European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00596.840.0911.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs des Mag. M***** wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs der E***** wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Begründung:
E***** verstarb am *****. Er hinterließ zwei großjährige Töchter, nämlich I***** und E*****. Mit Testament vom 19. 7. 1971 hatte er I***** zur Alleinerbin seines Vermögens eingesetzt; E***** setzte er auf den Pflichtteil. I***** gab aufgrund dieses Testaments die unbedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab; E***** stellte im Verlassenschaftsverfahren zunächst keine Anträge. Die Erbserklärung der I***** wurde zu Gericht angenommen und der Nachlass nach E***** wurde ihr eingeantwortet.
Die Noterbin bekämpfte die Einantwortung mit Rekurs, in dem sie sinngemäß im Wesentlichen geltend machte, dass das Eigentumsrecht der Erbin an einer in den Nachlass fallenden Liegenschaft nicht zur Gänze einzuantworten sei, weil der Erblasser mit Wohnungseigentum verbundene Anteile daran den Söhnen der Noterbin Mag. M***** und C***** geschenkt habe, dass noch ein späteres Testament des Erblassers vorhanden sein müsse und dass der Erblasser Schenkungen gemacht habe, die bei Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen seien.
Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss diesen Rekurs der Noterbin zurück. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Noterbin, soweit sie behaupte, dass ein zwischen dem Erblasser und ihrem Sohn abgeschlossener Schenkungsvertrag unberücksichtigt geblieben sei, einen Sachverhalt geltend mache, der nicht in ihrer, sondern in der Rechtssphäre ihres Sohnes liege. Durch die Nichtberücksichtigung eines solchen Vertrags sei die Noterbin nicht in ihren Rechten verletzt worden. Ob ein späteres Testament des Erblassers vorliege, könne im Rechtsmittelverfahren nicht geprüft werden. Im Übrigen habe der Gerichtskommissär ohnehin eine Anfrage an das Zentrale Testamentsregister der Österreichischen Notariatskammer veranlasst, die ergeben habe, dass der Erblasser am 25. 7. 1967 ebenfalls ein Testament errichtet habe, das aber durch das nachfolgende Testament vom 19. 7. 1971 ungültig geworden sei. Ob und inwieweit die Beschränkung der Rechtsmittelwerberin auf den Pflichtteil gerechtfertigt sei, könne im Verlassenschaftsverfahren nicht geprüft werden. Der Rekurs der Noterbin sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse des Mag. M***** (Sohn der Noterbin) und der E***** (Noterbin) mit dem erkennbaren Antrag, den angefochtenen Beschluss zu beheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Mag. M***** ist unzulässig. Aus seiner behaupteten Stellung als Nachlassgläubiger lässt sich seine Rechtsmittellegitimation im Sinne des § 9 AußStrG nicht begründen. Die Rechte der Nachlassgläubiger ergeben sich aus den §§ 811 bis 815 und 822 ABGB sowie aus den §§ 135 und 136 AußStrG. Nur insoweit, als sie diese Rechte verfolgen, sind sie Beteiligte und können sie Verfügungen des Gerichts, die ihre Rechte beschneiden, bekämpfen; sonst haben sie auf den Gang des Verlassenschaftsverfahrens keinen Einfluss und daher auch kein Rekursrecht ( Welser in Rummel ABGB Rdz 1 zu § 811 ABGB und die dort zitierte Rechtsprechung; 3 Ob 549/84 ua). Durch die Verneinung der Rekurslegitimation seiner Mutter– und nur darüber wurde mit dem Beschluss des Rekursgerichts abgesprochen – wird aber in derartige Rechte des Mag. M***** nicht eingegriffen, sodass seine Legitimation zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung des Rekursgerichts zu verneinen ist.
Hingegen kann dem Revisionsrekurs der Noterbin Berechtigung nicht abgesprochen werden. Dem Noterben kommt im Verlassenschaftsverfahren Beteiligtenstellung zu. Er kann auch gegen die sogenannten Endbeschlüsse Rechtsmittel einlegen, ohne dass für deren Zulässigkeit eine Vorprüfung stattzufinden hätte, ob und inwieweit durch sie im besonderen Fall seine Interessen betroffen sind (SZ 24/284; JBl 1974, 212; SZ 47/12; EFSlg 37.208 ua). Ob die von der Noterbin geltend gemachten Rekursgründe eine Abänderung der bekämpften Verfügung des Erstgerichts erforderlich machen, ist keine Frage der Rechtsmittelzulässigkeit, sondern eine solche der bei Erledigung des zulässigen Rechtsmittels der Noterbin vorzunehmenden rechtlichen Beurteilung.
Der Beschluss des Rekursgerichts, dass die Rechtsmittellegitimation der Noterbin zu Unrecht verneint hat, musste daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Noterbin aufgehoben werden. Das Rekursgericht wird über das Rechtsmittel der Noterbin meritorisch zu entscheiden haben.
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