OGH 7Ob551/84

OGH7Ob551/8419.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Kaspar A*****, vertreten durch Dr. Reinhold Steger, Rechtsanwalt in St. Johann in Pongau, wider die Antragsgegnerin Maria A*****, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 9. Februar 1984, GZ 33 R 568/83‑28, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 30. Juni 1983, GZ F 3/81‑23, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00551.840.0419.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der in seinen übrigen Teilen bestätigt wird, wird bezüglich der Höhe der Ausgleichszahlung dahin abgeändert, dass diese mit 150.000 S anstatt mit 300.000 S festgesetzt wird.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof werden gegeneinander aufgehoben.

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 6. 5. 1980, 9 Cg 38/78‑21, aus beiderseitigem, jedoch überwiegendem Verschulden des Antragstellers geschieden. Das Mitverschulden der Antragsgegnerin lag in der Vernachlässigung der Haushaltsführung, während das Verschulden des Antragstellers in wiederholten Beschimpfungen und Tätlichkeiten bestand. Eine dieser Tätlichkeiten führte auch zu einer rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers wegen Gattenmisshandlung.

Die Eheschließung erfolgte am 11. 12. 1948, nachdem die Antragsgegnerin bereits zwei Kinder vom Antragsteller zur Welt gebracht hatte. In den Jahren 1949, 1956, 1957 und 1962 wurden vier weitere Kinder geboren.

Schon seit der Geburt des ersten Kindes lebten die Streitteile in Lebensgemeinschaft auf der Landwirtschaft der Eltern der Antragsgegnerin. Etwa 1959 bezogen sie eine Wohnung im Hause einer Nachbarfamilie. Der Antragsteller war als Bauschlosser berufstätig und verdiente für die damaligen Verhältnisse gut. Sein Einkommen war dem eines höheren Beamten vergleichbar.

Die Antragsgegnerin hatte ursprünglich unentgeltlich auf dem Anwesen ihres Vaters gearbeitet. Schließlich übereignete ihr ihr Vater mehrere Grundstücke, darunter auch die Parzelle Nr 199 KG *****, auf der die Streitteile ab dem Jahre 1954 in gemeinsamer Arbeit jenes Haus errichteten, das ihnen in der Folge als Ehewohnung diente. Dieses Haus hat einen Wert von 601.270 S. Die finanziellen Aufwendungen für den Hausbau trug im Wesentlichen der Antragsteller. Die Antragsgegnerin, die sich auch der Kindererziehung widmen musste, steuerte zum Hausbau, außer ihrer Arbeitsleistung, ca 38.000 S bis 44.000 S bei. Beim Hausbau setzte sich die Antragsgegnerin teilweise extremen Strapazen aus.

Der Antragsteller ist 60 Jahre alt und hat bereits den Antrag auf Gewährung einer Alterspension gestellt. Er arbeitete zuletzt als Betriebsschlosser mit einem monatlichen Einkommen von 8.000 S, wovon er 2.000 S an Unterhalt an die Antragsgegnerin zu leisten hat.

Die Antragsgegnerin wohnt derzeit bei Bekannten und bezieht außer dem Unterhalt lediglich eine monatliche Sozialhilfe von 1.400 S. Durch Gelegenheitsarbeiten verdient sie zusätzlich etwa 1.700 S monatlich. Außer der streitgegenständlichen Liegenschaft hat sie kein Vermögen. Eine Ausgleichszahlung für die Ehewohnung könnte sie nur mit Hilfe ihrer Tochter aufbringen.

Die Liegenschaft ist nicht mit Pfandrechten belastet.

Entgegen dem Antrag des Antragstellers auf Zuweisung des Hauses an ihn haben die Untergerichte dieses der Antragsgegnerin zugewiesen (das Erstgericht allerdings nur in seiner Begründung). Das Erstgericht sprach dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung von 330.000 S zu, das Rekursgericht eine solche von 300.000 S. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Rekursgericht für zulässig.

Der von der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs ist teilweise gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Nichtigkeit kann schon deshalb nicht gegeben sein, weil die Antragsgegnerin die Auferlegung einer Ausgleichszahlung durch das Erstgericht grundsätzlich nicht bekämpft, sondern im Gegenteil in ihrem Rekurs gegen die erstgerichtliche Entscheidung selbst die Verpflichtung zur Leistung einer Ausgleichszahlung, allerdings in der eingeschränkten Höhe von nur 100.000 S beantragt hat. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, inwieweit das Gericht im Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens berechtigt ist, dem Antragsteller anstelle der begehrten Zuweisung der Ehewohnung eine Ausgleichszahlung zuzuerkennen.

Da die Antragsgegner lediglich die Höhe der festgesetzten Ausgleichszahlung bekämpft und deren Herabsetzung auf 100.000 S verlangt, muss nur zur Bemessung dieser Zahlung Stellung genommen werden. Hiebei ist, wie die Antragsgegnerin selbst erkennt, von den getroffenen Feststellungen, insbesondere auch bezüglich des Werts des strittigen Hauses, auszugehen.

