OGH 7Ob537/84

OGH7Ob537/8422.3.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers A***** T*****, vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) H***** M*****, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr. Kurt Lindenthaler, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Dipl.‑Ing. E***** G*****, wegen Bestellung eines Verwalters infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. November 1983, GZ 43 R 1029/83‑9, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. Juli 1983, GZ 6 Nc 366/83‑5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00537.840.0322.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen des Antragstellers sind die Parteien Miteigentümer der Liegenschaft EZ 1501 KG ***** mit dem Haus in der *****, und zwar der Antragsteller zu 1/24, die Erstantragsgegnerin zu 13/24 und der Zweitantragsgegner zu 5/12‑Anteilen. Die Miteigentümer sind sich über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache durch einen gemeinsamen Verwalter einig. Ursprünglich verwaltete die Liegenschaft die Firma T*****. Die Mehrheitseigentümerin (Erstantragsgegnerin) übertrug jedoch in der Folge die Verwaltung dem E***** H*****.

Der Antragsteller behauptet, dass E***** H***** faktisch keine Verwaltungsakte setze. Die Mehrheitseigentümerin habe den von ihr eingehobenen Mietzins sich selbst zugeführt und nicht abgerechnet. Es sei bereits zu Beitragsrückständen bei der Wiener Gebietskrankenkasse und zu Bauaufträgen sowie zu Exekutionsmaßnahmen gegen den Antragsteller gekommen. Gestützt auf diese Behauptungen begehrt der Antragsteller die Bestellung eines anderen Verwalters sowie die einstweilige Verfügung der vorläufigen Bestellung der Firma T***** zum Verwalter der Liegenschaft.

Das Erstgericht wies beide Anträge mit der Begründung ab, dass nach § 836 ABGB über die Aufwahl der Person des Verwalters einer gemeinschaftlichen Sache die Mehrheit der Stimmen entscheide. Erst wenn ein Mehrheitsbeschluss nicht zustande komme, habe der Richter im Außerstreitverfahren eine Entscheidung über die Auswahl zu treffen.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss. Es teilte den Rechtsstandpunkt des Erstgerichts. Auch wenn nur die Person des Verwalters gewechselt werden soll, liege ein Anwendungsfall des § 836 ABGB vor, sodass darüber die Mehrheit zu entscheiden habe. Nur bei Stimmengleichheit könne der Außerstreitrichter angerufen werden. Werde das Begehren der Minderheit auf Entfernung des von ihr aus welchen Gründen immer abgelehnten Verwalters von der Mehrheit abgelehnt, stehe der Minderheit nicht das Recht zu, sich an den Richter um Abhilfe zu wenden. Die „bloße Untätigkeit“ der Erstantragsgegnerin könne daran nichts ändern, weil ihre Rechte vom Abwesenheitskurator ausgeübt würden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig.

Nach § 16 AußStrG ist im außerstreitigen Verfahren gegen eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz ein weiterer Rechtszug an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz‑ oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität zulässig. Der Rechtsmittelwerber behauptet eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Der Fall, dass eine Mehrheit nicht zustande komme, liege nicht nur bei Stimmengleichheit vor, sondern auch dann, wenn es zu keinem Beschluss komme, weil die Miteigentümer an einer Beschlussfassung nicht mitwirken wollten. Da die Mehrheitseigentümerin auf die Aufforderung des Antragstellers dem Hausverwalter die Vollmacht zu entziehen nicht reagiert habe, sei davon auszugehen, dass sie an der Beschlussfassung nicht teilnehmen wolle.

Mit diesen Ausführungen macht der Rechtsmittelwerber lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Der Begriff der offenbaren Gesetzwidrigkeit ist dem der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gleichzusetzen. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, dass kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (MietSlg 34.798; SZ 44/180 ua).

Der § 836 ABGB, auf den sich die Vorinstanzen und auch der Rechtsmittelwerber stützen, lautet: Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sache zu bestellen, so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter. Klar ist, dass diese Bestimmung nur die Auswahl der Person des Verwalters regelt und die Entscheidung darüber, ob ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sache zu bestellen ist, bereits voraussetzt (vgl Gamerith in Rummel ABGB Rdz 1 zu § 836). Bestimmungen darüber, wie die Mehrheitsbildung zu erfolgen hat, fehlen im Gesetz. Es bleibt insbesondere offen, ob eine förmliche Beschlussfassung erfolgen muss und ob dieser eine Beratung vorauszugehen hat. Es wird daher auch der Standpunkt vertreten, dass weder eine Versammlung noch eine Abstimmung der gleichzeitig anwesenden Miteigentümer erforderlich sei und jeder, in welcher Form auch immer, und auch ein konkludent gefasster Willensentschluss der Mehrheit genüge (MietSlg 22.062; Gamerith aaO Rdz 10 zu § 833). Der Begriff des „Abganges“ der Mehrheit kann sowohl im Sinne einer Stimmengleichheit (vgl SZ 18/18) als auch im Sinne einer Nichtbeteiligung von Miteigentümern verstanden werden. Das Rekursgericht ging aber davon aus, dass eine konkludente Willensäußerung der Mehrheitseigentümerin vorliege, weil deren Rechte durch den Abwesenheitskurator ausgeübt würden. Die Bejahung der Zulässigkeit einer schlüssigen Mehrheitsbildung nach § 831 ABGB kann nach den obigen Darlegungen über den Begriff des vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Anfechtungsgrundes nicht offenbar gesetzwidrig sein. Dies gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten als konkludente Willensäußerung anzusehen ist.

Demgemäß ist der Rekurs zurückzuweisen.

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