OGH 7Ob514/84

OGH7Ob514/8416.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand K*****, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Wulf Kern, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (Streitwert 32.640 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. September 1983, GZ 41 R 466/83‑29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 7. Februar 1983, GZ 5 C 1062/81‑22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00514.840.0216.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Klägers hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses Wien *****, in dem er dem Beklagten ein Geschäftslokal vermietet hat. Vor Abschluss des Mietvertrags hat er sich beim Beklagten mehrmals erkundigt, welche Waren dieser zu führen gedenke, worauf der Beklagte jeweils geantwortet hat, er wolle ein Wäschegeschäft mit Nähzubehör, Hemden und damit im Zusammenhang stehenden Waren betreiben. Als der Kläger diesen Gegenstand des Geschäfts in den Mietvertrag aufnehmen wollte, verlangte der Beklagte den Zusatz „Waren aller Art“ und zwar mit der Begründung, diese Formulierung stehe in seinem Gewerbeschein. Dass er tatsächlich die Absicht hatte, ein Geschäft mit Sex‑ und Pornoartikeln zu betreiben, verschwieg er. Der Kläger hätte dem Betrieb eines solchen Geschäfts nicht zugestimmt. Tatsächlich betreibt der Beklagte nunmehr ein derartiges Geschäft.

Die Untergerichte haben der Räumungsklage mit der Begründung stattgegeben, im Verschweigen des tatsächlichen Geschäftsgegenstands durch den Beklagten, obwohl diesem bewusst war, dass der Kläger auf den Geschäftsgegenstand entscheidenden Wert legte, sei eine listige Irreführung zu erblicken, weshalb der Rücktritt des Klägers vom Vertrag gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands zwar 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und erklärte die Revision für zulässig.

Die vom Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 641/79 (MietSlg 31.084), erachtete jedoch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision deshalb als gegeben, weil es sich bei der genannten Entscheidung um einer bisher vereinzelt gebliebene handle, der ein nicht zur Gänze gleicher Sachverhalt zugrunde gelegen sei.

Wenn schon der Umstand, dass bisher erst in einer Entscheidung zu den wesentlichen Rechtsfragen Stellung genommen worden ist, die Revision nicht auf jeden Fall zulässig erscheinen lässt, insbesondere dann nicht, wenn, wie bei der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung, einerseits noch kein langer Zeitraum seit ihrer Fällung verstrichen ist und andererseits die wesentliche Rechtsfrage in ihr eingehend behandelt wurde, lag auch der erwähnten Vorentscheidung in Wahrheit ein praktisch gleichgelagerter Fall zugrunde. Dass der dortige Sachverhalt in jedem unwesentlichen Detail mit dem nunmehr zur Entscheidung stehenden identisch ist, kann nicht gefordert werden. Die Abweichungen des Sachverhalts der Vorentscheidung vom vorliegenden betreffen nur Umstände, die für die Lösung der wesentlichen Rechtsfrage ohne Bedeutung sind. Im Übrigen ist es lediglich für die Frage des Betriebs eines Geschäfts mit Sex‑ und Pornoartikeln richtig, dass außer der erwähnten Entscheidung keine Vorjudikatur auffindbar ist. Hiebei handelt es sich jedoch nicht um die für die Entscheidung wesentliche Rechtsfrage. Diese betrifft vielmehr die Prüfung der Grundsätze, unter denen im Verschweigen eines Umstands eine listige Irreführung gelegen sein kann. Diesbezüglich gibt es bereits mehrere Vorentscheidungen. Die vom Berufungsgericht angeführte Entscheidung stützt sich selbst auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 524/79 (SZ 52/22), die die vom Berufungsgericht übernommene Rechtsansicht ausführlich begründet. Da der Oberste Gerichtshof nicht die Absicht hat, von dieser Rechtsansicht abzugehen, besteht keine Notwendigkeit nach einer neuerlichen Befassung mit dieser Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO, wobei davon auszugehen war, dass der Kläger den Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht bekämpft hat und daher die Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente.

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