OGH 9Os170/83

OGH9Os170/8315.11.1983

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführer in der Strafsache gegen Rene` A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs.1 Z 1, 148 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Juli 1983, GZ 3 d Vr 2684/ 83-45, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 24-

jährige beschäftigungslose Rene A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, 148

und § 15 StGB (I), des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB (II) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 (Abs. 1) StGB (III) schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; hinsichtlich weiterer Anklagepunkte wurde dem öffentlichen Ankläger gemäß § 263 StPO die abgesonderte Verfolgung des Genannten vorbehalten (wobei die betreffenden Anklagevorwürfe allerdings nicht erstmals in der Hauptverhandlung erhoben worden sind, sondern bereits Gegenstand der schriftlichen Anklage / ON 36 waren). e Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Rene A einerseits am 19. Jänner 1983 in Wien den B um 34.310 S geschädigt und um weitere ca 35.000 S zu schädigen versucht, indem er sich gegenüber Angestellten der Firmen C Eveline D und Pelzhaus Alois E als Verfügungsberechtigter über die B-Karte des Dr.Franz F ausgab und dadurch die Ausfolgung von Schmuck erschlich und die Ausfolgung eines Pelzmantels zu erschleichen suchte (Punkte I/A und I/B des Urteilssatzes), und andererseits in der Zeit zwischen dem 7. Feber und dem 1. März 1983 in Italien verschiedene italienische Kreditinstitute um insgesamt 31.151,91 S geschädigt, indem er als Verfügungsberechtigter über die Scheckkarte und das Scheckkonto der Sonntraud G auftrat und mittels Schecks, die mit dem Namenszug der Inhaberin gefälscht waren, die Ausfolgung von Waren erschlich (Punkt I/C des Urteilssatzes), wobei er die Betrügereien gewerbsmäßig begangen hat. Weiters hat er am 3. Feber 1983 in Wien der Sonntraud G einen Bargeldbetrag von 1.500 S unter Verwendung eines widerrechtlich erlangten Schlüssels gestohlen (Punkt II des Urteilssatzes) und ab 17. Jänner 1983 in Wien bzw ab 3.Feber 1983 in Wien und in Italien fremde Urkunden, nämlich eine B-Karte des Dr. Franz F und eine Scheckkarte der Sonntraud G unterdrückt (Punkt III des Urteilssatzes).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO; gegen den Strafausspruch hat er Berufung ergriffen.

Als Verfahrensmangel im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt die Beschwerde die Abweisung der Beweisanträge auf Vernehmung des Zeugen Roman H zum Nachweis dafür, daß der Beschwerdeführer von Milada I mit Pornofotos erpreßt worden sei, und auf Vornahme von Erhebungen zum Nachweis dafür, daß Milada I im Jahre 1983 mit dem Beschwerdeführer in Italien gewesen sei und die Betrugshandlungen zumindest als Mittäterin mit ihm begangen habe (S 231). Diese Beweisanträge hat das Erstericht abgewiesen (S 232) und hiezu in der in den Urteilsgründen nachgetragenen Begründung ausgeführt, daß auch dann, wenn Milada I den Angeklagten tatsächlich in der behaupteten Weise bedroht hätte, daraus eine 'Rechtfertigung' des Angeklagten nicht abzuleiten wäre (S 255).

