OGH 2Ob549/84

OGH2Ob549/848.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Margaretha S*****, vertreten durch Dr. Herma Morawetz, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Rudolf S*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Noverka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zahlung eines Benützungsentgelts, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 1984, GZ 43 R 1087/83-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 2. August 1983, GZ 5 Nc 17/82-22, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien sind seit 1937 verheiratet. Seit 1972 benützten sie eine ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft in Wien-Inzersdorf als Ehewohnung. Die Antragstellerin wohnt jedoch seit 1981 in einer Wohnung in Wien 12., deren Hauptmieterin sie ist. Sie ist nicht mehr willens, in die Ehewohnung, zu der ihr der Antragsgegner den Zutritt verwehrt, zurückzukehren.

Mit der Begründung, der Antragsgegner benütze die den Ehegatten je zur Hälfte gehörende Liegenschaft allein, begehrte die Klägerin ein monatliches Benützungsentgelt von 2.000 S, ab 1. 6. 1982.

Das Erstgericht erkannte den Antragsgegner schuldig, der Antragstellerin ein monatliches Benützungsentgelt von 2.000 S ab 1. 10. 1982 zu bezahlen. Es führte aus, nach ständiger Rechtsprechung könne die Benützung der Ehewohnung während des aufrechten Bestands der Ehe grundsätzlich nicht im außerstreitigen Verfahren nach § 833 ABGB nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten geregelt werden. Im vorliegenden Fall sei dennoch eine Benützungsregelung bzw der Zuspruch eines Benützungsentgelts möglich, weil die Liegenschaft durch das Verhalten der Ehegatten den Charakter einer Ehewohnung verloren habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es führte zur Rechtsfrage aus, eine Benützungsregelung hinsichtlich der Ehewohnung nach § 835 ABGB sei während des aufrechten Bestands der Ehe zwar nicht möglich, dies gelte aber nicht hinsichtlich anderer im Miteigentum von Ehegatten stehenden Sachen. Dem Erstgericht sei beizupflichten, dass die Liegenschaft den Charakter der Ehewohnung verloren habe. Es liege ein einem gesetzlichen Gebot widersprechender, von beiden Parteien aber gewollter und vom Gesetz auch nicht verbotener Zustand vor, der es trotz aufrechter Ehe gerechtfertigt erscheinen lasse, hinsichtlich der Liegenschaft, auch wenn diese früher als Ehewohnung gedient habe, eine Benützungsregelung zu treffen. Die gegenteilige Auffassung würde zum Ergebnis führen, dass der die gemeinsame Sache allein benützende Miteigentümer den anderen Teilhaber unter Hinweis darauf, es handle sich bei der Liegenschaft um die Ehewohnung, auf Dauer von jeder Nutzung ausschließen könnte, was mit den Bestimmungen der §§ 827 ff ABGB nicht in Einklang zu bringen wäre. Es widerspräche dem Wesen des Eigentums, wenn einem Miteigentümer die gemeinsame Sache zur Gänze ohne Ausgleichszahlung überlassen würde.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners. Er macht Nichtigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit geltend und beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil keiner der im § 16 AußStrG angeführten Anfechtungsgründe vorliegt.

Der Rechtsmittelwerber führt aus, die Antragstellerin habe keine Benützungsregelung beantragt, sondern lediglich die Bezahlung eines Benützungsentgelts. Der Entscheidung, mit der keine Benützungsregelung durchgeführt worden sei, fehle die Rechtsgrundlage, da ein Begehren von Benützungsentgelt ohne Benützungsregelung nur im streitigen Verfahren aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Miteigentümern erfolgen könnte. Sollte man trotzdem davon ausgehen, dass es sich um einen Antrag auf Benützungsregelung handle, so würde es sich um einen konstitutiven Akt handeln, sodass jedenfalls für die Zeit bis zur Beschlussfassung kein Benützungsentgelt festgestellt werden könnte. Offenbar gestützt auf die irrige Rechtsansicht, dass Benützungsentgelt ohne Benützungsregelung begehrt werden könne, seien die Vorinstanzen überhaupt nicht darauf eingegangen, dass allenfalls auch eine andere Benützungsmöglichkeit in Betracht gezogen werden müsse. Die Antragstellerin sei damit einverstanden, dass der Antragsgegner die Liegenschaft benütze. Dass die Überlassung der Liegenschaft an den Antragsgegner entgeltlich erfolgt sei, gehe aus den Tatsachenfeststellungen nicht hervor. Es gebe auch keinen Rechtsgrund, die Entgeltlichkeit dieser Benützungsüberlassung zu vermuten. Sollte die Antragstellerin mit der bestehenden Benützungsregleung, für die die Unentgeltlichkeitsvermutung bestehe, nicht einverstanden sein, müsste sie eine Benützungsregelung derart vorschlagen, dass dem Antragsgegner die alleinige Benützung gegen Bezahlung eines Entgelts gestattet werde. Sollte der Antragsgegner mit einer solchen Regelung nicht einverstanden sein, müsste die Antragstellerin einen Antrag auf eine derartige Benützungsregelung stellen. Unzulässig sei eine Antragstellung und eine Beschlussfassung, wie sie durch das Erstgericht erfolgt sei, da dieser Antrag und der Beschluss keine Benützungsregelung darstelle. Sollte die Antragstellerin einen diesbezüglichen Antrag einbringen, wäre der Antragsgegner dazu zu hören, insbesondere auch dazu, ob er die alleinige Benützung anstrebe oder eine andere Benützungsregelung vorschlage. Für den gegenständlichen Antrag sei daher die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs gegeben.

Hiezu ist Folgendes zu erwägen:

Auszugehen ist davon, dass die alleinige Benützung der Liegenschaft durch den Antragsgegner dem Willen beider Parteien entspricht. Für eine andere Regelung der Benützung besteht daher aufgrund dieses übereinstimmenden Willens kein Anlass. Besteht zwischen Miteigentümern Einigung darüber, dass nur einer von ihnen die gemeinsame Sache benützt, nicht jedoch auch über das Äquivalent für die Benützung der gemeinsamen Sache, dann fällt es nach der Rechtsprechung in den Aufgabenbereich des Außerstreitrichters, ein Benützungsentgelt festzusetzen (MietSlg 28.538 ua). Die Ansicht des Antragsgegners, die Festsetzung eines Benützungsentgelts im außerstreitigen Verfahren sei unzulässig, steht daher mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Widerspruch.

Wie auch die Vorinstanzen nicht verkannt haben, ist allerdings eine Benützungsregelung der Ehewohnung während des aufrechten Bestands der Ehe im außerstreitigen Verfahren nicht zulässig. Trotzdem hielten die Vorinstanzen eine Benützungsregelung bzw die Zuerkennung eines Benützungsentgelts im vorliegenden Fall deshalb für zulässig, weil die Liegenschaft nach dem übereinstimmenden Willen der Ehegatten den Charakter der Ehewohnung verloren habe. Diese Ansicht ist nicht offenbar gesetzwidrig, denn nach ständiger Rechtsprechung liegt offenbare Gesetzwidrigkeit iSd § 16 AußStrG nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass überhaupt kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg 42.327 uva). Mit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung steht die Rechtsansicht der Vorinstanzen aber nicht im Widerspruch.

Auch der Zuspruch des Benützungsentgelts für die Vergangenheit ist mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht offenbar gesetzwidrig.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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