OGH 12Os29/81

OGH12Os29/819.4.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. April 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edgar Alfons A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 22. Oktober 1980, GZ 18 Vr 1304/80-20, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Waneck sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. August 1946 geborene Steinmaurer Edgar Alfons A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 25. November 1975 in St. Pölten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Firma B durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines zahlungsfähigen und zahlungswilligen Ratenkäufers zur Ausfolgung eines Radiogerätes Marke 'Grundig Satellit' im Wert von 6.420 S und eines Farbfernsehgerätes Marke 'Color Ingelen FB 66' im Wert von 17.900 S verleitet und dadurch die Firma B an ihrem Vermögen um den Betrag von 21.185 S geschädigt hat.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund macht er Unvollständigkeit der Urteilsbegründung mit der Behauptung geltend, das Erstgericht habe in mehrfacher Richtung sich nicht mit wesentlichen Verfahrensergebnissen auseinandergesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Seine Mängelrüge versagt jedoch.

Nach den Urteilsannahmen bezog der für seine (im Haushalt tätige) Gattin und drei Kinder sorgepflichtige Angeklagte, der seinen eigenen Angaben zufolge zirka 20.000 S Schulden hatte, im Zeitpunkt des Erwerbes des Radio- und des Farbfernsehgerätes nur das Arbeitslosengeld.

Schon daraus konnte das Erstgericht ableiten, daß der Angeklagte gewußt hat, er werde nicht in der Lage sein, die gekauften Geräte termingemäß oder auch nur in absehbarer Zeit bezahlen zu können, ohne daß es besonderer Erörterungen über die Höhe seiner damaligen Einkünfte aus der Arbeitslosenversicherung und aus 'Beihilfen' (gemeint offenbar: aus der Familienbeihilfe) sowie über Fälligkeit und Dringlichkeit seiner übrigen Verpflichtungen bedurfte. Daß der Beschwerdeführer Zahlungen von je 1.000 S am 16. Jänner und 10. Februar 1976 und von 1.135 S am 10. März 1976 geleistet hat und daß er mit der Firma B Eigentumsvorbehalt bis zur vollen Kaufpreiszahlung vereinbart hatte, wurde vom Erstgericht ausdrücklich festgestellt; dieser Tatumstand wurde demnach vom Gericht bei der Lösung der Schuldfrage ohnedies in seine Erwägungen einbezogen.

überdies nahm das Schöffengericht als erwiesen an, daß es sich ursprünglich um einen Barkauf mit Fälligkeit des Gesamtkaufpreises von 24.320 S per 31. Dezember 1975

gehandelt und die Firma B erst nachträglich sich mit einer Ratenzahlung des Angeklagten (über dessen Ersuchen) bereiterklärt hat. Ferner wurde festgestellt, daß der Versuch der Firma B, die Geräte vom Angeklagten zurückzuholen, mißlungen ist und diese auch beim Exekutionsvollzug nicht mehr vorhanden gewesen sind. Bei diesen Konstatierungen stützte sich das Gericht auf die Zeugenaussagen des Wilhelm C, des Herbert D und des Dr. Helmut E sowie auf den Schriftwechsel zwischen dem Angeklagten und der Verkäuferfirma, auf Grund deren die gegenteilige Verantwortung des Angeklagten für widerlegt erachtet wurde. Ob dem Angeklagten die Möglichkeit einer Abstattung des Kaufpreises in Raten von vornherein in Aussicht gestellt worden war, die Waren im Zeitpunkt seines Ratengesuches noch unbeschädigt vorhanden gewesen sind und die Firma B die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren - wären sie noch vorhanden gewesen - unter Verzicht auf ihr Vorbehaltseigentum in Exekution gezogen hätte, ist im übrigen - den Beschwerdeausführungen zuwider - nicht entscheidungswesentlich; genug daran, daß der Beschwerdeführer, wie das Erstgericht mit mängelfreier Begründung annahm, bei Abschluß des Kaufvertrages mit Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz handelnd, den bedungenen Kaufpreis nur zu einem geringen Teil entrichtet und die unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Geräte, nachdem er in Verzug geraten war, dem Zugriff des Vorbehaltseigentümers entzogen hat. So gesehen stellt das Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge in Wahrheit nur den unbeachtlichen Versuch einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar, welches unter Verwertung aller wesentlichen Beweisergebnisse einleuchtend und zureichend begründet hat, auf Grund welcher Erwägungen es den Schädigungsvorsatz des Angeklagten bei Kaufabschluß als gegeben annahm.

