European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00550.840.0704.000
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag der beklagten Partei, die klagende Partei zum Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung zu verhalten, wird abgewiesen.
Begründung:
Der Kläger ließ seinen PKW Citroen GS mit dem pol Kennzeichen ***** am 6. 9. 1978 und am 8. 9. 1978 bei dem Beklagten reparieren. Am 15. 9. 1978 erlitt er mit diesen Fahrzeug einen Verkehrsunfall mit Totalschaden.
Die auf den Ersatz des Schadens von 21.800 S sA gerichtete Klage begründete der Kläger damit, dass der Auftrag vom 6. 9. 1978 auf Behebung jener Mängel lautete, die die Verkehrs‑ und Betriebssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigten. Darüber hinaus hätte dem Beklagten bei der zweiten Reparatur an der Vorderachse das übermäßige Spiel an den unteren Schwingenbolzen links vorne auffallen müssen; diesen Fehler, der zum Herausspringen des linken unteren vorderen Kugelbolzen aus der Büchse als unfallsauslösend führte, hätte der Beklagte dem Kläger, der auf die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs vertraute, anzeigen müssen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt die Übernahme eines Auftrags zur Aufhebung aller die Betriebs‑ und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs gefährdenden Mängel; der Kläger habe vielmehr nur den Auftrag zur Behebung bestimmter defekter Teile erteilt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 18.700 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 3.100 S als überhöht ab. Es traf – zusammengefasst dargestellt – folgende Feststellungen:
Der Kläger brachte seinen Pkw in die Reparaturwerkstätte des Beklagten, weil die Bremsen quietschten. Vom Meister wurde ein sogenannter Schnellauftrag ausgefüllt. Handschriftlich wurde folgendes vermerkt:
„Links hinten Bremsklötze + Hydraulikölverlust kontrolliert, rechte und linke Bremsscheiben erneuern, links und rechts Bremssättel repariert. Bremse entlüftet – Achtung – Radlager vorne, Federkugeln vorne + beide hinteren Schwinglager defekt.“
Der Kläger unterfertigte den Schnellauftrag unter dem Vermerk: „Mit seiner Unterschrift erteilte der Kunde diesen Auftrag unter Anerkennung der Bestimmungen für die Ausführung von Instandsetzungsarbeiten an Kraftfahrzeugen. Bitte Barzahlung bei Abholung“.
Beim Abholen des Fahrzeugs wurde dem Kläger erklärt, dass die Bremsscheiben zu erneuern seien. Er erhielt eine Rechnung, welche inhaltlich mit dem Schnellauftrag übereinstimmte. Der Kläger schloss aus der Rechnung, dass die aufgezeigten Mängel am Fahrzeug als nächstes herzurichten seien, damit der PKW wieder verkehrstüchtig sei. Darauf hingewiesen wurde er mündlich nicht. Beim Abholen des PKW vereinbarte der Kläger sofort wieder einen neuen Termin, um die aufgezeigten Mängel reparieren zu lassen. Er ersuchte, nur unbedingt Notwendiges zu reparieren, weil er sich die Reparatur sämtlicher aufgezeigter Mängel nicht auf einmal leisten könne.
Am 8. 9. 1978 brachte der Kläger den PKW wieder zur Werkstätte des Beklagten. Es wurde neuerlich ein Schnellauftrag ausgefüllt. Diesmal nahm der Beklagte den Auftrag entgegen, weil der Meister beurlaubt war. Im Schnellauftrag finden sich folgende handschriftliche Vermerke:
„Vordere Radlager beider erneut, vordere Federkugeln erneuert, Schwingenlager rechts hinten defekt + Stabilisator.“ Der Kläger unterzeichnete den Schnellauftrag wie bereits am 6. 9. Als Gesamtsumme scheint im Schnellauftrag ein Betrag von 3.692,57 S auf. Hierüber erhielt der Kläger eine Rechnung, datiert mit 8. 9. 1978, worin dieselben Vermerke aufscheinen wie im Schnellauftrag. Der Beklagte hatte im Jahre 1978 drei Beschäftigte im Büro und ca 15 in der Werkstatt. Er arbeitete nicht selbst am PKW des Klägers.
