OGH 10Os196/81

OGH10Os196/8116.3.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Skreinig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten B erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten A gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 6. November 1981, GZ 12 Vr 1406/81-34, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Helfried Rustler und Dr. Hanno Burger-Scheidlin sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 28. Oktober 1962 geborene beschäftigungslose Alfred A und der am 22. August 1961 geborene Marion B (auf Grund des jeweiligen Wahrspruchs der Geschwornen) wie folgt schuldig erkannt:

Alfred A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1

sowie 3, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB (I), der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB (II) und nach § 36 Abs. 1 lit. a und e WaffenG (III) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB als Beteiligter gemäß § 12 StGB (VI); Marion B der Vergehen nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG (III) und nach § 16 Abs. 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG (IV) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB (V).

Als Raub liegt Marion B zur Last, am 11. Dezember 1980 in Klagenfurt in Gesellschaft mit dem abgesondert verfolgten Wolfgang C als Beteiligter der Ingrid D mit Gewalt gegen deren Person, nämlich durch einen Schlag ins Gesicht und durch Zu-Boden-Stoßen zwei Geldkassetten enthaltend 177.347 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (V). Dem Angeklagten A wird insofern angelastet, in der Zeit von Anfang November 1980 bis zum 11. Dezember 1980

zu diesem Raub dadurch beigetragen zu haben, daß er mit Marion B und Josef C alle Einzelheiten der Tat besprach, sich einen Teil von der Raubbeute versprechen ließ und die Sicherung der Raubbeute nach der Tat übernehmen sollte (VI).

Das Urteil wird nur vom Angeklagten B zudem - auf dem Wahrspruch zur Hauptfrage 10 fußenden - Punkt V des Schuldspruchs (wegen des Verbrechens des schweren Raubes) unter Anrufung der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO bekämpft.

Gestützt auf diesen Nichtigkeitsgrund beschwert er sich (in der Rechtsmittelschrift) unter Bezugnahme auf die Anordnung des § 321 Abs. 2 StPO (nur) darüber, daß in die den Geschwornen erteilte schriftliche Rechtsbelehrung eine 'Abgrenzung (der unmittelbaren Täterschaft) zum sonstigen Tatbeitrag' im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB (dahin, daß einen solchen leiste, 'wer auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft zur Ausführung der strafbaren Handlung beitrage') bloß zur - dem oben inhaltlich wiedergegebenen Schuldspruch As zugrundeliegenden - Hauptfrage 11 aufgenommen wurde, nicht jedoch zu der ihn selbst betreffenden Hauptfrage 10; und dies obwohl er 'ebenso wie der Mitangeklagte A keine Ausführungshandlung gesetzt und (gemeint: sondern) sich (zu ergänzen: insofern) vollkommen passiv verhalten' habe. Insoferne der Verteidiger im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof - über den Inhalt der schriftlichen Beschwerde hinausgehend - der Meinung Ausdruck verlieh, daß die Rechtsbelehrung auch auf die konkreten Umstände des Falles Bezug zu nehmen gehabt hätte, kann dieses Vorbringen, das zudem sachlich fehl geht (siehe - außer § 321 Abs. 2 noch -

§ 223 Abs. 2 StPO), schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil es verspätet ist.

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen ist die Beschwerde (gleichfalls) nicht berechtigt. Dem Beschwerdeführer und seinem abgesondert verfolgten Komplizen C wird, was die Rüge grundsätzlich verkennt, in der in Rede stehenden (anklagekonformen) Hauptfrage (10) - anders als A in der seitens der Beschwerde vergleichsweise herangezogenen (11) - eine Begehung des Raubes 'in Gesellschaft als Beteiligte' vorgeworfen. Bei der (deliktsspezifischen Sonder-)Täterschaftsform des Gesellschaftsraubes (entsprechend dem 1. Deliktsfall des § 143 StGB) ist jedoch (ebenso wie bei jener des Gesellschaftsdiebstahls nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB) schon ein am Tatort (oder in dessen Nähe) anwesender bloßer Beteiligter, also eine dort bei der Tatverübung mit anderen einverständlich zusammenwirkende Person, die selbst keinerlei (eigene) Ausführungshandlungen setzt (sondern lediglich eine fördernde Tätigkeit im Sinne eines sonstigen Tatbeitrags gemäß der 3. Alternative des § 12 StGB entfaltet), trotzdem als unmittelbarer Täter iS der 1. Alternative des § 12

StGB anzusehen (Leukauf-Steininger Komm2, RN 7 zu § 143 StGB; 10 Os 4/81 ua).

Da es dementsprechend im Ergebnis erst bei der Hauptfrage 11 (und damit nur in bezug auf A) um eine ausschließliche Förderung des Raubes durch einen sonstigen Tatbeitrag nach der 3. Alternative des § 12 StGB ging, in Ansehung des Beschwerdeführers zur Hauptfrage 10 hingegen um die Verübung der strafbaren Handlung durch diesen als (unmittelbaren) Gesellschaftstäter, enthält die Rechtsbelehrung in dem Zusammenhang (S 510/I) im Einklang mit der Vorschrift des § 321 Abs. 1 StPO noch nicht die relevierte Erläuterung; diese scheint zutreffend erst später auf (S 512/I).

Das Fragenschema als solches wird nicht bekämpft, der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 6 StPO weder ausdrücklich noch sachlich ins Treffen geführt.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über die Angeklagten nach §§ 28, 41, 143 erster Strafsatz StGB jeweils eine Freiheitsstrafe, und zwar über A von dreieinhalb und über B von vier Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen (derselben und verschiedener Art) sowie eine leichte Verletzung des Raubopfers D, bei A außerdem die mehrfache Qualifizierung des Diebstahls, als mildernd hingegen bei beiden das Alter unter 21 Jahren, die Zustandebringung des Raubgutes und das Geständnis, beim Angeklagten B allerdings nur in Form eines 'Tatsachen- und teilweisen Schuldgeständnisses', sowie bei A überdies 'die bisherige Unbescholtenheit', die teilweise Schadensgutmachung und die 'mehr entfernte Beteiligung' am Raub.

Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten eine Herabsetzung der Strafe; B strebt zusätzlich deren bedingte Nachsicht gemäß § 43 StGB an.

Auch den Berufungen kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu. Das Erstgericht trägt zwar, wenn es, obwohl nach der Aktenlage beide Angeklagten bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt haben und die Taten mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen, nur von einer Unbescholtenheit (schlechthin) spricht, und auch davon lediglich beim Angeklagten A, hinsichtlich dessen es darüber hinaus unerwähnt läßt, daß er zur Tatzeit eines Teils der von ihm verübten Diebstähle das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, demnach (teilweise) noch jugendlich war, der Bestimmung des § 34 Z 2 StGB formal nur in unzureichendem Maße Rechnung. Sachlich haben die betreffenden Umstände aber in der Anwendung außerordentlicher Strafmilderung gemäß § 41 StGB Niederschlag gefunden und es erweisen sich die ausgesprochenen Strafen angesichts des nicht unbeträchtlichen Schuld- und Unrechtsgehaltes der Straftaten keineswegs als überhöht, weshalb eine Ermäßigung (aus einem der in den Berufungen vorgebrachten Argumente) nicht in Erwägung gezogen werden konnte. Damit schied aber bereits die vom Angeklagten B begehrte bedingte Strafnachsicht aus, für deren Gewährung es im Hinblick auf die Höhe der Strafe von mehr als zwei Jahren an einer Grundvoraussetzung des § 43 StGB fehlte. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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