Ebensowenig durchzudringen vermag der Beschwerdeführer mit seiner auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge, es mangle am objektiven und subjektiven Tatbestand, insbesondere an einer (tätergewollten) Irreführung und - zufolge des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes - auch an einer Schädigung der Firma B. Zunächst übersieht der Beschwerdeführer, daß beim Betrug die Täuschungshandlung schon in zur Irreführung eines anderen bestimmten und hiezu geeigneten schlüssigen Handlungen bestehen kann und daß bei einem Kreditkauf der Käufer nach den Regeln und Gewohnheiten des redlichen Verkehrs (§ 863 ABGB) durch den Geschäftsabschluß auch bekundet, daß er den Willen und die Möglichkeit hat, seinen eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Soweit daher bei solchen Geschäften der Wille und die Fähigkeit, eine eingegangene Schuld zur vereinbarten Zeit zu bezahlen, entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsleben selbstverständliche Voraussetzung ist, täuscht jemand, der bei Vertragsabschluß seine mangelnde Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit bewußt verschweigt, seinen Geschäftspartner über das Vorhandensein essentieller Geschäftsvoraussetzungen (vgl EvBl 1976/173 ua). Hat demnach der Angeklagte bei Kaufabschluß gewußt, er werde unter den gegebenen Verhältnissen den Kaufpreis nicht innerhalb einer wirtschaftlich vertretbaren Frist bezahlen können, so stellt sein Verhalten gegenüber den Angestellten der Firma B, wie das Erstgericht richtig erkannte, in rechtlicher Hinsicht jedenfalls eine Täuschung über Tatsachen dar, durch welche der Getäuschte in Irrtum geführt und zu einer (die Firma B schädigenden) Vermögensverfügung - die Hingabe von Waren ohne Barzahlung - verleitet worden ist.

Unzutreffend ist aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers, ein bedungener Eigentumsvorbehalt schließe eine (mögliche) Vermögensschädigung des Verkäufers aus. Solange eine unter Eigentumsvorbehalt verkaufte (unverbrauchbare) Sache faktisch dem Zugriff des Verkäufers zur Realisierung seines Vorbehaltseigentums unterliegt, bildet sie wirtschaftlich noch einen Bestandteil seines Vermögens. Demzufolge tritt, wenn der Verkäufer nicht die zugesagte Geldleistung, sondern den Gegenstand erhält, auf den er kraft seines Eigentums greifen kann, eine strafrechtlich relevante Vermögensschädigung nicht im vollen Ausmaß der offenen Kaufpreisforderung, sondern bloß in der Differenz zwischen dieser und dem - infolge Gebrauches regelmäßig verminderten - Verkehrswert der noch im Gewahrsam des Käufers verbliebenen oder in den Besitz des Verkäufers rückgelangten Ware ein, wobei auch auf die weiteren Verwertungsmöglichkeiten des Verkäufers Bedacht zu nehmen ist (vgl F 1977/60, 1978/316 ua). Dies setzt aber voraus, daß der Verkäufer jederzeit die Möglichkeit hat, die Sache wirtschaftlich wieder in sein Vermögen zurückzuführen. Gerade an dieser entscheidenden Voraussetzung fehlt es jedoch im vorliegenden Fall, weil nach den Urteilsfeststellungen die im Vorbehaltseigentum der Firma B stehenden Waren vom Angeklagten - unbekannt wohin - verbracht und damit einem Zugriff der Verkäuferfirma entzogen worden sind. Die Annahme, durch das Verhalten des Angeklagten sei ein Vermögensschaden der Firma B in Höhe der restlichen Kaufpreisforderung von 21.185 S bewirkt worden, erweist sich demnach als rechtlich unbedenklich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend sieben einschlägige Vorstrafen, wobei die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB gegeben sind, als mildernd hingegen, daß die Tat längere Zeit zurückliegt und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat. Den Strafausspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft. Während der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, begehrt der öffentliche Ankläger die Erhöhung der Strafe.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Auch wenn man dem Angeklagten zugute hält, daß er sich zur Tatzeit in einer Notlage befunden hat und daß es sich bei ihm um eine abnorme psychische Persönlichkeit mit den spezifischen Zügen der Haltschwäche, Selbstunsicherheit, emotionalen Labilität und ausgeprägter Belastungsund Frustrationsintoleranz handelt (vgl S 77 d. A), so darf doch nicht übersehen werden, daß der Angeklagte mehrfach einschlägig vorbestraft ist, wobei ihn diese Vorstrafen nicht davon abgehalten haben, abermals in einschlägiger Richtung straffällig zu werden. So gesehen ist daher das vom Erstgericht gefundene Strafmaß nicht überhöht. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, daß die gegenständliche Tat längere Zeit zurückliegt und sich der Angeklagte seither wohlverhalten hat, was dafür spricht, daß die vom Erstgericht ausgesprochene Strafe ausreicht, um den Angeklagten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten und ihn zu einer rechtschaffenen, den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung anzuhalten. Eine bedingte Strafnachsicht kam, wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, angesichts der kriminellen Vorbelastung des Angeklagten nicht in Betracht.

Es war demnach beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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