OGH 9Os51/82

OGH9Os51/824.5.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Mai 1982 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Skreinig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Eva Gabriela A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§ 12, 15, 302 Abs 1) StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 2.Februar 1982, GZ 19 Vr 475/80-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Svoboda und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagte verhängte Geldstrafe auf 120 (einhundertzwanzig) Tagessätze und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 (sechzig) Tage herabgesetzt werden.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 11.April 1942 geborene Schauspielerin (derzeit Hausfrau) Eva Gabriela A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§ 12, 15, 302 Abs 1) StGB schuldig erkannt und nach § 287 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen (für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt; der Tagessatz wurde mit 50 S bemessen.

Nach den Urteilsannahmen wurde Eva Gabriela A, die sich infolge Alkoholkonsums in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand befand, am 6.Mai 1979 gegen 1,30 Uhr in Salzburg als Lenkerin ihres PKWs.

wegen mehrerer übertretungen der Straßenverkehrsordnung von den (im Dienst befindlichen) Polizeibeamten Johann B und Helmut C angehalten und beanstandet. Um die beiden Beamten zum Mißbrauch der Amtsgewalt durch Unterlassen ihrer Vorführung zum Amtsarzt (zur Feststellung des Ausmaßes der Alkoholisierung) und durch Abstandnahme von einer Anzeigeerstattung zu bewegen, äußerte die Angeklagte: 'Bringt mich mit eurem Fahrzeug in meine gemütliche Wohnung, dort werde ich lieb zu euch sein und ihr bekommt auch je 100 S'. Diese Anstiftung blieb erfolglos.

Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch wendet sie sich mit Berufung. In Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes bekämpft die Angeklagte ausschließlich in Art einer Schuldberufung die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen formellen Mangel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen aufzuzeigen. Mit der Behauptung, das Erstgericht habe 'unberücksichtigt gelassen', daß der Zeuge C nur 'eine einmalige Äußerung im Zuge eines Gespräches' angegeben habe, das 'Angebot sei nicht mehr wiederholt worden', übersieht sie, daß das Schöffengericht ohnedies nur eine einzige Äußerung der Angeklagten als Tathandlung annahm. Wenn die Beschwerde aber daraus ableitet, es habe sich deshalb nur um eine 'am Rand' des Gesprächs hingeworfene 'völlig unbewußte' Bemerkung gehandelt, unternimmt sie den Versuch, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, das - gestützt auf die Aussagen der beiden Polizeibeamten - die Ernstlichkeit des Ansinnens der Angeklagten konstatierte.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Beschwerde (unter Hinweis auf die Aussagen der beiden Polizeibeamten) Urteilsfeststellungen über Beschimpfungen durch die Angeklagte im Warteraum des Amtsarztes reklamiert und aus der Tatsache, daß diese Beleidigungen zu keiner Strafverfolgung führten, abgeleitet wissen will, daß die Beamten diese beleidigenden öußerungen nicht ernst genommen haben, woraus nach Ansicht der Beschwerdeführerin der (weitere) Schluß zu ziehen wäre, daß auch die Aufforderung zum Amtsmißbrauch nicht ernst gemeint war, übersieht sie augenscheinlich, daß die Beamten die Angeklagte deshalb abmahnten, die öußerungen somit ersichtlich ernst nahmen, und erkennbar allein mangels der erforderlichen Öffentlichkeit im Sinne des § 115 StGB (vgl. S. 13 d.A.) eine strafgerichtliche Verfolgung der Angeklagten wegen der Beleidigungen nicht in Betracht zogen. Mit den von ihr gezogenen Schlußfolgerungen begibt sie sich daher ebenso auf das Gebiet der im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof der Bekämpfung entrückten Beweiswürdigung wie mit dem Hinweis auf angebliche Erinnerungsschwierigkeiten der Polizeibeamten anläßlich deren Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter, denen der Schöffensenat ohnedies Rechnung trug (vgl. S. 137 d.A.) und damit seiner Begründungspflicht nachkam. Die Mängelrüge entbehrt daher insgesamt einer gesetzmäßigen Ausführung.