Richtig ist, dass gemäß § 83 Abs 1 EheG in Verbindung mit § 94 Abs 1 EheG bei der Festsetzung einer allfälligen Ausgleichszahlung vom billigen Ermessen auszugehen ist, wobei besonders auf Gewicht und den Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens Bedacht zu nehmen ist. Im Rahmen der Billigkeitserwägungen soll der Richter darauf achten, dass die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise geregelt werden (RZ 1983/16, EvBl 1982/113, JBl 1981, 429 ua). Eine Aufteilung des Vermögens im Verhältnis 50 : 50 ist zwar nicht ausgeschlossen, doch schließen die anzustellenden Billigkeitserwägungen einen Grundsatz dahin aus, dass die Aufteilung in der Regel nach diesem Verhältnis vorgenommen werden muss (EvBl 1982/113, EvBl 1981/71 ua). Dagegen kann die Verschuldensentscheidung im Eheverfahren im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht zu einem Instrument der Bestrafung bzw Belohnung für ehegerechtes oder ehewidriges Verhalten machen wollte, nur eine untergeordnete Rolle spielen (EvBl 1981/49 ua). Insbesondere bei der Festsetzung einer Ausgleichszahlung darf die Verschuldensentscheidung nicht zu stark in Anschlag gebracht werden.

Bei der Entscheidung ist schließlich zu berücksichtigen, dass dem vormaligen Ehegatten die bisherige Lebensgrundlage möglichst bewahrt und der Beginn eines neuen Lebensabschnitts tunlichst erleichtert werden soll (SZ 54/114, EvBl 1981/71 ua).

Geht man von den aufgezeigten Grundsätzen aus, erscheint tatsächlich die vom Rekursgericht festgesetzte Ausgleichszahlung zu hoch. Die Streitteile haben in gleicher Weise ihre Arbeitskraft für die Errichtung des Hauses zur Verfügung gestellt. Zwar stammten die finanziellen Leistungen überwiegend vom Antragsteller, doch kann nicht zur Gänze unberücksichtigt bleiben, dass die Grundlage für den Hausbau von der Antragsgegnerin durch Zurverfügungstellung des Baugrundes geschaffen wurde. Hiezu kommt, dass die Antragsgegnerin den vollen Einsatz des Antragstellers für den Hausbau wesentlich dadurch erleichterte, dass sie nicht nur den Haushalt führte, eine ungewöhnlich große Anzahl von Kindern großzog, sondern auch bei der Errichtung des Hauses tatkräftig aushalf. Schon dies zeigt aber, dass eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 kaum den Gegebenheiten entspricht. Dazu kommt die wesentlich bessere finanzielle Situation des Antragstellers. Dieser hat bisher ein zumindest durchschnittliches Einkommen bezogen und kann auch in Zukunft mit einem regelmäßigen Pensionseinkommen rechnen. Demgegenüber ist die Antragsgegnerin auf den Unterhalt durch den Antragsteller, eine kleine Sozialleistung und allfällige Einkünfte aus Gelegenheitsarbeiten angewiesen. Alle diese Umstände lassen es gerechtfertigt erscheinen, die Ausgleichszahlung erheblich unter der Hälfte des Wertes des Hauses festzusetzen. Allerdings erscheint eine Festsetzung mit dem von der Antragsgegnerin begehrten Betrag nicht vertretbar. Wenn auch eine allzu drastische Verminderung der Lebensverhältnisse der ehemaligen Ehegatten vermieden werden soll, kann dies doch nicht soweit gehen, dass ein Ehegatte unter Hinweis auf die Vermögens‑ und Einkommenslosigkeit des anderen Ehegatten nahezu entschädigungslos zur Aufgabe seiner Wohnung verhalten werden soll. Schließlich müssen auch die Interessen des weichenden ehemaligen Ehegatten berücksichtigt werden. Immerhin muss der Antragsteller im Hinblick auf die Zuweisung des Hauses an die Antragsgegnerin Aufwendungen für eine Ersatzwohnung tätigen. Dass solche Aufwendungen nicht unterschätzt werden dürfen, ist allgemein bekannt.

Nach den obigen Ausführungen kann die Verschuldensentscheidung nur ausnahmsweise Einfluss auf die Festsetzung einer Ausgleichszahlung haben. Das beiderseitige Verschulden der Streitteile an der Ehezerrüttung steht aber im vorliegenden Fall in keinem derartigen Missverhältnis zueinander, dass die Verschuldensentscheidung eine entscheidende Rolle bei der Festsetzung der Höhe der Ausgleichszahlung spielen könnte. Eine Ausgleichszahlung in Höhe von 150.000 S ist daher angemessen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 254 AußStrG. Es wäre unbillig, die den beiden Streitteilen durch die vorliegende Entscheidung auferlegten Lasten noch um die Verfahrenskosten zu vermehren. Bereits bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung wurde auf Billigkeitserwägungen jener Betrag ermittelt, der dem einen Teil (Antragsteller) ohne weitere Belastung zukommen soll.

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