OGH 7Ob620/84

OGH7Ob620/8430.8.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Regina H*****, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner DDr. Ernst S*****, wegen Bestellung eines Heiratsguts, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 11. Mai 1984, GZ 2 b R 84, 85/84‑32, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 1. Februar 1984, GZ 3 Nc 181/82‑28, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00620.840.0830.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Jener Teil des Punktes I des angefochtenen Beschlusses, mit dem der Rekurs der Antragstellerin hinsichtlich der begehrten Wertsicherung zurückgewiesen wurde, wird behoben.

Dessen Punkt II Z 1 wird dahin abgeändert, dass an die Stelle des Betrags von 70.000 S ein Betrag von 120.000 S als Heiratsgut zu treten hat.

Im Punkt II Z 2 haben an die Stelle der dort genannten 14 Monatsraten 24 zu treten.

Im Punkt II Z 3 wird das abgewiesene Mehrbegehren von 180.000 S durch ein solches von 130.000 S ersetzt.

Mit ihrer Anfechtung des verbleibenden Teils des Punktes I des bekämpften Beschlusses wird die Antragstellerin auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Begründung:

Die am ***** geborene Antragstellerin ist die außereheliche Tochter des Antragsgegners. Sie hat am ***** den Arzt Dr. Wolfgang H***** geheiratet. Bis zu ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit erhielt sie vom Antragsgegner nur einen monatlichen Unterhalt von 500 S. Sie ist Krankenschwester und verdiente zum Zeitpunkt der Eheschließung monatlich durchschnittlich 11.228,32 S netto. Für die Wohnung musste sie monatlich 3.500 S und an Kreditrückzahlungen für einen PKW 2.000 S leisten. Sie war nicht in der Lage, Vermögen zu bilden.

Nicht mehr strittig ist, dass der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Eheschließung der Antragstellerin ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 43.206,82 S bezog. Er ist zu 109/1700 Anteilen Miteigentümer einer Liegenschaft in *****, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist. Außerdem ist er Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 1401 II KG *****, die mit einem Pfandrecht aus einem Kontokorrentkredit bis zum Höchstbetrag von 396.000 S belastet ist. Auf dem Grundstück, für das ein Bauverbot besteht, befindet sich ein Bienenhaus, das vom Antragsgegner als Wochenendhaus benützt wird.

Der Antragsgegner ist Vater dreier Töchter, die nichts verdienen und von denen die beiden älteren mit Studenten verheiratet sind, die ebenfalls kein Einkommen haben. Die jüngste Tochter besucht das Gymnasium. Die Ehegattin des Antragsgegners verfügt über kein Einkommen. Der Antragsgegner lebt von seiner Familie getrennt.