Wie sich sowohl aus der Verantwortung des - hinsichtlich der Straftaten letztlich geständigen - Angeklagten als auch aus dem für die begehrten Beweisaufnahmen angegebenen Beweisthema ergibt, sollte mittels der beantragten Beweise dargetan werden, daß Milada I den Angeklagten 'mit Pornofotos erpreßt' habe und Mittäterin an den in Italien verübten Betrugshandlungen gewesen sei. Was den zuletzt genannten Umstand betrifft, so ist es für die Beurteilung der Schuldfrage in Ansehung des Angeklagten ohne Bedeutung, ob dieser die Betrügereien allein oder zusammen mit einem Mittäter verübt hat; Beweisaufnahmen über eine allfällige Mittäterschaft der Milada I waren daher schon aus diesem Grund nicht geboten, zumal beim Betrug - anders als beim Diebstahl oder beim Raub - die Tatverübung durch mehrere Täter ohne Relevanz in der rechtlichen Beurteilung ist. Was dagegen den Einwand betrifft, Milada I habe den Angeklagten durch die Drohung, andernfalls Aktfotos von ihm und verschiedenen homosexuellen Freunden seinem Vater zu zeigen, zur Begehung der Straftaten veranlaßt, so hat sich das Erstgericht damit im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausführlich befaßt und ihn als unglaubwürdig abgelehnt (S 249251); es gelangte vielmehr mit mängelfreier Begründung (S 249, 251) zur überzeugung, daß A die Straftaten ohne äußeren Zwang und höchst freiwillig begangen hat (abermals S 251) und daß die bezüglichen Anschuldigungen bloß als Racheakt an Milada I anzusehen seien. Versagt aber das Gericht - wie vorliegend - mit mängelfreier Begründung dem Angeklagten den Glauben an die Richtigkeit einer bestimmten von ihm aufgestellten Behauptung, so ist es nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre und die nur unter der Voraussetzung der Richtigkeit dieser Behauptung Sinn und Zweck haben könnte (SSt 34/65; ÖJZLSK 1977/356). Davon abgesehen könnte aber selbst dann, wenn Milada I tatsächlich damit gedroht haben sollte, die betreffenden Fotos dem Vater des Angeklagten zu zeigen, um den Angeklagten zur Begehung der inkriminierten Straftaten zu veranlassen, darin ein die Schuld des Angeklagten ausschließender Notstand (§ 10 StGB) - der Hinweis auf einen Rechtfertigungsgrund im Ersturteil beruht offensichtlich auf einem Mißverständnis, weil ein rechtfertigender Notstand vorliegend von vornherein ausscheidet - nicht erblickt werden; kann doch bei der gegebenen Sachlage nicht davon die Rede sein, daß in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten (als die Begehung von Straftaten) zu erwarten wäre (vgl hiezu Leukauf-Steininger, Kommentar 2 RN 17 ff zu § 10). Auch aus diesem Grund kann daher in der Abweisung des Antrages auf Vernehmung des Zeugen H eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten nicht erblickt werden.

Was den aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Vorwurf betrifft, das Ersturteil setze sich nicht mit der eben erwähnten Verantwortung des Angeklagten (Erpressung durch I, Mittäterschaft der I) auseinander, so übergeht die Beschwerde die bezüglichen Ausführungen im Ersturteil, das sich sehr wohl gerade mit dieser Verantwortung befaßt und darlegt, aus welchen Erwägungen ihr nicht gefolgt wird (S 240 f). Im übrigen läuft das betreffende Vorbringen, auch wenn dies der Beschwerdeführer nicht wahrhaben will, auf eine unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, ohne einen formalen Begründungsmangel dartun zu können.

Der aus der Z 9 lit a - der Sache nach allerdings Z 9 lit b - des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Einwand hinwieder, es wäre in rechtlicher Beziehung entschuldigender Notstand anzunehmen gewesen, negiert die dezidierten Urteilskonstatierungen, wonach der Beschwerdeführer - wie schon erwähnt - die Straftaten ohne äußeren Zwang und höchst freiwillig begangen hat (S 251), sodaß die Beschwerde insoweit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist, weil sie nicht am Urteilssachverhalt festhält.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Beschwerdeführer letztlich - diesbezüglich sowohl den Nichtigkeitsgrund der Z 10 als auch jenen der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO relevierend - gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung des Betruges wendet, so übersieht er, daß das Erstgericht seinen diesbezüglichen Ausspruch sehr wohl begründet hat (S 251), wobei dieser Begründung ein formaler Mangel nicht anhaftet, und daß er, indem er die Wertung der Tat als gewerbsmäßig begangen bestreitet, abermals nicht am konstatierten Urteilssachverhalt festhält. Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde einerseits als offenbar unbegründet und andererseits als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, sodaß sie teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war. über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu erkennen sein (§ 296 Abs. 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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