OGH 13Os91/81

OGH13Os91/8110.6.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Friedrich A, verehelichten B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB.

und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 22.Dezember 1980, GZ. 4 d Vr 9587/79-74, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangene Friedrich A, verehelichter B, (zu I 1 und 2) des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB. und (zu II) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2, Abs 2 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien (zu I) fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 S übersteigenden Wert, und zwar (zu I 1) am 30.August 1974 der Irmgard C Schmuck und einen Transistorradioapparat im (festgestellten) Wert von insgesamt ca. 11.900 S, ferner (zu I 2) am 29.Oktober 1979 der Christiane D durch Aufbrechen einer Wohnungstür Münzen, Schmuck, Uhren und eine Lederschmuckkassette im (festgestellten) Wert von ca. 26.330 S und 200 S Bargeld mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegnahm und (zu II) im Herbst 1979 von unbekannten Tätern gestohlene Gegenstände in einem 5.000 S übersteigenden Wert, und zwar (zu II 1) ein (der Margarete E am 18.Oktober 1979 durch Einbruch gestohlenes) goldenes blattfärmiges Armband im Wert von 3.300 S, (zu II 2) drei (dem Ehepaar Leopold und Ingeborg F am 24.September 1979 durch Einbruch gestohlene) Schmuckstücke im Gesamtwert von ca. 18.000 S, (zu II 3) vier (der Josefine G am 2.Oktober 1971 durch Einbruch gestohlene) Schmuckstücke im Wert von insgesamt ca. 1.760 S und (zu II 4) ein (der Rosa H am 2.Oktober 1979 durch Einbruch gestohlenes) Paar Ohrgehänge im Wert von ca. 200 S durch Ankauf von einem Unbekannten um 4.000 S an sich brachte. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer die Gründe der Z. 4, 5, 8 und 10 des § 281 Abs 1 StPO.

anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde an.

Rechtliche Beurteilung

Unter der Z. 8 des § 281 Abs 1 StPO. moniert der Beschwerdeführer eine Überschreitung der Anklage entgegen den Vorschriften der §§ 262, 263 und 267 StPO., indem er die Identität der ihm (zu den Punkten 3 bis 6) in der Anklageschrift als Diebstahl vorgeworfenen mit den ihm (zu Punkt II) im Urteil als Hehlerei angelasteten Taten bestreitet.

Dies zu Unrecht. In der Anklageschrift war darauf hingewiesen worden, daß im Zuge einer Hausdurchsuchung in der Wohnung des Angeklagten (unter anderen auch jene) Schmuckstücke sichergestellt werden konnten, die von den Bestohlenen eindeutig als ihr Eigentum agnosziert wurden (S. 406 ff/I). Angesichts dessen, daß die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten den Diebstahl (auch) dieser Sachen - darunter (entgegen der Beschwerde) auch des Paars Ohrringe (Position 6 des Punktes 6 der Anklage) - zur Last legte, kam eine färmliche Inkriminierung dieses Tatgeschehens gemäß § 207 Abs 2 Z. 2 und 3 StPO. als Hehlerei (§ 164 StGB.) nicht in Betracht. Das Erstgericht, das einen Diebstahl des Angeklagten an diesen Gegenständen nicht als erwiesen annahm, hatte in Beachtung der §§ 262, 267 StPO. den insgesamt (bis zu ihrer Sicherstellung) von der Anklage umfaßten Sachverhalt auch dahin zu prüfen, ob der Angeklagte durch sein Gesamtverhalten hinsichtlich der bei ihm vorgefundenen Schmuckstücke bis zum Zeitpunkt ihrer Sicherstellung nicht den Tatbestand der Hehlerei verwirklichte. In dieser Hinsicht hat die Rechtslage durch die Geltung des (neuen) Strafgesetzbuchs keine Änderung erfahren (12 Os 56/78, 9 Os 183/80, zuletzt 13 Os 177/80). Eine Nichtigkeit (des Schuldspruchs wegen Hehlerei) nach Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung der (von seinem Verteidiger) in der Hauptverhandlung gestellten Anträge

1. auf zeugenschaftliche Vernehmung der (dem Namen nach teils richtiggestellt:) Margarete E, Ingeborg F, Karl G, Josefine G (welch' letztere beide nach der Beschwerdebehauptung irrtümlich nicht im Hauptverhandlungsprotokoll aufschienen) und Rosa H zum Beweis dafür, daß sich aus der teilweisen Übereinstimmung der von diesen Zeugen (als Diebstahlsopfer) angegebenen und ihnen erinnerlichen Identifizierungsmerkmale der ihnen gestohlenen mit Merkmalen der beim Angeklagten aufgefundenen Schmuckstücke nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Identität dieser Schmuckstücke ergebe, 2. auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus der Juwelenbranche zum Beweis dafür, daß die von den Zeugen angegebenen Identifizierungsmerkmale für eine Identifizierung der gegenständlichen Schmuckstücke nicht ausreichen (S. 49, II) und 3. auf Vernehmung der (dem Namen nach ebenso teils richtiggestellt:) Zeugen Erika I, Josefa J und Maria K zum Beweis dafür, daß auch sie Identifizierungsmerkmale anzugeben vermächten, die in gleicher Weise wie die der anderen Zeugen den Nachweis für die Identität der sichergestellten mit ihnen gestohlenen Schmuckstücken erbringe (S. 50, 51, II).