Unter Anrufung der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO

behauptet die Angeklagte das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuches (§ 15 Abs 3 StGB) mit dem Hinweis darauf, daß sie zum Tatzeitpunkt in Salzburg über keine Wohnung verfügt habe. Die Angeklagte übersieht dabei, daß ihr - im Grunddelikt - Bestimmungsversuch (im Sinne des § 15 Abs 2 StGB in Verbindung mit § 12 zweiter Fall StGB) zur Last liegt. Dieser liegt vor, wenn der Bestimmende seinen Entschluß, einen anderen zur Begehung einer bestimmten strafbaren Handlung zu veranlassen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt, d.h. wenn sich - wie im vorliegenden Fall - das Verhalten des Anstifters bereits als Bestimmungshandlung darstellt. Nach § 15 Abs 3 StGB ist ein Versuch (nur) dann untauglich, wenn die Vollendung des in Rede stehenden Deliktes unter keinen Umständen möglich, die Tathandlung sohin absolut untauglich war.

Daß jedoch - fallbezogen - das Anerbieten der Angeklagten zu Liebesdiensten und die Ankündigung von Geldzuwendungen unter keinen Umständen zu der von ihr angestrebten (amtsmißbräuchlichen) Unterlassung der Anzeigenerstattung hätte führen können, kann nicht angenommen werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Angeklagte willens oder in der Lage war, ihre zur Bestimmung der Polizeibeamten zum Amtsmißbrauch abgegebenen Versprechen in der Folge tatsächlich - in ihrer Wohnung - zu erfüllen, zumal es der Angeklagten schon infolge der Korrektheit der beiden Polizeibeamten nicht gelang, in ihnen den Willen zur (strafbaren) Tat zu erzeugen (mißlungene Bestimmung; vgl. ÖJZ-LSK. 1976/245).

Gleichfalls gestützt auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO strebt die Angeklagte ihren Freispruch auch mit der Begründung an, daß Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 287 StGB die 'Begehung' der sogenannten Rauschtat sei; dies bedeute, daß 'die betreffende Tat vollendet sein müsse'; der Versuch einer solchen Tat reiche 'schon begrifflich nicht für die Strafbarkeit nach dem § 287 StGB aus'.

Auch diese Rechtsrüge versagt:

Nach § 287 Abs 1 StGB ist zu bestrafen, wer im Zustand einer schuldhaft herbeigeführten vollen Berauschung eine Handlung (die sogenannte Rauschtat) begeht, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen oder Vergehen zugerechnet würde. Nach § 15 Abs 1 StGB, der sämtliche auf die Vollendung der Tat abgestellten Tatbilder des Besonderen Teiles des Strafgesetzbuches allgemein erweitert, gelten die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch. Auch der vorliegende (mißlungene) Bestimmungsversuch im Sinne der § 15 Abs 2, 12 (zweiter Fall) StGB zu § 302 StGB stellt eine Handlung dar, die der Angeklagten außer dem Rauschzustand als versuchtes Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt als Beteiligte zugerechnet würde, sodaß dem Erstgericht auch insoweit kein Rechtsirrtum unterlief. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Den Strafausspruch bekämpft die Angeklagte mit Berufung. In ihrem Berufungsantrag strebt sie die Herabsetzung der über sie verhängten Strafe an, in den Berufungsausführungen ist aber auch dder Hinweis enthalten, daß nach Ansicht der Berufungswerberin eine bedingte Strafnachsicht gerechtfertigt wäre, und es wird daraus auch ein in diese Richtung zielendes Berufungsbegehren erkennbar. Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung keinen Umstand als erschwerend und ein Teilgeständnis und die bisherige Unbescholtenheit als mildernd.

Diese Strafzumessungsgründe sind zu ergänzen. Mit Recht weist die Berufung darauf hin, daß die Rauschtat beim Versuch blieb und der Angeklagten deshalb der Milderungsgrund des § 34 Z. 13 StGB zugutezuhalten ist.

Allerdings wurde auch der Erschwerungsgrund übergangen, daß zwei Beamte zum Amtsmißbrauch bestimmt werden sollten.

Dem eben bezeichneten Milderungsgrund kommt indes das größere Gewicht zu. Der Oberste Gerichtshof erachtet unter Beachtung dieses Umstandes eine Anzahl von 120 Tagessätzen - und damit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 60 Tagen - als schuld- und tatangemessen.

Zu einer bedingten Strafnachsicht sah sich der Oberste Gerichtshof wegen des Erfordernisses der Effektivität eines Strafausspruches der vorliegenden Art nicht veranlaßt.

Der Berufung der Angeklagten konnte daher nur teilweise Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

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