Am 8. oder 9. 9. 1978 holte der Kläger seinen PKW wieder ab. Er erkundigte sich, ob er trotz der in der Rechnung aufgezeigten Mängel weiterfahren könne und diese erst nach einiger Zeit herrichten lassen könne, was bejaht wurde. Der Kläger hätte sich eine sofortige Reparatur nicht leisten können. Er vereinbarte wieder einen neuen Termin für weiteren Reparaturen. Zur Wahrung dieses Termins kam es jedoch nicht mehr.
Am 15. 9. 1978 fuhr der Kläger mit seiner Lebensgefährtin von Haid bei Schweinbach in Richtung Linz. Er hielt eine Geschwindigkeit von etwa 65 bis 70 km/h ein. Das Fahrzeug des Klägers ließ sich plötzlich nicht mehr lenken, weshalb es von der Fahrbahn nach links abkam, über eine Böschung stürzte und mit den Rädern nach oben liegen blieb. Der PKW kam deshalb von der Fahrbahn ab, weil der vordere linke Kugelbolzen der unteren Schwinge aus der Pfanne gesprungen war. Der Kugelbolzen wies an der Kugel sehr starke Anfressungen auf, woraus zu schließen war, dass sich über einen sehr langen Zeitraum bereits kein Fett mehr in der Verbindung zwischen Kugel und Pfanne befand. Der festgestellte Mangel an der Kugel, der Mangel an Fett und das vorhandene Spiel ergeben, dass ein Mechaniker, welcher die Radlager und die Federkugel erneuert, bei entsprechender Aufmerksamkeit einen ungewöhnlichen Verschleiß feststellen könnte. Eine genauere Überprüfung hätte dann sofort gezeigt, dass der Blechpreßteil gebrochen war und sich kein Fett mehr in der Verbindung befand. Da es sich um einen sogenannten Sicherheitsteil handelte, hätte bei Feststellung dieser Mängel der weitere Betrieb des Fahrzeugs ohne sofortige Reparatur untersagt werden müssen. Aus der Rechnung vom 6. 9. 1978 ergibt sich, dass im Bereich der Schwinge, des Kugelbolzens und der Pfanne Reparaturen vorgenommen worden waren. Bei einer genauen Überprüfung wäre für einen ausgebildeten Mechaniker das vorhandene Spiel bemerkbar gewesen.
Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass der Beklagte für die üblichen Kenntnisse einzustehen habe, wobei § 1299 ABGB den Grad der Diligenzpflicht besonders hervorhebe. Im Betrieb des Beklagten sei jener Bereich des Fahrzeugs untersucht worden, der in einem mangelhaften, nicht verkehrssicheren Zustand war. Daraus habe dem Kläger gegenüber eine Warnpflicht resultiert, der der Beklagte nicht nachgekommen sei. Gemäß § 1298 ABGB sei vom Verschulden des Beklagten, der gemäß § 1313a ABGB auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen habe, auszugehen. Den Beweis, dass ihn dennoch kein Verschulden treffe, habe er nicht erbracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen den stattgebenden Teil Folge, hob das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Berufungsanträge auf und sprach aus, dass das Verfahren in erster Instanz erst nach eingetretener Rechtskraft fortzusetzen sei (§ 519 Abs 1 Z 3, § 519 Abs 2 ZPO).
Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, dass der Werkunternehmer dem Besteller seine aufgrund zumutbarer Untersuchungen entstandenen Bedenken mitzuteilen und ihn dann zu warnen habe, wenn die Untersuchungen die Untauglichkeit oder Gefährlichkeit des Stoffes oder der Anweisung für das herzustellende Werk offenbaren. Dabei müsse klar zum Ausdruck kommen, dass aufgrund bestimmter Mängel des vom Werkbesteller zur Verfügung gestellten Stoffes oder der von ihm erteilten Ausführungsanleitungen des Werks misslingen könnte oder gar mit Sicherheit misslingen werde bzw gefährdet wäre. Die Warnung müsse also die Ursache und den Gewissheitsgrad des zu erwartenden Misserfolgs, soweit dies nach dem Fachwissen des Werkunternehmers erkennbar ist, enthalten. Die möglichst enge Umschreibung der Gefahren müsse auch deshalb verlangt werden, weil der Werkbesteller ansonsten das Risiko des Misslingens durch sein Bestehen auf den Stoff oder die Anweisung nicht in Kauf genommen hätte. Wende man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so sei zunächst die Feststellung des Erstgerichts von Bedeutung, wonach bei entsprechender Aufmerksamkeit ein Mechaniker, der die Radlager und die Federkugel (gegenständliche Reparatur) erneuert, einen ungewöhnlichen Verschleiß feststellen konnte. Diese Feststellungen könne nur so verstanden werden, dass aus Anlass der Reparatur am Radlager und der Federkugel bei entsprechender Aufmerksamkeit der ungewöhnliche Verschleiß an dem in der Nähe befindlichen Fahrzeugteil festzustellen gewesen wäre. Inwieweit dieser ungewöhnliche Verschleiß aber eine die Warnpflicht begründete Gefährlichkeit des Stoffes für das herzustellende Werk offenbarte, ergebe sich hingegen aus den Feststellungen des Erstgerichts nicht. Es bleibe im Tatsachenbereich die Frage offen, ob das Ausmaß des feststellbaren Spieles bereits in einem Maß einen ungewöhnlichen Verschleiß darstellte, dass er nicht mehr mit übermäßiger Abnützung des ansonsten besonders gesicherten Gelenks allein erklärt werden könnte, sondern einen – unter dem Gesichtspunkt des § 1299 ABGB betrachtet – sorgfältigen Fachmann veranlasst hätte, eine Gefährdung der Verkehrssicherheit in Betracht zu ziehen. In einem solchen Fall hätte der Werkunternehmer den Werkbesteller unter dem Gesichtspunkt warnen müssen. Diese Schlussfolgerung habe das Erstgericht (offenbar aufgrund des nachfolgend tatsächlich eingetretenen Unfalls) unterstellt, ohne dass tatsächlich hinreichend konkrete Verfahrensergebnisse und Feststellungen vorlägen. Insofern werde das Erstgericht das Verfahren durch neuerliches Befragen des Kfz‑Sachverständigen zu ergänzen haben.
Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Rekurs des Klägers, in welchem er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt oder die Entscheidung in der Sache selbst im Sinne der Bestätigung des erstgerichtlichen Urteils begehrt.
In der Rekursbeantwortung beantragt der Beklagte, dem Rekurs des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 526 Abs 2 ZPO als Rekursgericht bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rekurses an einen Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz nach § 519 Abs 1 Z 3 oder § 528 Abs 2 ZPO nicht gebunden.
Von entscheidender Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit ist die Rechtsfrage, ob und inwieweit der beklagte Mechaniker als Werkunternehmer verpflichtet war, den Kläger auf die Verkehrsuntüchtigkeit seines PKWs aufmerksam zu machen. Diesbezüglich hat sich das Berufungsgericht auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bezogen. Es genügt daher, auf weitere oberstgerichtliche Entscheidungen zu verweisen, wie sie etwa in SZ 45/75 oder SZ 52/15 veröffentlicht wurden und die unter entsprechenden Voraussetzungen ebenfalls die Haftung des Werkunternehmers bejahten. Inwiefern diese Rechtsgrundsätze nicht mit der Gesetzeslage im Einklang stehen sollen, wurde in dem Rekurs nicht ausgeführt. Es besteht für den erkennenden Senat auch kein Anlass, von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen.
Das Berufungsgericht erachtete im Grunde lediglich im Tatsachenbereich einzelne Fragen für aufklärungsbedürftig, weshalb es dem Erstgericht auftrug, im Sinne des von ihm dargelegten Standpunkts weiteren Fragen an den Sachverständigen zu stellen. Diesem Auftrag des Berufungsgerichts kann aber der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (JBl 1978, 479; SZ 50/15 ua).
Der vorliegende Rekurs war daher gemäß § 519 Abs 2 ZPO (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) nicht zuzulassen und sohin als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; die beklagte Partei hat in ihrer Rekursbeantwortung die Unzulässigkeit des Rekurses nicht geltend gemacht; die Rechtsmittelschrift war daher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich, was nach den zitierten Bestimmungen einen Kostenersatzanspruch ausschließt.
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