OGH 3Ob112/84

OGH3Ob112/843.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Schwinner, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien J***** und K*****, vertreten durch Dr. Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 1.220.000 S sNg, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Ried im Innkreis, als Rekursgericht vom 17. Juli 1984, GZ R 224/84‑6, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Bezirksgerichts Mauerkirchen vom 29. Mai 1984, GZ E 3033/84‑2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00112.840.1003.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Exekutionsbewilligungsbeschluss der ersten Instanz wiederhergestellt wird.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 18.339,04 S (darin 1.200 S Barauslagen und 1.558,09 S USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Lastenblatt der den Verpflichteten je zur Hälfte gehörenden Liegenschaft EZ ***** KG ***** ist aufgrund des Schuldscheins vom 15. 4. 1976 unter OZ 47 das Pfandrecht für eine Forderung des Landes Oberösterreich von 230.000 S sNg und eine Nebengebührenkaution von 23.000 S und unter OZ 48 die Beschränkung des Eigentumsrechts durch das Veräußerungsverbot zugunsten des genannten Bundeslandes einverleibt. Aus dem Schuldschein ergibt sich, dass das Darlehen aufgrund der Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (in der Folge als WBFG 1968 zitiert) gewährt wurde und dass es sich bei der einverleibten Eigentumsbeschränkung um ein Veräußerungsverbot nach § 22 Abs 1 leg cit handelt.

Unter den OZ 70 und 81 sind im selben Lastenblatt in den Rängen OZ 69 bzw 72 aufgrund der Pfandbestellungsverträge vom 1. 4. 1981 bzw vom 22. 7. 1981 Höchstbetragspfandrechte der A***** GesmbH bis zu 500.000 S bzw 720.000 S einverleibt. Aus den genannten Pfandbestellungsurkunden geht hervor, dass die Verpflichteten mit der Pfandgläubigerin aufgrund eines Kreditverhältnisses in Geschäftsverbindung standen und von der Pfandgläubigerin Geldkredite eingeräumt erhalten hatten oder in Zukunft eingeräumt erhalten sollten. Zur teilweisen Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverpflichtungen aller Art bis zu den genannten Höchstbeträgen, die der Gläubigerin gegen die Verpflichteten aus dem Kreditverhältnis bereits erwachsen waren oder in Hinkunft erwachsen sollten, verpfändeten die Verpflichteten ihre Liegenschaft.

Unter COZ 86 ist aufgrund der Vereinbarung vom 31. 3. 1982 die Beschränkung der Miteigentumsrechte durch das Veräußerungs‑ und Belastungsverbot gemäß „Erstens“ der Vereinbarung für M*****, geboren am *****, einverleibt.

Unter COZ 90 ist aufgrund der Pfandurkunde vom 19. 11. 1982 das Höchstbetragspfandrecht der A***** GesmbH bis 1 Mio S einverleibt.

Am 21. 5. 1984 beantragte die betreibende Partei gegen die Verpflichteten aufgrund des Anerkenntnisurteils des Handelsgerichts Wien vom 20. 9. 1983, GZ 14 Cg 57/83‑4, zur Hereinbringung eines Teilbetrags von 1.220.000 S und der Antragskosten die Bewilligung der Zwangsversteigerung der genannten Liegenschaft im Rang der zu COZ 70 und 81 einverleibten Pfandrechte.

Das Erstgericht bewilligte diese Zwangsversteigerung. Dagegen erhoben die Verpflichteten mit der Begründung Rekurs, die erwähnten Veräußerungsverbote würden die Zwangsversteigerung hindern. Da die betreibende Partei auf die exekutive Geltendmachung ihrer unter COZ 70 und 81 einverleibten Pfandrechte rechtswirksam verzichtet habe, könne sich die gegenständliche Exekution „nur auf das unter COZ 92 (richtig 90) folgende Pfandrecht“ beziehen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs statt und wies den Exekutionsantrag unter Zuspruch der Rechtsmittelkosten an die Verpflichteten wegen des den Pfandrängen COZ 70 und 81 vorgehenden Veräußerungsverbots zugunsten des Landes Oberösterreich ab. „Das Erstgericht hätte die Zwangsversteigerung nur dann bewilligen dürfen, wenn das Land Oberösterreich als Verbotsberechtigter der Zwangsversteigerung zugestimmt hätte oder wenn die betreibende Partei dargetan hätte, aus welchem Grund die Exekution trotz des Veräußerungsverbotes möglich sei.“

