Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird zum Teil, und zwar so weit sie sich gegen den Schuldspruch zu Punkt 1 des Urteilssatzes wendet, dahin Folge gegeben, daß dieser Punkt des im übrigen unberührt bleibenden Schuldspruchs und demgemäß auch der Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt wird:
Robert A ist schuldig, er hat am 28.März 1980
in Graz eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, nämlich einen von 10 S auf 1.000 S verfälschten Erlagscheinabschnitt (Empfangsschein der österreichischen Postsparkasse, auf dem die Einzahlung von 10 S am 18.Februar 1980 vom Postamt Graz 8010 bestätigt worden war) durch Veranlassung dessen Vorlage an einen Beamten der Bundespolizeidirektion Graz im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich der Bezahlung einer Geldstrafe (in der Höhe von 1.000 S) gebraucht.
Er hat hiedurch das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB.
begangen und wird hiefür und für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Punkt 2) des erstgerichtlichen Schuldspruchs zur Last fallende Vergehen des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB. nach §§ 28, 224 StGB. zu sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft des Angeklagten gemäß § 38 StGB. wird aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen. Im übrigen wird seine Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.März 1952 geborene Gelegenheitsarbeiter Robert A zu 1.) des Urteilsspruches des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z. 1 StGB. und zu 2.) des Urteilsspruches des Vergehens des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in Graz 1.) am 28.März 1980 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Beamte der Bundespolizeidirektion Graz durch Veranlassung der Vorlage eines von 10 S auf 1.000 S verfälschten Erlagscheinabschnittes, sohin unter Benützung einer verfälschten Urkunde, durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zu seiner Enthaftung und zur Anerkennung der ordnungsgemäßen Bezahlung der Geldstrafe, zu verleiten versuchte, die den Staat in seinem Vermögen in der Höhe von 990 S schädigen sollten;
2.) am 2.Juni 1980 die Polizeibeamten Johann B und Friedrich C während einer Amtshandlung, nämlich während seiner Perlustrierung und anschließenden Festnahme dadurch tätlich angriff, daß er sie an der Kleidung ergriff und schüttelte.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Gegen den Schuldspruch zu 1.) wendet der Beschwerdeführer in seiner auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund gestützten Mängelrüge ein, daß die Annahme des Gerichtes, er habe durch die Benützung der verfälschten Urkunde sich nicht nur dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe entziehen, sondern auch den Staat an seinem Vermögen schädigen wollen, im Urteil nicht begründet worden, insbesondere darin nicht klargestellt worden sei, worauf sich der vom Erstgericht in Ansehung seiner Person angenommene bedingte Vorsatz bezogen habe, ob er auch die Schädigung des Staates und die eigene Bereicherung umfaßt habe. In Ausführung der ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 9
lit a StPO., der Sache nach auch auf die Z. 10 dieser Gesetzesstelle gestützten Rechtsrüge bringt er vor, daß Betrug mangels Vorliegens eines Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes nicht gegeben sei, ein Schuldspruch wegen Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB. aber deshalb nicht in Betracht komme, weil er zwar versucht habe, sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe zu entziehen, den dadurch entstehenden Schaden des Staates an seinem Recht auf Vollzug der Freiheitsstrafe nach den Urteilsfeststellungen aber nicht mit der zur Erfüllung dieses Tatbildes erforderlichen Schuldform der Absichtlichkeit angestrebt habe.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kommt weitgehend Berechtigung zu:
Bei Beurteilung der gegenständlichen Tat des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, daß der Anspruch des Staates (primär) auf Bezahlung der Geldstrafe oder (subsidiär) auf Vollzug der für diese gemäß § 16 VStG. festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe gerichtet war. Eine Schädigung des Staates in beiden Ansprüchen nebeneinander ist begrifflich ausgeschlossen. Es besteht freilich nicht, wie der Beschwerdeführer meint, ein Wahlrecht des von der Verwaltungsbehörde Verurteilten zwischen Bezahlung der Geldstrafe und dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe.
Gemäß § 53 Abs 4 VStG. ist vielmehr, wenn eine Geldstrafe ganz oder zum Teil uneinbringlich oder dies mit Grund anzunehmen ist, die für den Fall der Uneinbringlichkeit verhängte Freiheitsstrafe in Vollzug zu setzen, wie dies vorliegend auch durch die Anordnung der Vorführung geschehen ist. Von diesem Augenblick an hatte der Verurteilte zwar noch gemäß § 16 Abs 3 VStG. das Recht, den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe dadurch abzuwenden, daß er vor deren Antritt den Betrag der Geldstrafe erlegt, es kann aber nicht eine dolose vermögensrechtliche Schädigung des Staates angenommen werden, wenn dieser Erlag unterbleibt.
