Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichts wird, soweit es das Begehren auf Leistung eines Unterhaltsbetrags ab 1. 5. 1983 betrifft, aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung
Die Streitteile, die beide tschechische Staatsangehörige sind, waren verheiratet. Der Beklagte verpflichtete sich mit einem vor dem Bezirksgericht Karvin geschlossenen Vergleich, der Klägerin ab 1. 6. 1976 einen monatlichen Unterhalt von 1.000 kcs zu bezahlen.
In ihrer am 23. 12. 1982 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin ab 1. 1. 1983 einen weiteren Betrag von 2.135 S. Zur Begründung brachte sie vor, sie sei mit dem Beklagten in aufrechter Ehe verheiratet und beziehe nur eine Invaliditätsrente von 880 kcs, das seien umgerechnet 580,80 S monatlich, während der Beklagte 7.261 S vierzehnmal im Jahr beziehe.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im Lauf des Verfahrens vor, die Ehe sei seit 29. 4. 1983 rechtskräftig geschieden. Er legte den Bescheid über die Anerkennung der ausländischen Ehescheidung vor. Die Klägerin erklärte hiezu: „Echt und richtig.“
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, der Beklagte beziehe nur eine Notstandshilfe von 5.500 S im Monat, nehme also ebenso wie die Klägerin Sozialleistungen des Staats in Anspruch. Eine Unterhaltsleistung nach § 91 des Gesetzes über die Familie vom 4. 12. 1963, Nr 94 (nach dieser Vorschrift hätten die Eheleute bei aufrechter Ehe eine gegenseitige Unterhaltspflicht, das Gericht bestimme auf Antrag den Umfang der Unterhaltspflicht so, dass das materielle und kulturelle Niveau beider Ehegatten grundsätzlich gleich sei) erscheine daher nicht gerechtfertigt. Ein Unterhaltsanspruch nach der Scheidung sei sicher nicht gegeben, da ein derartiger Anspruch schon bei aufrechter Ehe nicht gegeben sei. Überdies habe die Klägerin keine Umstände vorgebracht, wonach ihr auch nach der Ehescheidung ein Unterhaltsanspruch zustehen sollte.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Es führte aus, das Unterhaltsbegehren ab 1. 5. 1983 sei schon deshalb abzuweisen gewesen, weil die Klägerin vorgebracht habe, sie sei mit dem Beklagten in aufrechter Ehe verheiratet und leite daraus ihren Unterhaltsanspruch ab. Unter Hinweis auf eine Entscheidung eines tschechischen Gerichts, nach welcher zwischen einem Unterhaltsanspruch bei aufrechter und bei geschiedener Ehe zu unterscheiden sei und dem Gericht die Entscheidung über den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten verwehrt sei, wenn es gemäß § 91 des Familiengesetzes angerufen werde, gelangte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass das über den Zeitpunkt der Scheidung hinausgehende Begehren jedenfalls abzuweisen sei. Für den Zeitraum vor der Ehescheidung erachtete das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts aufgrund der geringen Leistungsfähigkeit des Beklagten als gerechtfertigt.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft das Urteil insoweit, als ihr Begehren für die Zeit vom 1. 5. 1983 bis 31. 12. 1985 abgewiesen wurde und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der klagenden Partei eine monatliche Unterhaltserhöhung von 2.135 S 32 mal beginnend mit 1. 5. 1984 zugesprochen wurde. Hilfsweise beantragt die Klägerin die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an die zweite Instanz.
Der Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Frage, ob aufgrund des Vorbringens der Klägerin Unterhalt nach der Ehescheidung zugesprochen werden könnte, nicht die Unterhaltsbemessung betrifft. Die Revision ist auch berechtigt.
Richtig ist wohl, dass die Klägerin in ihrer Klage vorbrachte, sie sei mit dem Beklagten in aufrechter Ehe verheiratet, was auch der damaligen Sachlage entsprach. Von Bedeutung ist jedoch nicht nur der Inhalt der Klage, vielmehr sind auch die in der Verhandlung abgegebenen, für das Klagebegehren erheblichen Erklärungen zu berücksichtigen. Daraus, dass die Klägerin, nachdem der Beklagte die erfolgte Ehescheidung vorgebracht und den Bescheid über deren Anerkennung vorgelegt hatte, die Erklärung abgab: „Echt und richtig“, ergibt sich, dass sie ihren Anspruch nicht ausschließlich auf den Bestand der Ehe stützte. Die Ehescheidung ist bei der Entscheidung daher genauso zu berücksichtigen, als ob sie von der Klägerin ausdrücklich vorgebracht worden wäre. Da die Klägerin schon in der Klage vorbrachte, sie beziehe nur eine Invalidenrente von umgerechnet 580,80 S monatlich, während der Beklagte 14 mal jährlich 7.261 S verdiene, behauptete sie, sie sei nicht fähig, sich zu erhalten, während der Beklagte die Fähigkeit und Möglichkeit habe, zum Unterhalt beizutragen. Im Vorbringen der Klägerin sind daher die für einen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach § 92 des hier gemäß § 18 Abs 1 Z 1 IPRG zur Anwendung gelangenden tschechischen Familiengesetzes erforderlichen Behauptungen enthalten. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das Gericht gemäß § 91 leg cit angerufen, kann somit nicht geteilt werden. Sie nannte keine gesetzliche Vorschrift, aus der sie ihren Unterhaltsanspruch ableitet (was auch nicht erforderlich ist) und brachte die Tatsachen vor, die für einen Unterhaltsanspruch während aufrechter Ehe, aber auch nach der Ehescheidung erforderlich sind. Eine Abweisung des Unterhaltsanspruchs ab der Ehescheidung nur wegen des Vorbringens der Klägerin ist daher nicht berechtigt. Aus diesem Grund wird das Berufungsgericht über das Unterhaltsbegehren der Klägerin ab dem Zeitpunkt der Ehescheidung neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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