichtigen gewesen, ist ihm Folgendes zu erwidern:

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass überhaupt kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg 42.327 uva). Ermessensentscheidungen können in diesem Sinne daher nicht offenbar gesetzwidrig sein, wenn nicht im Gesetz enthaltene Richtlinien verletzt wurden (EFSlg 42.331, 42.332 ua). Die Frage, wie die Höhe einer Ausstattung gemäß § 1231 ABGB im Einzelfall zu ermitteln ist, ist aber in den Vorschriften der §§ 1220 ff ABGB nicht ausdrücklich geregelt. Die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu treffende Lösung dieser Rechtsfrage durch die Vorinstanzen kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein (EFSlg 39.828, 3 Ob 514/84 ua).

Die Ermittlung des Vermögens des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Eheschließung des Antragstellers sowie die Frage, ob die ihm zur Verfügung stehenden Mittel ausreichten, um ihn zur Bestellung einer Ausstattung zu verpflichten oder davon zu befreien, konnten die Vorinstanzen ohne Verstoß gegen eine ausdrückliche Gesetzesnorm lösen, sodass im Rahmen der engen Anfechtungsvoraussetzungen des § 16 AußStrG kein Überprüfungsrecht des Obersten Gerichtshofs gegeben ist.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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