European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00580.840.0620.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss des Erstrichters ON 38 richtet.
Im Übrigen wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.
Begründung
Im vorliegenden Pflegschaftsverfahren wurde den mj Siegfried und Michaela Karl mit den Beschlüssen des Erstgerichts ON 30 und 31 gemäß den §§ 3 und 4 Z 1 UVG für die Zeit vom 1. 1. 1983 bis 31. 12. 1985 Unterhaltsvorschüsse in der Höhe von 1.000 S, bzw 800 S monatlich entsprechend den dem Vater mit dem Beschluss ON 5 vom 1. 4. 1976 auferlegten Unterhaltsbeträgen gewährt. In der Folge bewilligte das Erstgericht mit dem Beschluss ON 38 vom 19. 10. 1983 auf Antrag des Vaters die Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung auf je 300 S. Dieser Beschluss wurde der Bezirkshauptmannschaft (Jugendamt) Grieskirchen zugestellt, die bereits früher über gemeinsamen Antrag mit der Mutter zum besonderen Sachwalter für die Hereinbringung der Unterhaltsforderungen bestellt worden war (Beschluss ON 22 vom 9. 10. 1978); eine Zustellung des Unterhalts‑Herabsetzungsbeschlusses an die Mutter unterblieb. Nachdem das Jugendamt diesen Beschluss in Rechtskraft erwachsen hatte lassen, wurden über seinen Antrag mit den Beschlüssen ON 40 und 41 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses ON 42) auch die monatlichen Unterhaltsvorschüsse für die Zeit ab 1. 11.1983 auf je 300 S herabgesetzt. Erst diese Beschlüsse wurden der Mutter zugestellt, die nun sowohl dagegen als auch gegen den vorangegangenen Unterhalts‑Herabsetzungsbeschluss Rekurs erhob.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht diese Rekurse mit der Begründung als unzulässig zurück, dass nach § 9 Abs 2 UVG die Bezirksverwaltungsbehörde spätestens mit der Zustellung des Beschlusses, womit Vorschüsse gewährt werden, von Gesetzes wegen besonderer Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung von dessen Unterhaltsansprüchen sei und dass ab diesem Zeitpunkt der Mutter in Angelegenheiten der Unterhaltsfestsetzung keine Vertretungsbefugnis und Rechtsmittellegitimation mehr zustehe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Mutter erhobene Revisionsrekurs ist zum Teil nicht berechtigt und im Übrigen unzulässig.
Soweit die Mutter die Zurückweisung ihres Rekurses gegen den Beschluss ON 38 auf Herabsetzung der Unterhaltsleistungen des Vaters bekämpft, handelt es sich nicht um eine nach § 14 Abs 2 AußStrG unanfechtbare Entscheidung über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche im Sinn des Judikats 60 neu, sondern um eine anfechtbare verfahrensrechtliche Entscheidung (EvBl 1982/53, EFSlg 42.311 uva). Das Rekursgericht hat aber zutreffend erkannt, dass die Sondervorschrift des § 9 Abs 2 UVG zur Folge hat, dass ab der Zustellung des Beschlusses, mit dem Unterhaltsvorschüsse gewährt werden, alle zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der bevorschussten Kinder erforderlichen Rechtshandlungen nur noch der Bezirksverwaltungsbehörde als besonderem Sachwalter des Kindes zukommen und der bisherige gesetzliche Vertreter auch nicht neben der Bezirksverwaltungsbehörde zum Einschreiten in Unterhaltsfragen berechtigt ist. Der Oberste Gerichtshof hat dies in der vom Rekursgericht angeführten Entscheidung EvBl 1982/53 eingehend auch mit dem Hinweis auf die erklärte Absicht des Gesetzgebers begründet. Die Ausführungen des Revisionsrekurses geben keinen Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Wohl spricht das Gesetz nicht ausdrücklich aus, dass mit der gesetzlichen Bestellung der Bezirksverwaltungsbehörde zum besonderen Sachwalter die Rechte der Mutter in diesem Umfang erlöschen. Gerade das war aber die erklärte Absicht des Gesetzgebers, weil in der Frage der Vertretung des Kindes in den Angelegenheiten der Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche ab der Gewährung von Vorschüssen jede Doppelgeleisigkeit vermieden und die gesetzliche Vertretung in einer Hand vereinigt werden sollte (siehe wieder die Begründung der Entscheidung EvBl 1982/53). Der Rekurswerberin ist auch nicht dahin zu folgen, dass ihre familienrechtlichen Befugnisse durch die Bestimmungen eines Nebengesetzes nicht beseitigt werden konnten. Das besondere Gesetz konnte nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen dem allgemeinen derogieren. Der Oberste Gerichtshof hat keine Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit dieser Bestimmung. Die Bestellung der Bezirksverwaltungsbehörde zum besonderen Sachwalter zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist auch sonst im Gesetz vorgesehen (§ 198 Abs 3 ABGB) und dient – abgesehen von der hier zu vermeidenden Doppelgeleisigkeit – gerade der besseren Vertretung des Kindes in schwierigen Angelegenheiten (vgl Pichler in Rummel , ABGB, Rdz 8 zu §§ 196 bis 199). Ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht der Mutter zur Vertretung ihres Kindes gibt es nicht. Im Falle einer pflichtwidrigen Vertretung durch den besonderen Sachwalter stehen den Kindern allenfalls Amtshaftungsansprüche zu.
Die Entscheidung des Rekursgerichts über die Zurückweisung des Rekurses der Mutter gegen den erstgerichtlichen Beschluss auf Gewährung eines verminderten Unterhaltsvorschusses ist nach § 15 Abs 3 UVG unanfechtbar. Nach dieser Bestimmung ist gegen den Beschluss, mit dem über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen entschieden wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof unzulässig. Zu den danach unanfechtbaren Beschlüssen über die Gewährung von Vorschüssen gehören auch solche Beschlüsse, mit denen Unterhaltsvorschüsse eingestellt oder herabgesetzt werden (SZ 50/121, EvBl 1981/23 ua). § 15 Abs 3 UVG schließt jeden Rekurs an den Obersten Gerichtshof auch für den Fall aus, dass keine Sachentscheidung, sondern eine verfahrensrechtliche Entscheidung erging (RZ 1981/41, EvBl 1981/23 ua).
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