Die - wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt -
unbegründet gebliebene Annahme des Erstgerichtes, durch das Vorgehen des Angeklagten, der erreichen wollte, daß die Polizeibehörde zur Meinung gelangt, die Geldstrafe sei bezahlt, sodaß er die Ersatzfreiheitsstrafe nicht mehr verbüßen müsse, 'sollte' der Behörde ein Schaden von 990 S zustoßen (S. 118), widerspricht somit der Sachund Rechtslage. Der Vorsatz des Angeklagten war vielmehr darauf gerichtet seine Enthaftung zu erreichen. Der Staat sollte somit nicht in einem vermögensrechtlichen Anspruch sondern in seinem Recht auf Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe geschädigt werden. Für die Annahme eines auf Zufügung eines Vermögensschadens gerichteten Vorsatzes des Beschwerdeführers und damit für die Erfüllung des Tatbestandes des Betruges bleibt tatsächlich kein Raum. Dem Beschwerdeführer ist auch zuzugeben, daß nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes eine Subsumtion der Vorgangsweise des Angeklagten unter das Tatbild der Täuschung nach § 108 Abs 1
StGB. schon mangels Vorliegens der hiefür erforderlichen Absichtlichkeit in Ansehung der Schadenszufügung nicht in Betracht kommt. überdies hat der Oberste Gerichtshof schon in der dem zu ÖJZ-LSK 1980/155 veröffentlichten Leitsatz zu Grunde liegenden Entscheidung vom 26.Juni 1980, 13 Os 30/80, ausgesprochen, daß ein Schuldspruch nach dieser Gesetzesstelle wegen des Charakters des § 108 Abs 1 StGB.
als subsi i rer Auffangtatbestand idealkonkurrierend mit dem Vergehen der Urkundenfälschung in der Regel nicht zu erfolgen hat. Vorliegend ist nämlich - und das übersieht der Beschwerdeführer - in dessen festgestellten Verhalten das Tatbild der §§ 223 Abs 2, 224 StGB.
verwirklicht:
Ein postamtlich bestätigter Erlagschein stellt eine öffentliche Urkunde dar (EvBl 1980/19). Es kann dahingestellt bleiben, ob schon dessen Verfälschung zur Vorlage an die Mutter des Angeklagten, um ihr die widmungsgemäße Verwendung des von ihr zur Geldstrafenbezahlung erhaltenen Betrages vorzutäuschen, im Sinne des § 223 Abs 1 StPO. zum Gebrauch im Rechtsverkehr erfolgte. Denn der Beschwerdeführer hat die von ihm durch Veränderung des in dem Erlagscheinabschnitt aufscheinenden Betrages von 10 S auf 1.000 S verfälschte Urkunde jedenfalls dadurch in einer nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB. strafbaren Weise im Rechtsverkehr verwendet, daß er sie durch seine - als sogenanntes blindes Werkzeug mißbrauchte - Mutter der Polizeibehörde zum Nachweis der erfolgten Bezahlung der Strafe vorlegen ließ. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hat somit ein Schuldspruch nicht wegen versuchten schweren Betruges, wie es im Ersturteil der Fall war, sondern (bloß) wegen dieses bezeichneten Vergehens zu ergehen, sodaß der Nichtigkeitsbeschwerde in dieser Richtung Folge zu geben war.
Gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens des tätlichen Angriffs gegen einen Beamten nach § 270 StGB.
(Punkt 2.) des Urteilsspruches) wendet der Beschwerdeführer in Ausführung der Mängelrüge gemäß § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. zunächst ein, die Begründung des Gerichtes, mit der es einerseits den Aussagen von sieben, ihn entlastenden Zeugen den Glauben versagte, andererseits aber auch aussprach, daß sich gegen keinen dieser Zeugen der Verdacht einer falschen Beweisaussage richte, sei widersprüchlich und unzureichend. Dem ist entgegenzuhalten, daß es für die Beurteilung der Schuld des Beschwerdeführers unerheblich ist, ob das erkennende Gericht über die von ihm mit schlüssiger, vor allem auf den Widersprüchen in den Aussagen dieser Zeugen untereinander und mit den Angaben des Angeklagten beruhender, Begründung angenommene objektive Unrichtigkeit der entlastenden Zeugenaussagen hinaus auch deren subjektive, Strafbarkeit wegen falscher Beweisaussage indizierende Unrichtigkeit annimmt oder nicht. Da sohin der behauptete innere Widerspruch des Urteils jedenfalls keinen entscheidenden Umstand betrifft, kann auch insoweit von einer Nichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. nicht gesprochen werden.
