OGH 5Ob7/83

OGH5Ob7/8322.11.1983

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Johannes Gadzinski, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) H***** R*****, und 2) I***** R*****, beide wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr. Heinz Klocker, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 969.000 S sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Jänner 1983, GZ 2 R 365/82‑24, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 9. September 1982, GZ 3 Cg 1000/82‑17, infolge Berufung der beklagten Parteien aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00007.830.1122.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Dem Gericht zweiter Instanz wird aufgetragen, über die Berufung der Beklagten unter Abstandnahme von dem gebrauchten Aufhebungsgrund neuerlich zu entscheiden.

Die Kosten des Rekurses hat die Klägerin selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die beiden Beklagten haben von der Klägerin 178/1950 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs über die KatGem D***** gekauft, mit denen das Wohnungseigentum an dem Haus Top Nr B 8 in der A*****‑Gasse *****, verbunden ist. Auf den vereinbarten Kaufpreis von 1.669.000 S haben sie bisher nur 700.000 S bezahlt.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der beiden Beklagten zur Zahlung des restlichen Kaufpreises und des vereinbarten Pauschalkostenbeitrags (16.690 S), das sind insgesamt 985.690 S samt stufenweise berechneter Zinsen.

Die Beklagten begehrten die Abweisung der Klage und wendeten ua auch ein, dass sie infolge verschiedener Baumängel, die bisher trotz Urgenz nicht behoben worden seien, zur Zurückbehaltung des restlichen Entgelts berechtigt seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, dass dem Kaufobjekt mehrere Baumängel anhafteten ‑ auf die Darstellung dieser Mängel im Ersturteil wird verwiesen ‑, die teils Bagatellcharakter ohne nachteilige Folgen, teils aber Erheblichkeit mit schädlichen Folgen bei Unterbleiben ihrer Behebung hätten und ‑ von der Reparatur des Dachfensters abgesehen ‑ bis Schluss der Verhandlung erster Instanz trotz Urgenz der Beklagten nicht behoben worden seien. Das Erstgericht zog den rechtlichen Schluss, dass die Beklagten ihren Gewährleistungs-verbesserungsanspruch der Leistungsklage der Verkäuferin nicht entgegenhalten dürften.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten im Umfange der Anfechtung (die Entscheidung des Erstgerichts über die Teilforderung von 16.690 S samt 4 % Zinsen seit 1. 9. 1980 wurde mangels Anfechtung rechtskräftig) Folge: Es hob das Urteil des Erstgerichts in diesem Umfange auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung mit dem Auftrag, das Verfahren erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen, in die erste Instanz zurück. Es äußerte ua die Rechtsansicht, dass die Beklagten zwar die Mangelhaftigkeit des Kaufobjekts rechtzeitig gerügt hätten und dass ihnen, weil es sich um einen Kaufvertrag handle, das Zurückbehaltungsrecht in Ansehung des geschuldeten Kaufpreises nur in jenem Ausmaße zustehe, das zur Erfüllung der Gewährleistungsansprüche voraussichtlich hinreichen werde; es sei deshalb zur richtigen Beurteilung des Ausmaßes ihres Zurückbehaltungsrechts (bzw des voraussichtlichen Behebungsaufwands) die umfassende Feststellung des tatsächlichen Mängelvolumens erforderlich.

Der Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Berufungsgerichts zwingt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, allerdings mit einem von ihr nicht angestrebten Ergebnis.

Es ist nunmehr völlig herrschende Rechtsprechung, dass sowohl dem Käufer einer Sache als auch dem Besteller eines Werks zur Durchsetzung eines (Gewährleistung‑)Verbesserungsanspruchs die gesamte geschuldete eigene Leistung (Kaufpreis bzw Werklohn) bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrags (di die Verbesserung) gemäß § 1052 ABGB zurückbehalten darf (JBl 1974, 146; 3 Ob 540/79 vom 23. 4. 1980; 4 Ob 581/79 vom 17. 6. 1980, 1 Ob 559/80 vom 27. 8. 1980; 3 Ob 528/80 vom 25. 2. 1981; 3 Ob 616/82 vom 10. 11. 1982; 5 Ob 739/82 vom 23. 11. 1982; 3 Ob 645/82 vom 1. 12. 1982 ua). Eine Grenze findet diese Rechtsausübung nur im Schikaneverbot (§ 1295 Abs 2 ABGB). Einen derartigen Einwand hat die Klägerin nicht erhoben und es findet sich nach der Aktenlage auch kein Anhaltspunkt zur Annahme, die Beklagten übten das Zurückbehaltungsrecht ohne eigenes Interesse und nur zu dem Zweck aus, die Klägerin zu schädigen ( Koziol‑Welser , Grundriß I 6 , 353 samt FN 98).

Aufgrund der vom Erstgericht unbekämpft festgestellten behebbaren Mängel des Werks, deren genauer Umfang ebensowenig bedeutungsvoll ist wie das Ausmaß des voraussichtlichen Aufwands zu ihrer Behebung, ist die Sache bereits entscheidungsreif, weil die Beklagten infolge des Verbesserungsverzugs der Klägerin mit Recht den geschuldeten Kaufpreisrest zurückbehalten (§ 1052 ABGB). Das (noch unerledigte) Klagebegehren wird deshalb abzuweisen sein.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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