Während das Erstgericht der Antragstellerin unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 100.000 S ein Heiratsgut von 150.000 S, zahlbar in vierteljährlichen Raten zu je 30.000 S, zuerkannte, änderte das Rekursgericht diese Entscheidung im Sinne eines Zuspruchs von lediglich 70.000 S, zahlbar in 14 Monatsraten zu je 5.000 S, ab. Außerdem wies das Rekursgericht im Punkt I seiner Entscheidung den Rekurs der Antragstellerin insoweit zurück, als eine Wertsicherung für die vom Erstgericht zuerkannten Raten begehrt wurde. Die Zurückweisung begründete es damit, dass ein diesbezüglicher Antrag im Verfahren erster Instanz nicht gestellt worden sei. Rechtlich vertrat es den Standpunkt, bei der Bemessung des Heiratsguts könne die Liegenschaft in ***** kaum berücksichtigt werden, weil es sich hiebei nur um ein geringes Vermögen handle. Unter „Vermögen“ im Sinne des § 1220 ABGB sei aber auch ein Arbeitseinkommen zu verstehen, wenn dieses Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Kapitals ermögliche. Ein Dotierungsanspruch der Tochter besteht nur insoweit, als durch die Bestellung des Heiratsguts der anständige Unterhalt des Dotierungspflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht beeinträchtigt werde. Unter Berücksichtigung der sehr weitgehenden Unterhaltspflichten des Antragsgegners, erscheine ein Heiratsgut von 70.000 S angemessen, wobei die Abstattung dieses Betrags in monatlichen Raten zu ermöglichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs ist zum Teil gerechtfertigt.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin erfüllt der Rekurs des Antragsgegners gegen den erstgerichtlichen Beschluss gerade noch jene Erfordernisse, die zu seiner Berücksichtigung notwendig waren. Für den Inhalt einer Rechtsmittelschrift bestehen nämlich im außerstreitigen Verfahren keine besonderen Vorschriften (RZ 1957, 168). Der Rekurs ist hinlänglich ausgeführt, wenn die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung begehrt und angegeben wird, inwieweit sich der Rekurswerber für beschwert erachtet (JBl 1979, 41, JBl 1970, 381 ua). Hiebei muss die Abänderung nicht geradezu wörtlich begehrt werden. Es genügt vielmehr, wenn aus dem Inhalt der Rechtsmittelschrift genau erkennbar ist, was der Rechtsmittelwerber anstrebt. Nach dem Inhalt des Rekurses des Antragsgegners gegen den erstgerichtlichen Beschluss kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Antragsgegner eine Abänderung anstrebte, die ihn zur Gänze von der Zahlung eines Heiratsguts befreit.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichts war der Antrag auf Aufnahme einer Wertsicherung in die Entscheidung über die Ratenzahlung nicht unzulässig. Im außerstreitigen Verfahren hat nämlich der Richter ein sehr weitgehendes Ermessen bezüglich der Festsetzung der Zahlungsmodalitäten eines zu entrichtenden Heiratsguts. Er kann daher auch im Falle der Anordnung von Ratenzahlungen die Raten durch die Aufnahme einer Wertsicherungsklausel absichern, wobei allerdings die sich aus der Wertsicherungsklausel ergebenden Mehrbeträge nicht unmittelbar vollstreckbar sind (SZ 47/82). Lediglich der durch den ursprünglichen Antrag abgesteckte Rahmen darf durch die Entscheidung nicht überschritten werden. Im Hinblick auf die nur teilweise Stattgebung durch das Erstgericht und die Abweisung eines Mehrbegehrens von 100.000 S wäre auch im Falle der Aufnahme einer Wertsicherungsklausel der Rahmen des ursprünglichen Begehrens nicht überschritten worden, weshalb das vorerwähnte Begehren im Rekurs der Antragstellerin in deren im Verfahren erster Instanz gestellten Anträgen Deckung fand. Die Zurückweisung des diesbezüglichen Rekursantrags war daher verfehlt.

Was die Bemessung des Heiratsguts anlangt, kann auf die zutreffenden und vom Rekurswerber nicht bekämpften grundsätzlichen Ausführungen des Rekursgerichts verwiesen werden. Es ist daher auf die umfangreichen Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners entsprechend Bedacht zu nehmen. Andererseits kann aber seine Liegenschaft in ***** nicht unberücksichtigt bleiben. Es ist zwar richtig, dass der Wert dieser Liegenschaft durch die auf ihr lastende Hypothek wesentlich herabgemindert ist. Bei der Bemessung des Heiratsguts muss wohl auf die Leistungsfähigkeit des Dotierungspflichtigen Bedacht genommen werden. Erwirkt dieser aber einen Vermögenswert, so ist dieser Wert im Allgemeinen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Es geht daher nicht an, dessen Einbeziehung unter Hinweis auf mit dem Erwerb des Vermögenswerts verbundene Auslagen abzulehnen und darüber hinaus diese Auslagen vom Arbeitseinkommen abzuziehen. Dies würde nämlich im Ergebnis dazu führen, dass im Falle der kostspieligen Anschaffung von Vermögenswerten nicht nur diese Werte bei der Bemessung des Heiratsguts unberücksichtigt blieben, sondern darüber hinaus ihre Anschaffung auch noch zu einer Verringerung der übrigen Bemessungsgrundlage führen würde.

Geht man von diesen Erwägungen und dem hohen Einkommen des Antragsgegners aus, so ergibt sich, dass dessen Leistungsfähigkeit etwas günstiger einzuschätzen ist, als dies durch das Rekursgericht erfolgte. Allerdings darf auch hier nicht übersehen werden, dass die Unterhaltspflichten des Antragsgegners zu dem für die Bemessung maßgebenden Zeitpunkt überdurchschnittlich hoch waren. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint sohin ein Heiratsgut von 120.000 S angemessen, wobei dem Rekursgericht bezüglich der Bewilligung zur Abstattung in monatlichen Raten von je 5.000 S beizupflichten ist. Ungeachtet der grundsätzlichen Möglichkeit, die Raten durch eine Wertsicherungsklausel abzusichern, bestand hiefür im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit. Das Heiratsgut wurde unter Berücksichtigung der oberen Leistungsgrenze des Antragsgegners festgesetzt. Dafür, dass das Einkommen oder das Vermögen des Antragsgegners während der Laufzeit der Raten erheblich steigen würde, besteht kein Anhaltspunkt. Demnach würde die Aufnahme einer Wertsicherungsklausel dazu führen, dass der Antragsgegner über die ihm zumutbare Leistungsgrenze hinaus belastet werden würde.

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