Des weiteren rügt der Beschwerdeführer, die Schlußfolgerung des Gerichtes aus der Tatsache, daß er erst drei Tage nach dem gegenständlichen Vorfall gegenüber dem Arzt des Gefangenenhauses Schmerzen im Hodenbereich angab, auf die Unrichtigkeit seiner Angaben, von den Polizeibeamten durch einen Tritt verletzt worden zu sein, sei nicht richtig, weil sich Hämatome (der Arzt hatte auf Grund dieser Mitteilung eines beim Beschwerdeführer festgestellt) erst nach gewisser Zeit voll ausbilden. Diese Rüge betrifft jedoch gleichfalls keine entscheidende Tatsache im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes, weil es für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des § 270 StGB. nicht darauf ankommt, ob er von den Polizeibeamten anläßlich der - zweifellos rechtmäßigen - Amtshandlung bei Ausübung von Zwangsgewalt (§ 269 Abs 3 StGB.) verletzt wurde oder nicht. Nur der Vollständigkeit halber sei zum bezüglichen Beschwerdevorbringen noch darauf verwiesen, daß das Schöffengericht die vom Angeklagten im Ergebnis bekämpfte Feststellung des Unterbleibens einer solchen Mißhandlung in erster Linie darauf gründete, daß er die Verletzung erst drei Tage später meldete (S. 127), wofür die volle Entwicklung des Hämatoms keineswegs Voraussetzung gewesen wäre. Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. gegründete Rechtsrüge, wenn der Beschwerdeführer nämlich meint, daß das Angreifen der Uniformbluse eines Polizeibeamten noch keinen tätlichen Angriff im Sinne des § 270 StGB. darstellt, so übersieht er die bezüglichen tatsächlichen Feststellungen des Gerichtes, daß er beide Polizeibeamte an der Kleidung ergriff und schüttelte (S. 114), den Zeugen B mit dem Körper anrempelte, ihn sodann an der Uniformbluse erfaßte, sich nach Ausspruch der Festnahme auf C stürzte, diesen am Revers der Bluse erfaßte und versuchte, ihn daran zu schütteln, und C schließlich von sich stieß (S. 121). In der Gesamtheit dieser Tätlichkeiten ist ein tätlicher Angriff zu erblicken, der über eine bloße tätliche Beleidigung nach § 115 (dritter Fall) StGB.
hinausgeht.
Nach § 270 StGB. ist strafbar, wer einen Beamten während einer Amtshandlung (§ 269 Abs 3 StGB.) tätlich angreift. Ein tätlicher Angriff setzt eine wider den Körper des Beamten gerichtete Tätigkeit, eine unmittelbar auf diesen zielende Einwirkung voraus (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 3 zu § 270, Dokumentation StGB., S. 219, rechte Spalte). Zum tätlichen Angriff ist nicht körperliche Berührung erforderlich, jede körperliche Einwirkung genügt (vgl. die bei Mayerhofer-Rieder zu § 270 StGB. zitierte Judikatur zu § 312 StG., dessen - i.d.F. StRöG. 1971 - Anwendungsbereich von § 270 StGB.
abgedeckt wird - Dokumentation StGB. a.a.O.). Dieser Schuldspruch des Beschwerdeführers erweist sich somit als frei von Rechtsirrtum. Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, zum Teil, und zwar soweit sie sich gegen den Schuldspruch zu PUnkt 1.) des Urteilssatzes wendet, dahin Folge zu geben, daß dieser Punkt des im übrigen unberührt bleibenden Schuldspruchs und demgemäß auch der Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst spruchgemäß erkannt wird.
Im übrigen war aber seine Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Die Strafe war nach §§ 28, 224 StGB. zu bemessen.
Erschwerend waren die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen zweier Vergehen, mildernd kein Umstand. Bei der Strafbemessung war ferner zu berücksichtigen, daß die Tätlichkeiten des Angeklagten gegen die Polizeibeamten nicht als schwerwiegend bezeichnet werden können.
Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat. Wegen des Vorlebens des Angeklagten scheidet bedingte Strafnachsicht aus.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die übrigen Entscheidungen beruhen auf den zitierten Gesetzesstellen.
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