OGH 9Os66/83

OGH9Os66/8314.6.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juni 1983

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Bruno A wegen des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Dezember 1982, GZ 5 e Vr 9925/82-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Pitzal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten die (polizeiliche) Verwahrungshaft vom 13. September 1982, 18,15 Uhr, bis 14. September 1982, 9 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird (§ 38 Abs 1 Z 1 StGB ).

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf ein Jahr herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3. Juni 1942 geborene, zuletzt als Staplerfahrer bei der Firma X in Wien tätig gewesene, nunmehr arbeitslose Bruno A des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt, weil er am 13. September 1982 in Wien (aus einer sich am Werkgelände der Firma X befindlichen Bauhütte) der Firma B zwei Bohrmaschinen im Gesamtwert von etwa 10.000 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, dadurch wegzunehmen versucht hatte, daß er diese beiden in einem Koffer und einer Plastiktasche verwahrten Geräte in der Bauhütte an sich nahm und damit das Firmengelände verlassen wollte (hiebei aber von dem Firmenangestellten Peter C betreten wurde).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 4 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Mit der Verfahrensrüge beschwert sich der Angeklagte über die Abweisung seiner Beweisanträge auf Ausforschung und Einvernahme der Mitglieder des Werkschutzes der Firma X, die zum Tatort gerufen wurden, und auf Vernehmung des Zeugen Heinz D, den er vor der Tat besucht haben will. Diese Zeugen sollten aussagen, daß er (in ihrer Gegenwart) die Maschinen nicht an sich genommen hatte (S. 57). Durch das abweisliche Zwischenerkenntnis des Schöffensenates wurde der Angeklagte indes in seinen Verteidigungsrechten nicht eingeschränkt, weil sich sowohl aus seinen (soweit sie den Tatvorwurf leugnen allerdings nicht für glaubhaft erachteten) Aussagen als auch den - den Urteilskonstatierungen zu Grunde liegenden - Depositionen des Zeugen Peter C ergibt, daß der Werkschutz erst gerufen wurde, nachdem der Angeklagte vom Zeugen Peter C ertappt, ihm von diesem die Diebsbeute abgenommen und wieder in die Bauhütte zurückgebracht worden war, und der Zeuge D überhaupt nicht in die Nähe des Tatortes kam.

Aus den beantragten Beweisaufnahmen waren daher auf unmittelbarer Wahrnehmung beruhende Ergebnisse, die für die Entscheidung über die Schuld oder für den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung hätten sein können, nicht zu erwarten. Der Angeklagte vermag auch in seinen Rechtsmittelausführungen nicht darzutun, weshalb die beantragten Zeugen - entgegen den dargelegten, auch vom Erstgericht für die Ablehnung der Beweisanträge herangezogenen Argumenten - doch für die Sachentscheidung erhebliche Aussagen machen könnten. Die begehrten Beweisaufnahmen waren daher tatsächlich entbehrlich. Den Ausführungen des Angeklagten zur Rechtsrüge, der festgestellte Sachverhalt sei nicht strafbar, weil ihm Rücktritt vom Versuch, allenfalls tätige Reue zustatten komme, ist grundsätzlich entgegenzuhalten, daß tätige Reue schon deshalb nicht in Frage kommt, weil die Tat noch im Versuchsstadium entdeckt wurde (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 4 zu § 167 StGB ). Für den reklamierten Strafaufhebungsgrund des § 16 Abs 1 StGB mangelt es aber bei der gegebenen Fallgestaltung an der Grundvoraussetzung der Freiwilligkeit. Freiwilliger Rücktritt vom Versuch ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn der Täter aus eigenem Antrieb auf Grund innerer Erwägungen (deren Motiv nicht wesentlich ist) von der Ausführung der Tat im Bewußtsein absteht, er könnte die Tat wohl noch vollenden, wolle dies aber nicht mehr. Es können zwar äußere Anlässe für diese innere Umkehr des Täters in Frage kommen, doch wird der Versuch jedenfalls dann nicht mehr straflos, wenn sich der Dieb ertappt fühlt, den Besitz der Sache zunächst in einer strafrechtlich unbedenklichen Weise zu erklären versucht und die Beute nur deshalb widerstandslos herausgibt, weil er sich außerstande sieht, die Tat in der vorgeplanten Form zu vollenden und das Diebsgut endgültig in seinen ausschließlichen Gewahrsam zu bringen (vgl. ÖJZ-LSK 1978/325;

