Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Punkt II./ des Schuldspruchs und demgemäß auch im Strafausspruch nach (§ 28 StGB) § 12 Abs 1 SuchtgiftG (einschließlich des davon abhängigen Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen, ebenso die (angemeldete, wenn auch nicht ausgeführte) Schuldberufung des Angeklagten.
Mit ihren Strafberufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die obige Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4. August 1954 geborene, zuletzt beschäftigungslose Helmut A im zweiten Rechtsgang des Verbrechens nach § 12 Abs 1
SuchtgiftG, teils als Beteiligter gemäß § 12 StGB (Gehilfe iS der 3. Alternative) sowie des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Weitere Schuldsprüche wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB sowie des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2
StGB und des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG (aF) laut den Punkten III./, IV./ A./ 1./ und 2./ und V./ des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. April 1980 (ON 78) waren bereits nach dem ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsen. Mit der auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte nunmehr den im zweiten Rechtsgang ergangenen Schuldspruch;
darin wird ihm angelastet, in Wien I./ zwischen Mai 1979 und November 1979 vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr gesetzt zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, und zwar dadurch, daß er 25 Gramm Heroin an unbekannte Personen, darunter 1 1/2
Gramm an einen Burschen aus Linz, weiterverkaufte;
II./
zwischen Anfang November 1979 und Anfang Dezember 1979 zur Ausführung von unter I./ angeführten strafbaren Handlungen beigetragen zu haben, indem er in mehreren Fällen unbekannte Suchtgiftverkäufer und ebensolche Suchtgiftkäufer im B miteinander bekanntmachte sowie den Verkauf von nicht mehr festzustellenden Suchtgiftmengen gegen Entgelt vermittelte;
IV./
mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte verschiedener Filialen der C zur Einlösung von insgesamt zehn Schecks verleitet zu haben, ohne über ein entsprechendes Guthaben auf seinem Konto zu verfügen, wobei der Schaden S 48.950,54 beträgt.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur teilweise Berechtigung zu. Weder einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO noch einen anderen Nichtigkeitsgrund vermag der Angeklagte allerdings zunächst mit der - ersichtlich auf sämtliche Punkte des Schuldspruches des zweiten Rechtsganges bezogenen - Behauptung aufzuzeigen, die (neuerliche) Hauptverhandlung sei so kurz gewesen, daß er keine Gelegenheit gehabt habe, seine Verantwortung ausführlich darzulegen. Hätte er tatsächlich weitere Beweisaufnahmen (wozu auch seine Anhörung als Angeklagter gehört) für erforderlich angesehen, so wäre seine Sache bzw jene seiner Verteidigerin gewesen, in der Hauptverhandlung entsprechende Anträge zu stellen, um auf diese Weise die formellen Voraussetzungen für eine allfällige Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z 4 StPO zu schaffen. Da eine solche Antragstellung unterblieb, kann er sich im gegebenen Zusammenhang (schon aus formalen Gründen) nicht (mit Erfolg) beschweren.
Kein Begründungsmangel iS des angerufenen formalen Nichtigkeitsgrundes wird ferner mit dem gegen die Annahme über den Zeitraum des Suchtgiftankaufs zu Punkt I./ des Urteilssatzes gerichteten Einwand dargetan. Denn die Frage, ob der Angeklagte die von Kurt E zum Preis von 2.500 S pro Gramm erworbene (und nach den Urteilskonstatierungen teilweise weiterveräußerte) Menge von - unbestritten - (mindestens) 50 Gramm Heroin - wie das Urteil (S 212) ausspricht - zwischen Mai 1979 und November 1979 oder - wie er wahrhaben will - in der Zeit von Mai 1979 bis (bloß) 18. Oktober 1979 erhielt, betrifft keine entscheidende Tatsache. Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Ebenso war mit dem - angemeldeten aber nicht ausgeführten sowie außerdem gegen Schöffengerichtsurteile, bei denen eine Überprüfung der Beweiswürdigung ausgeschlossen ist, vom Gesetz (§ 283 StGB) gar nicht zugelassenen Rechtsmittel der Schuldberufung zu verfahren (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO).
Berechtigung kommt der Nichtigkeitsbeschwerde jedoch zu, insoweit der Angeklagte sich, gestützt auf beide Nichtigkeitsgründe (sachlich jedoch auch aus dem der Z 9
lit a) des § 281 Abs 1 StPO gegen den Punkt II./ des Schuldspruchs wendet. Obwohl der Oberste Gerichtshof bereits in seiner (das im ersten Rechtsgang gefällte Urteil teilweise aufhebenden) Entscheidung vom 30. September 1980 auf die undeutliche und zu Mißverständnissen Anlaß gebende Fassung des bezüglichen Schuldspruches im ersten Rechtsgang hingewiesen und die Notwendigkeit einer Klarstellung in der Richtung betont hat, auf wessen Taten sich der angenommene Tatbeitrag des Angeklagten bezogen hatte (vgl S 103, 104/II), wählte das Erstgericht im Punkt II./ des Urteilssatzes neuerlich eine Formulierung, die dahin verstanden werden könnte, der Angeklagte habe zur Ausführung laut Punkt I./ des Schuldspruchs von ihm selbst verübter Taten beigetragen. Die bezüglichen - nur aus einem einzigen Satz (vgl S 212/II) bestehenden - Urteilsfeststellungen deuten zwar in Verbindung mit dem 2. Halbsatz des Punktes II./ des Urteilsspruches darauf hin, daß sich die Vermittlungstätigkeit des Angeklagten auf Suchtgiftgeschäfte unbekannter Verkäufer und Käufer, also auf Taten dritter Personen bezogen hat, sie sind aber - wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt - insbesondere auch in bezug auf die Mengen der dabei in Verkehr gesetzten Suchtgifte, deren Beschaffenheit überdies nicht einmal der Art nach konstatiert wird, derart ungenügend, daß nicht beurteilt werden kann, ob sich der (allfällige) Tatbeitrag des Angeklagten auf (eine abstrakte Gemeingefahr bewirkende) Taten im Sinne des § 12 SuchtgiftG (oder allenfalls nur auf solche gemäß § 16 SuchtgiftG) bezogen hat.
