OGH 3Ob85/84

OGH3Ob85/8412.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Warta, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Sicherungsexekutionssache der betreibenden Partei Esther P*****, vertreten durch Dr. Sepp Voitl, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Gernot Kusatz, Rechtsanwalt in Wels, wegen 475.000 S samt Nebengebühren, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Wels als Rekursgericht vom 30. Mai 1984, GZ R 407/84-9, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 29. März 1984, GZ 8 E 1106/84-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluss vom 15. 2. 1984 bewilligte das Kreisgericht Wels der betreibenden Partei aufgrund seines Versäumungsurteils vom 30. 1. 1984, 3 Cg 8/84, gegen die verpflichtete Partei zur Sicherung der Geldforderung von 575.000 S samt Nebengebühren die Exekution, unter anderem durch Pfändung der in der Wohnung der verpflichteten Partei in T*****, befindlichen Fahrnisse jeder Art und des sich bei der Firma T***** in W*****, befindlichen PKW, eines weißen Mercedes 200 C (richtig D).

Aufgrund dieser Exekutionsbewilligung wurden vom Erstgericht als Exekutionsgericht zu 8 E 1106/84 am 16. 3. 1984 ein Motorrad und ein weißer Mercedes 200 D gepfändet.

Am 21. 3. 1984 stellte der Verpflichtete beim Exekutionsgericht den Antrag, diese Exekution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bisher vollzogenen Exekutionsakte einzustellen, weil die betreibende Partei das Exekutionsbegehren zurückgezogen und auf die bewilligte Exekution verzichtet habe, was sich aus der dem Antrag angeschlossenen, gerichtlich beglaubigten Fotokopie eines zwischen den Parteien am 21. 3. 1984 abgeschlossenen (außergerichtlichen) Vergleichs ergebe.

Der in der bekämpften Entscheidung der zweiten Instanz wörtlich wiedergegebene, maschinschriftliche Vergleichstext ist handschriftlich mit „Esther P*****“ und „Johann P*****“ unterschieben.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag ohne Einvernehmung der betreibenden Partei mit gekürzter Urschrift und ordnete an, die Ausfertigung dieses Beschlusses in gekürzter Form mit der allgemeinen Bewilligungsstampiglie herzustellen.

Gegen diesen Einstellungsbeschluss erhob die betreibende Partei Rekurs, in dem sie die Abweisung des Einstellungsantrag des Verpflichteten beantragte. Der Vergleich sei keine unbedenkliche Urkunde iSd § 40 Abs 1 EO, weshalb eine Einvernehmung der betreibenden Parteien erforderlich sei. Diese Urkunde weise übrigens Widersprüche auf, weil aus ihr nicht hervorgehe, „ob es sich um eine Einstellung gemäß § 39 Z 6 EO handelt, oder ob lediglich das Verwertungsverfahren gemäß § 200 Z 3 EO einzustellen war“.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs Folge und änderte den Einstellungsbeschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es den Einstellungsantrag des Verpflichteten auf den Rechtsweg verwies.

Das Rekursgericht stellte nach der Aktenlage ua fest, dass die Parteien am 21. 3. 1984 den schon erwähnten Vergleich geschlossen haben.

Das Rekursgericht führte aus, dass es hier nur um den Einstellungsgrund nach § 39 Abs 1 Z 6 EO gehen könne, und zwar um einen Verzicht auf die Fortsetzung der Exekution. In analoger Anwendung des § 40 EO könne der Verpflichtete in einem solchen Fall die Einstellung der Exekution beantragen. Darüber könne ohne Einvernehmung des betreibenden Gläubigers entschieden werden, falls dessen Erklärung durch unbedenkliche Urkunden dargetan werde. Der außergerichtliche Vergleich vom 21. 3. 1984 sei keine solche unbedenkliche Urkunde, weil ihr keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme und weil sich aus ihr das Einverständnis der betreibenden Partei zur Einstellung der Exekution nicht zweifelsfrei ergebe, sodass der Parteiwille erforscht werden müsse. Deshalb sei der Verpflichtete mit seinen Einwendungen auf den Rechtsweg zu verweisen.

In seinem Revisionsrekurs beantragt der Verpflichte, den Beschluss der zweiten Instanz „aufzuheben“ und den Beschluss der ersten Instanz wiederherzustellen, weil der klar erklärte Wille der betreibenden Partei auf Einstellung dieser Exekution gerichtet gewesen sei.

Das nach § 78 EO und den §§ 528 Abs 2 Satz 1und 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

Der zweiten Instanz ist darin beizupflichten, dass es sich bei der mit dem Einstellungsantrag des Verpflichteten vorgelegten Urkunde um keine unbedenkliche Urkunde iSd § 40 Abs 1 letzter Satz EO handelt. Sie ist keine öffentliche Urkunde, sondern nur die gerichtlich beglaubigte Fotokopie einer auf neutralem Papier mit Schreibmaschine geschriebenen, mit den handschriftlichen Namen der Parteien unterfertigten, von äußeren Mängeln freien Privaturkunde, wobei allerdings die Echtheit der Unterschrift der betreibenden Partei nicht feststeht.

Schon deshalb kann von einer unbedenklichen Urkunde iSd § 40 Abs 1 letzter Satz (und § 44 Abs 2 Z 1) EO, also von einer Urkunde, der erhöhte Glaubwürdigkeit zukommen würde, nicht gesprochen werden (vgl Heller-Berger-Stix I 521 f und 553; EvBl 1974/266; 1966/456 ua).

Die vom Verpflichteten beantragte Einstellung der Exekution wäre ferner - abgesehen davon, dass es sich bei der mit dem Einstellungsantrag vorgelegten Urkunde um keine unbedenkliche Urkunde iSd § 40 Abs 1 letzter Satz EO handelt, - nur dann zulässig, wenn die im Punkt II. des Vergleichs vom 21. 3. 1984 enthaltene Erklärung der betreibenden Partei, sie „gewähre“ ua die Einstellung dieses Exekutionsverfahrens, so auszulegen wäre, dass dieses Exekutionsverfahren unabhängig von der Erfüllung der vom Einstellungswerber im Vergleichspunkt I. übernommenen Verpflichtung zur Zahlung von 200.000 S, davon 100.000 S bis 30. 6. 1984, eingestellt werden könnte.

Gegen eine solche Auslegung spricht aber der Vergleichspunkt IV., nach dem das Exekutionsverfahren für den Fall der Nichtzahlung der oben erwähnten 200.000 S zur Hereinbringung dieses Betrags bzw des allfälligen Restbetrags fortgesetzt wird. Dies lässt eher darauf schließen, dass das Exekutionsverfahren erst nach vollständiger Erfüllung der im Vergleichspunkt I. übernommenen Verpflichtung eingestellt werden soll.

Die Entscheidung über den Einstellungsantrag des Verpflichteten erscheint daher von der Ermittlung und Feststellung des streitigen Umstands, ob die betreibende Partei im Vergleichspunkt II. die Einstellung der Exekution sofort und unabhängig von der vollständigen Zahlung von 200.000 S oder nur für den Fall der Zahlung dieses Betrags „gewährt“ hat, abhängig.

Deshalb hat das Rekursgericht den Verpflichteten ohne Rechtsirrtum in analoger Anwendung des § 40 Abs 2 EO auf den Rechtsweg verwiesen (vgl Heller-Berger-Stix I 499 f, 506 f und 520 f).

Dem unbegründeten Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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