OGH 13Os124/81

OGH13Os124/8122.10.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Oktober 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Larcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 1.April 1981, GZ. 15 Vr 1958/80- 21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Zach sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Mai 1939 geborene Rentner Adolf A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. sowie der Vergehen der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1

StGB. und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hatte er in St. Michael im Lungau am 12. Juni 1980 (die damals 14-jährige) Daniela B mit Gewalt, indem er sie auf ein Bett drückte, eine Decke über deren Oberkörper warf und ihr Über- und Unterhose bis zu den Knien herunterzog, dadurch zur Unzucht genötigt, daß er sie an ihrem Geschlechtsteil betastete und mit seinem Glied ihren Geschlechtsteil leicht berührte, am 12.Juni 1980 die am 5.Februar 1970 geborene Adelheid C auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht dadurch mißbraucht, daß er sie auf ein Bett drückte, eine Decke über ihren Oberkörper warf, ihr die Hose herunterzuziehen versuchte, wobei er sie über der Hose an ihrem Geschlechtsteil betastete und am 2.Oktober 1980

Daniela B und Adelheid C durch die Äußerung:

'Euch passiert noch was!' gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf den Grund der Z. 5 - der Sache nach auch auf den der Z. 9

lit a - des § 281 Abs 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Seine weitwendige Polemik gegen das vom Schöffengericht zur Klärung der Frage der Aussagefähigkeit- und Ehrlichkeit der beiden mißbrauchten Mädchen eingeholte Sachverständigengutachten vermag keinen formalen Begründungsmangel im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. aufzuzeigen und erschöpft sich in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Bekämpfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung. Gleiches gilt für das sich mit den Aussagen der Mädchen selbst beschäftigende Beschwerdevorbringen, dem summarisch zu erwidern ist, daß das Erstgericht im Rahmen der ihm gemäß § 270 Abs 2 Z. 5 StPO. obliegenden Begründungspflicht - die keineswegs die detaillierte Erörterung aller im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände einschließt (EvBl 1966/488, 1972/17) - die Bekundungen der Zeuginnen B und C ausführlich gewürdigt (S. 149 bis 153) und hiebei insbesondere auch die darin enthaltenen Widersprüche in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat. Soweit dies unterblieb, handelt es sich um unbedeutende Nebenumstände, die in der vom Gesetz geforderten gedrängten Darstellung der Urteilsgründe unerwähnt bleiben konnten.

Schließlich disqualifiziert sich auch die Behauptung, das Beweisverfahren hätte eindeutig ergeben, der Beschwerdeführer habe (mit den im Punkt 3 des Urteilsspruchs angeführten Worten) nicht die Absicht verfolgt, die Mädchen in Furcht und Unruhe zu versetzen, als Versuch, die vom Erstgericht hiezu getroffenen Konstatierungen, wonach der Angeklagte von eben dieser Absicht beherrscht gewesen sei (S. 142, 147 und 154), einer würdigenden Kritik zu unterziehen. Ebenso verfehlt wie die Mängelrüge erweist sich die in deren Rahmen vorgebrachte, der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. relevierende Rechtsrüge des Angeklagten, seine Äußerung sei keineswegs geeignet gewesen, die beiden Mädchen tatsächlich in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Zunächst ist ihm entgegenzuhalten, daß eine gefährliche Drohung nach dem Gesetz (§ 74 Z. 5 StGB.) nicht die von ihm vermeinte, sondern die (als Rechtsfrage objektiv zu beurteilende) Eignung voraussetzt, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten Übels begründete Besorgnisse einzufläßen. Furcht und Unruhe hingegen sind Objekte der Absicht des Täters (§ 107 Abs 1 StGB.) und als solche der Würdigung der subjektiven Tatseite unterworfen (Tatfrage). Die Rechtsfrage der Eignung gemäß § 74 Z. 5 StGB. und die Tatfrage der Absicht gemäß § 107 Abs 1 StGB. ('um') sind streng zu unterscheiden.

Ausgehend aber davon, daß - wie das Schöffengericht in tatsächlicher Hinsicht feststellte - der vom Angeklagten gewollte Sinn seiner Äußerung darin lag, bei den Kindern den Eindruck zu erwecken, er werde vor einer neuerlichen Attacke, sei es nun eine körperliche Mißhandlung oder ein abermaliger geschlechtlicher Mißbrauch, nicht zurückschrecken (S. 156), so unterliegt es keinem rechtlichen Zweifel, daß die Worte des Angeklagten die geforderte Eignung objektiv besaßen, zumal wenn man das Alter der Bedrohten, deren örtliches Naheverhältnis zum Beschwerdeführer - sie bewohnen dasselbe Haus - und den Umstand ins Kalkül zieht, daß der Angeklagte der inkriminierten Äußerung die Wendung 'Na wartet nur, wenn ich euch erwische' vorausgeschickt hatte (S. 147). Ob die - nach dem Gesagten eine Verletzung am Körper oder an der Freiheit (Sexualattacke) in Aussicht stellende - Drohung des Beschwerdeführers den beabsichtigten Einschüchterungserfolg im konkreten Fall tatsächlich erzielte, ist, weil es ja nur auf die objektive Eignung ankommt, rechtlich ohne Belang (EvBl 1974/10 u. a.), weshalb die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen keiner Erwiderung bedürfen.

Sonach war die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 207 Abs 1 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1 StGB. unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah. In deren Bemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen strafbarer Handlungen im Sinne des § 28 StGB. und die Gewaltanwendung im Faktum Adelheid C, während es als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten in Betracht zog.

Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte eine Herabsetzung, die Staatsanwaltschaft hingegen eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe an.

Lediglich das Rechtsmittel der Anklagebehörde ist begründet. Daß der Angeklagte seinem kriminellen Verhalten offenbar einsichtslos gegenübersteht, kann ihm zwar, der Meinung der Staatsanwaltschaft zuwider, nicht als Erschwerungsgrund angelastet werden. Der Tatsache hinwieder, daß Adolf A die beiden Mädchen gleichzeitig zur Unzucht mißbrauchte, wurde durch die Annahme des Erschwerungsgrunds nach § 33 Z. 1 StGB. ausreichend Rechnung getragen. Hingegen kommt dem Umstand, daß er nicht davor zurückschreckte, die Kinder während einer gerichtlichen Untersuchungshandlung zu bedrohen, sehr erschwerende Bedeutung zu und sind die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe insoweit zu korrigieren. Davon ausgehend erscheint die vom Erstgericht verhängte Strafe bei einem bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz jedoch als zu gering bemessen, weshalb sie in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Berufung auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu erhöhen war. In eine Prüfung der Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB.

war mit Rücksicht auf das Verschlimmerungsverbot und darauf, daß die Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsmittel die vom Erstgericht gewährte bedingte Strafnachsicht nicht bekämpft hatte, nicht einzutreten.

Bei dieser Prozeßrechtslage bleibt abzuwarten, ob die von der Anklagebehörde ausgesprochene Vermutung, sein körperlich reduzierter Zustand lasse den Angeklagten seine geschlechtliche Befriedigung bei Kindern suchen, sich hinfort in der weiteren Verübung von Sittlichkeitsverbrechen und -vergehen bestätigen wird. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die der Berufung der Gegenpartei stattgebende Entscheidung zu verweisen.

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