Allerdings wird nicht unbedingt eine vom Faktum I gänzlich losgelöste isolierte Betrachtung der in Rede stehenden Tathandlungen Platz zu greifen haben. Denn § 12 Abs 1 SuchtgiftG setzt bei einer Begehung durch mehrere Tathandlungen nicht voraus, daß dabei in jedem einzelnen oder mindestens in einem Fall eine Suchtgiftmenge (erzeugt, eingeführt, ausgeführt oder) in Verkehr gesetzt wird, aus der (in Verbindung mit ihrer Verwendungsbestimmung) schon für sich allein in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen kann; das Delikt kann vielmehr auch durch eine Folge von Einzelakten begangen werden, mit denen der Täter sich dem vorerwähnten tatbestandsmäßigen Erfolg nach und nach annähert, bis er ihn schließlich erreicht. Durch die (sich schon aus dem Tatbestandsmerkmal 'Menge' - notwendig - ergebende) Zusammenfassung auch von (mehreren) für sich allein den Tatbestand des § 12 Abs 1 SuchtgiftG (noch) nicht erfüllenden Teilakten zu einer 'rechtlichen (tatbestandlichen) Handlungseinheit' unterscheidet sich letztere (sowohl auf der objektiven als auch subjektiven Seite) vom sogenannten 'fortgesetzten Delikt', das eine Mehrheit von durch einen Gesamtvorsatz getragenen, an sich selbständigen Handlungen voraussetzt, deren jede für sich bereits den Tatbestand desselben Delikts voll und ganz verwirklicht.
Eine auf obige Weise zur Annahme einer Handlungseinheit - und damit bei der Frage, ob durch die Summe der einzelnen Tathandlungen insgesamt eine (abstrakte) Gemeingefahr im Sinne des § 12 Abs 1 SuchtgiftG begründet wurde, zur Addition aller tatgegenständlichen Suchtgiftteilmengen - führende fortlaufende Tatbestandsverwirklichung (vgl Jescheck3, 581) ist dann anzunehmen, wenn die betreffenden Einzelakte objektiv mit einer am einheitlichen Gefahrenbegriff orientierten Kontinuität gesetzt werden und wenn dabei auf der subjektiven Tatseite der mindestens bedingte Vorsatz des Täters jeweils auch den an die bewußt kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt umfaßt (vgl LSK 1979/287 = EvBl 1980/20 = RZ 1979/73). Dazu, das vom Punkt II des Urteils erfaßte deliktische Verhalten des Beschwerdeführers (etwa unabhängig von Art und Menge des dabei unter seiner Mitwirkung in Verkehr gesetzten Suchtgifts) zusammen mit jenem, das den Gegenstand des (nunmehr rechtskräftigen) Schuldspruchs laut Punkt I bildet, unter den vorangeführten Aspekten unter § 12 Abs 1
SuchtgiftG zu subsumieren, fehlt es ebenfalls an den (nach dem Gesagten) hiefür nötigen Feststellungen sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Beziehung.
Wegen der dem angefochtenen Urteil sohin zum Punkt II./ anhaftenden Feststellungsmängeln war es in diesem Schuldspruch zuzüglich des Strafausspruches nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG sowie des davon abhängigen Ausspruchs nach § 38 StGB gemäß § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Demgemäß waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren (Straf-)Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen. Der durch den (rechtskräftigen) Schuldspruch zum Pkt I gedeckte Ausspruch nach § 6 - richtig: 12 - Abs 4
SuchtgiftG sowie jener nach § 12 Abs 3 SuchtgiftG (der offenkundig eine vom Pkt V des Urteils ON 78 erfaßte Suchtgiftmenge - zwei Gramm bei ihm sichergestelltes Heroin, das er sohin in Besitz gehabt und vorher erworben hatte -
betrifft und daher richtigerweise auf § 16 - = 9 /alt/ - Abs 3 SuchtgiftG zu stützen gewesen wäre) bleiben hingegen unberührt.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht außerdem zu beachten haben, daß die Vorhaft - hinsichtlich der des weiteren auf die S 134, 149/I (richtig: 11. Dezember 1979, 12,55 Uhr) und auf S 209/I sowie auf S 1 in ON 53 hingewiesen wird - auf Freiheits- und Geldstrafen anzurechnen ist (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 10, 15 zu § 38).
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