Mayerhofer-Rieder, StGB 2, Entscheidungen 3, 6, 7, 13, 16 zu § 16 StGB ). Gerade ein solcher Fall liegt aber nach den Feststellungen des Erstgerichtes vor, weil der Beschwerdeführer noch im Betriebsareal der Firma X gestellt wurde, den wahren Sachverhalt durch die Behauptung, die von einem Kollegen geborgten Maschinen nur zurückstellen zu wollen, zu verschleiern suchte und damit folgerichtig die Maschinen übergeben mußte, so daß weder durch das Verhalten des Angeklagten am Tatort noch durch seine spätere Verantwortung im Strafverfahren, die Maschinen überhaupt niemals an sich genommen zu haben, ein Anhaltspunkt für ein freiwilliges Abstehen von der Tat hervorgekommen ist.

Es kann somit von einem strafaufhebenden Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 16 Abs 1 StGB und der Notwendigkeit, in dieser Richtung eine nähere Prüfung vorzunehmen, nicht die Rede sein. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hatte der Oberste Gerichtshof jedoch von Amts wegen gemäß § 290 Abs 1 StPO wahrzunehmen, daß das Ersturteil mit dem sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkenden, von diesem aber nicht geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist, weil ihm entgegen der zwingenden Vorschrift des § 38 Abs 1 Z 1 StGB die nach Betretung beim verfahrensgegenständlichen Diebstahlsversuch in polizeilicher Verwahrungshaft zugebrachte Zeit vom 13. September 1982, 18,15 Uhr, bis 14. September 1982, 9 Uhr (Seite 9 und 18), nicht auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Diesbezüglich war das angefochtene Urteil daher entsprechend zu ergänzen.

Der Schöffensenat verhängte über den Angeklagten eine 15-monatige Freiheitsstrafe und wertete bei der Strafzumessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die den Voraussetzungen des § 39 StGB entsprechen, und als mildernd lediglich den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte Bruno A die Herabsetzung

der Freiheitsstrafe.

Der Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Wenn der Angeklagte für sich ins Treffen führt, er habe sich infolge des Verlustes seines Arbeitsplatzes in einer allgemein begreiflichen Gemütsbewegung befunden und in dieser Gemütsverfassung aus Unbesonnenheit und infolge einer besonders verlockenden Gelegenheit sich zum Diebstahl hinreißen lassen, kann dem zwar nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Zunächst war zwischen der Entlassung und der Tat doch eine gewisse Zeit verstrichen (S. 18), überdies gehört es gerade zu dem neurotischen Persönlichkeitsbild des Angeklagten, daß er beim Auftreten psychischer Spannungen zur Eigentumsdelinquenz neigt (vgl. Gutachten ON. 19 im Vorstrafakt 5 e Vr 8085/77

des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), sodaß die schuldmindernde subjektive Komponente bei der Strafbemessung durch den höheren Gefährlichkeitsgrad eines solchen, immer wieder rückfällig werdenden Menschen durchaus aufgewogen wird.

Allerdings kann auch nicht verkannt werden, daß es beim Versuch geblieben und durch die Tat kein wie immer gearteter Schaden entstanden ist, sodaß selbst unter Beachtung der einschlägigen Vorbelastung dem nicht allzu großen Unrechtsgehalt der Tat eine geringere Freiheitsstrafe gerecht wird. Dem Obersten Gerichtshof erschien daher eine Reduzierung der Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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