Auch die Verfahrensrüge versagt.

Das Schöffengericht wies diese Beweisanträge ab (S. 51/II) und führte in Begründung hiezu im Urteil aus, daß eine neuerliche Vernehmung der Zeugen E, F und H keine neuen Erkenntnisse bringen könne, weil diese Zeugen bereits bei der Polizei eingehend vernommen wurden und dort ausführten, auf Grund welcher Merkmale sie die Schmuckstücke erkannt hatten, sich auch der Sachverständige persönlich und einzeln mit ihnen in Verbindung gesetzt hat und sich von ihnen darlegen ließ, wie sie die Schmuckstücke agnosziert hatten. Da das Gutachten schlüssig und klar sei, sei auch die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen entbehrlich, zumal der vernommene Sachverständige klar dargelegt habe, daß es bei der Identifizierung keine Überschneidungen und Zweifelsfälle gegeben habe. Die Vernehmung der Zeugen (dem Namen nach korrigiert) I, J und K sei nicht indiziert, weil ein Nachweis, daß der Schmuck ihnen gestohlen wurde, den Angeklagten vom Vorwurf der Hehlerei nicht zu entlasten vermächte (S. 64, II).

Dieser Argumentation ist durchaus beizupflichten und bloß hinzuzufügen, daß es nach Lage des Falls nicht genügte, sich in den Beweisanträgen auf Beweisthema und Beweismittel zu beschränken, sondern auch anzugeben gewesen wäre, aus welchen Gründen erwartet werden konnte, daß die Durchführung der beantragten Beweise auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete, der bisherigen Beweislage widersprechende Ergebnis haben werde (Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Nr. 4 bbb zu § 281 Abs 1 Z. 4 StPO.), was aber vorliegend unterblieben ist.

Das Gericht hat auch - entgegen der in der Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) gegen den Schuldspruch wegen Hehlerei (zu Punkt II) aufgestellten Behauptung - ausführlich und einleuchtend begründet, warum dem Angeklagten bei Ankauf des (zu II) genannten Schmucks dessen Herkunft aus einer strafbaren Handlung klar war und dazu in Übereinstimmung mit der Lebenserfahrung auch alle jene Umstände aktengetreu angeführt, die für diese Überzeugung bestimmend waren (S. 61 bis 63/II). Es bedurfte dazu keiner Wiedergabe der vom Schöffensenat erkennbar abgelehnten Verantwortung des Angeklagten, daß er sich beim Ankauf des Schmucks nichts gedacht habe (S. 46, 48, II), sodaß auch der behauptete Begründungsmangel nicht vorliegt. Aus ebendiesem Nichtigkeitsgrund bekämpft der Beschwerdeführer auch den Schuldspruch wegen Diebstahls (zu I).

Auf seinen ersten Einwand ist zu erwidern, daß die Frage, ob die unter der Diebsbeute befindlichen kurrenten Goldund Silbermünzen mit dem Nenn- oder Handelswert in Ansatz zu bringen seien, auf sich beruhen kann, weil auch durch eine Minimalbewertung eine strafrechtlich relevante Wertgrenze (hier die des § 128 Abs 1 Z. 4 StGB.) nicht berührt würde (EvBl. 1980/57, LSK 1978/208). Die von der Beschwerde vermißte, den Schuldspruch wegen schweren Diebstahls tragende Gesetzesbestimmung findet sich (handschriftlich eingefügt) als § '128 Abs 1

Ziff. 4' StGB. in der allein maßgebenden (LSK 129/75) Urschrift des angefochtenen Urteils (S. 57, II), sodaß dem bezüglichen, auf die Gründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Beschwerdevorbringen das Substrat fehlt. Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die auf Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützte Rechtsrüge, die in Subsumtion des dem Angeklagten zu Punkt II des Urteilssatzes angelasteten Verhaltens unter die Bestimmung des § 165

StGB. dessen Beurteilung als fahrlässiges Ansichbringen von Sachen anstrebt, weil sie nicht von den dem Angeklagten hiezu ein (zumindest bedingt) vorsätzliches Handeln zur Last legenden Urteilsannahmen ausgeht (S. 61 bis 63, II).

Einer ausdrücklichen Anführung vorsätzlicher Begehung im Urteilstenor bedurfte es deshalb nicht, weil diese im Hinblick auf § 7 Abs 1 StGB. ein subintellegiertes Merkmal des in Betracht kommenden Tatbestands der Hehlerei nach § 164 StGB. ist (SSt 46/49).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1

StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Über die des weiteren gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung des Angeklagten wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO.).

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