OGH 13Os97/81

OGH13Os97/819.7.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1981 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 31.März 1981, GZ. 6 e Vr 394/81-14, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gussenbauer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Juni 1955 geborene, beschäftigungslose Josef A des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 14.Jänner 1981 in Wien fremde bewegliche Sachen einem anderen durch Einbruch mit dem Vorsatz wegzunehmen trachtete, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er das Schwenkfenster des Personenkraftwagens der Elfriede B aufbrach und das Fahrzeug nach Geld durchsuchte. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 4, 5, 9 lit b (der Sache nach auch lit a) und 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Beschwerdeführer in Ausführung seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Verfahrensrüge dadurch in seinen Verteidigungsrechten verletzt erachtet, daß über einen angeblich in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Vernehmung des Untersuchungsrichters Dr. Friedrich C zum Beweis des tatsächlichen Inhalts seiner vor ihm abgelegten Verantwortung nicht erkannt worden sei, ist er bloß darauf zu verweisen, daß ein solcher Antrag zwar mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 23.März 1981 gestellt (ON. 12), in der Hauptverhandlung vom 31.März 1981 jedoch entgegen den nunmehrigen Beschwerdebehauptungen nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles (ON. 13), dem im Zusammenhalt mit der Abweisung der vom Erstgericht als Protokollsberichtigungsantrag aufgefaßten, in der Rechtsmittelausführung des Angeklagten enthaltenen 'Protokollrüge' (S. 84, 105) in der vorliegenden Form volle Beweiskraft über die Vorgänge in der Hauptverhandlung zukommt, nicht wiederholt wurde. Da aber die Geltendmachung des angezogenen Nichtigkeitsgrunds voraussetzt, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinn des Antragstellers entschieden wurde, mangelt es im gegenständlichen Fall bereits an den formellen Voraussetzungen für die Relevierung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. Die Verfahrensrüge des Angeklagten muß demnach versagen. Die auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. gestützte Mängelrüge erschöpft sich zur Gänze im unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch einer Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Erstgerichts, welches seine entscheidungswesentliche Feststellung, daß der Angeklagte das Fahrzeug aufgebrochen hat, um daraus Geld oder Wertgegenstände zu stehlen, auf dessen Geständnis vor der Polizei (S. 23), beim Untersuchungsrichter (S. 36) und in der Hauptverhandlung (S. 51 bis 53) gestützt und sich dabei auch mit dessen davon abweichenden Angaben anläßlich seiner Vernehmung vor der Polizei am Vormittag des 14.Jänner 1981 (S. 27) und teilweise auch in der Hauptverhandlung (S. 52 Mitte), wonach er das Auto nur aufgebrochen habe, um bei der Polizei eine Selbstanzeige vornehmen zu können und dort in 'Kost und Quartier' genommen zu werden, auseinandergesetzt und diese Version mit einer ausführlichen, sowohl den Denkgesetzen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Begründung als unglaubwürdig verworfen hat. Unter Anziehung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 9

lit b des § 281 Abs 1 StPO. nimmt der Angeklagte die Strafaufhebungsgründe des Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB. bzw. der tätigen Reue nach § 167 StGB.

im Zusammenhang damit in Anspruch, daß er aus dem von ihm gewaltsam aufgebrochenen Personenkraftwagen einen Regenschirm und einen Schlüsselbund (Schlüsselanhänger mit 3 Schlüsseln) entnahm und diese Sachen anläßlich seiner Stellung bei der Polizei dort ablieferte. Er rügt hiebei primär, daß die Anklagebehörde seine Tathandlung unzulässigerweise in zwei Teile 'aufgespalten' und bezüglich 'des Diebstahles des Regenschirmes und des Schlüsselbundes' - seiner Ansicht nach der Erkenntnis folgend, daß hier tätige Reue vorliege - die Erklärung nach § 109 StPO.

abgegeben, ihm im übrigen aber zu Unrecht hinsichtlich im Fahrzeug gar nicht vorhanden gewesener Gegenstände strafbaren Versuch vorgeworfen habe, bei dem rechtlich eine strafaufhebende tätige Reue nicht in Betracht komme.

Richtigerweise liege unter Annahme entsprechenden Tatvorsatzes allein ein vollendeter, aber zufolge tätiger Reue nach § 167 StGB. strafloser Einbruchsdiebstahl (nämlich von Regenschirm und Schlüsselbund) vor. Aber auch bei 'isolierter Betrachtung' des ihm angelasteten Einbruchsversuchs komme ihm jedenfalls der Strafaufhebungsgrund des § 16 StGB. zustatten.

Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer nach den hinlänglich begründeten Feststellungen des Erstgerichtes das Fahrzeug der Elfriede B mit dem Vorsatz aufgebrochen hatte, daraus Geld oder Wertgegenstände wegzunehmen, sich diese Sachen zuzueignen und sich dadurch zu bereichern (S. 61, 65). Diese auf die Verwirklichung aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Diebstahls gerichtete Verhaltensweise gedieh deshalb nur bis zum Stadium des Versuchs (§ 15 StGB.), weil der Angeklagte Sachen der von seinem Diebstahlsvorsatz umfaßten und von ihm im Fahrzeug vermuteten Art dort nicht vorfand. Es handelt sich dabei - wie das Erstgericht zutreffend ausführt, und zwar entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, welcher damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. zur Darstellung bringt - um einen bloß 'relativ untauglichen' Versuch, da sich Geldbeträge und Wertgegenstände in - noch dazu versperrten - Kraftfahrzeugen immer wieder vorzufinden pflegen und es hier bloß infolge der zufälligen Umstände des Einzelfalls an den vom Angeklagten begehrten Gegenständen mangelte. Der sohin strafbare Versuch war damit, daß der Angeklagte den Wagen aufgebrochen und vergeblich nach Geld und Wertgegenständen durchsucht hatte, beendet, und zwar - da der Angeklagte alle Voraussetzungen für den Eintritt des Erfolgs geschaffen hatte, dieser aber ausgeblieben war und aus der konkreten Täterhandlung auch mangels Ortsanwesenheit des angestrebten Diebstahlsobjekts nicht mehr eintreten konnte - mißlungen. In einem solchen Falle scheidet aber Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB.) denknotwendig von vornherein aus (vgl. hiezu auch Leukauf-Steininger2, RN. 9 zu § 16, S. 217). Tätige Reue im Sinne des § 167 StGB. kommt aber, wie der Beschwerdeführer selbst richtig erkannt hat, bei einem nicht vollendeten Delikt rechtlich überhaupt nicht in Betracht.

Der Versuch des Angeklagten, aus der Ablieferung der von ihm aus dem Personenkraftwagen mitgenommenen Gegenstände (Schirm und Schlüsselbund) einen vollendeten, jedoch durch tätige Reue straflos gewordenen Einbruchsdiebstahl zu konstruieren (und damit den mißlungenen Versuch des strafbaren, auf die Zueignung von Geld und Wertgegenständen gerichteten Einbruchsdiebstahls zu verdecken) schlägt schon deshalb fehl, weil nach den ausdrücklichen Feststellungen des Erstgerichts (S. 62) diese Gegenstände minderen Werts vom Diebstahlsvorsatz des Angeklagten nicht umfaßt waren, sondern von ihm bloß anläßlich seines ausschließlich auf Geld und Wertgegenstände gerichteten Diebstahlsversuchs zufällig im Auto aufgefunden und zum nächstgelegenen Wachzimmer mitgenommen wurden, als er sich nach dem Mißlingen des Diebstahlsversuchs den Entschluß faßte, sich bei der Polizei als Dieb zu stellen, um festgenommen zu werden und solcherart Unterkunft zu finden. Daß es der Beschwerdeführer unterlassen hat, nach dem Mißlingen dieses beabsichtigten Diebstahls weitere Diebstähle aus anderen in der Nähe abgestellten Fahrzeugen zu versuchen, ist entgegen seiner in der Rechtsmittelausführung zum Ausdruck gebrachten Ansicht völlig belanglos; mit dem Hinweis darauf versucht er letztlich vielmehr nur wieder, ein Argument dafür ins Treffen zu führen, warum ihm vorliegend der ihm vorgeworfene Diebstahlsvorsatz gefehlt habe, weshalb dieses Vorbringen bloß neuerlich auf den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinausläuft.

Das angefochtene Urteil ist demnach auch nicht mit dem

materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 (lit a oder b) StPO. behaftet.

Den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1

StPO. schließlich bringt der Beschwerdeführer - soweit die Ausführungen hiezu nicht ohnedies bloß eine Wiederholung des bereits behandelten Teils der Rechtsrüge darstellen - nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da er - mit der Behauptung fehlenden Diebstahlsvorsatzes eine Verurteilung bloß wegen der im Zusammenhalt mit dem Aufbrechen des Kraftfahrzeugs verschuldeten Sachbeschädigung anstrebend - von urteilsfremden Prämissen, nicht aber von der Konstatierung des Erstgerichts ausgeht, wonach er mit (auf Geld oder Wertgegenstände gerichteten) Diebstahlsvorsatz gehandelt hat. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 129 StGB. eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Hiebei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall, wogegen es als mildernd die Selbststellung des Angeklagten und das Gedeihen des Delikts nur bis ins Versuchsstadium in Betracht zog.

Die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, mit denen Josef A eine Reduzierung, die Anklagebehörde dagegen eine Erhähung des Strafausmaßes anstreben, sind nicht begründet.

Keiner der beiden Berufungswerber vermag eine Unvollständigkeit der erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe darzutun und in der Tat bedarf das Urteil diesbezüglich - abgesehen davon, daß dem Angeklagten sein Beitrag zur Wahrheitsfindung zusätzlich als mildernd zugutezuhalten ist - keiner Korrektur. Da die im Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat eher strenge Strafe angesichts dieser Prämissen im Hinblick auf das getrübte Vorleben des Angeklagten doch noch tätergerecht erscheint, aber keinesfalls zu mild ausgefallen ist, mußte mithin beiden Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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