Dagegen richtet sich der auf Wiederherstellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses der ersten Instanz gerichtete, im Hinblick auf den 300.000 S übersteigenden Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts zulässige und auch begründete Revisionsrekurs der betreibenden Partei. Inhalt und Umfang des im WBFG 1968 vorgesehenen Veräußerungsverbots sind zunächst diesem Gesetz zu entnehmen (SZ 50/63; SZ 48/66; ImmZ 1975, 55; MietSlg 16.007; SZ 36/123 ua; Koziol‑Welser , Grundriß des bürgerlichen Rechts 6 II 37). Nach dessen § 22 Abs 1 hat der Liegenschaftseigentümer (Miteigentümer) ..., wenn die Errichtung oder Verbesserung einer Baulichkeit durch Gewährung eines Darlehens durch Annuitätenzuschüsse oder durch die Übernahme einer Bürgschaft für Hypothekardarlehen gefördert wurde, im Grundbuch ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes einverleiben zu lassen, das gegen Dritte wirkt und auch die Rechtsnachfolger bindet. Ist das Veräußerungsverbot einverleibt, so kann nach Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle das Eigentum (Miteigentum ...) an der Liegenschaft bis zur Tilgung des Darlehens, längstens für die Dauer von 20 Jahren, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden (in der Regel) nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes übertragen werden.

Der durch § 36 WBFG 1968 diesbezüglich aufrecht erhaltene § 26 WBFG 1954 bestimmt, dass der geförderte Liegenschaftseigentümer (Miteigentümer ...) ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes im Grundbuch einverleiben zu lassen hat, das gegen Dritte wirkt (Abs 1), und dass das Eigentum (Miteigentum ...) an der Liegenschaft, wenn das Veräußerungsverbot einverleibt ist, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes übertragen werden kann (Abs 2).

Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (SZ 50/63; MietSlg 16.007; SZ 36/123), dass das Veräußerungsverbot nach § 26 WBFG 1954 seinem ausdrücklichen Wortlaut nach nur ohne Zustimmung des Landes abgeschlossene Rechtsgeschäfte unter Lebenden, nicht aber Exekutionsmaßnahmen verhindern soll.

Dies gilt nach übereinstimmender Lehre ( Heller‑Berger‑Stix II 903; MGA EO 11 706; Spielbüchler in Rummel , ABGB, Rdz 18 zu § 364c) auch für das in dem § 26 WBFG 1954 vergleichbaren § 22 WBFG 1968 normierten Veräußerungsverbot.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht neben dem schon erwähnten, sich ausdrücklich nur auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden beziehenden Wortlaut des § 22 WBFG 1968 auch § 14 lit a leg cit, wonach das Darlehen ohne vorangegangene Kündigung sofort fällig gestellt und zurückgefordert werden kann, wenn hinsichtlich der verpfändeten Liegenschaft oder eines Teils derselben die Zwangsverwaltung oder die Zwangsversteigerung bewilligt wird. Das WBFG 1968 nimmt daher so wie das WBFG 1954 selbst auf die Möglichkeit der Einleitung einer Zwangsversteigerung trotz einverleibten Veräußerungsverbots Bedacht (vgl auch SZ 36/123; MietSlg 16.007).

Die vertretene Auffassung wird übrigens auch dem in der Regierungsvorlage zum WBFG 1968 angegebenen Zweck dieses Veräußerungsverbots, nämlich der „Hintanhaltung von Mißbräuchen mit den geförderten Objekten“ gerecht, der schon dann erreicht wird, wenn das Veräußerungsverbot nur für Rechtsgeschäfte unter Lebenden gilt.

Das (dem Befriedigungsrecht der betreibenden Partei vorangehende) Veräußerungsverbot zugunsten des Landes Oberösterreich nach § 22 Abs 1 WBFG 1968 steht daher entgegen der Meinung der zweiten Instanz der Bewilligung der Zwangsversteigerung für die betreibende Partei nicht entgegen.

Auch das zugunsten der M***** einverleibte Veräußerungs‑ und Belastungsverbot hindert die Bewilligung der Zwangsversteigerung zur Hereinbringung vorrangiger Hypothekarforderungen (einschließlich der Kosten des Exekutionsverfahrens) nicht (SZ 43/102; EvBl 1962/506; Heller‑Berger‑Stix II 1090 und 1093 f). Die Behauptung der Verpflichteten, die betreibende Partei habe auf die exekutive Geltendmachung der dem Veräußerungs‑ und Belastungsverbot der M***** vorgehenden Höchstbetragspfandrechte rechtswirksam verzichtet, ist eine im Rekursverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung.

Dass das vorrangige Veräußerungsverbot zugunsten des Landes Oberösterreich der beantragen Zwangsversteigerung nicht entgegensteht, ergibt sich bereits aus den Eintragungen COZ 47 und 48 des Hauptbuchs in Zusammenhalt mit dem in der Urkundensammlung erliegenden Schuldschein vom 15. 4. 1976 und musste daher im Exekutionsantrag nicht behauptet werden. Die Behauptung, dass das zugunsten M*****s einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot die Bewilligung dieser Zwangsversteigerung nicht hindert, ergibt sich daraus, dass die betreibende Partei im Exekutionsantrag auf ihre diesem Veräußerungs‑ und Belastungsverbot vorgehenden Pfandrechte hingewiesen hat.

Dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluss durch Wiederherstellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses der ersten Instanz abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 41 und 50 ZPO.

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