OGH 11Os179/80

OGH11Os179/8017.12.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissner als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A u.a. wegen des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 11.März 1980, GZ U 456/79 11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schöner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 11.März 1980, GZ U 456/79 11, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 42 StGB

Dieses Urteil und alle darauf beruhenden Entscheidungen und Verfügungen des Gerichtes, insbesondere die Endverfügung vom 19.März 1980 werden aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann A und Erich B werden von der Anklage, am 9.September 1979 in Haitzendorf mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Auguste C durch Täuschung über Tatsachen, indem sie vorgaben, zahlungswillige und zahlungsfähige Gäste zu sein, zur Ausfolgung je einer Wurstsemmel und damit zu einer Handlung verleitet zu haben, die Auguste C am Vermögen schädigte, wobei der Schaden je 7 S beträgt, gemäß dem § 259 Z 4 StPO freigesprochen. Gemäß dem § 366 Abs. 1 StPO wird die Privatbeteiligte Auguste C mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Text

Gründe:

Aus den Akten AZ U 456/79 des Bezirksgerichtes Langenlois ergibt

sich folgender Sachverhalt:

Am 9.September 1979 besuchten der am 18.April 1958

geborene Maschinenbautechniker Johann A und der am 25.November 1957 geborene Kraftfahrzeugmechaniker Erich B das Gasthaus der Auguste C in Haitzendorf, Bezirk Krems. Sie bestellten, verzehrten und bezahlten je ein Cola mit Rum und eine Wurstsemmel; sodann bestellten und aßen sie je eine weitere Wurstsemmel im Wert von 7 S und entfernten sich, ohne zu bezahlen, obwohl sie deshalb von der Gastwirtin noch vor dem Lokal zur Rede gestellt wurden. Auf Grund des Strafantrages des öffentlichen Anklägers vom 15.Jänner 1980 führte das Bezirksgericht Langenlois am 11.März 1980 eine Hauptverhandlung gegen die beiden Beschuldigten durch. Es schenkte ihrer leugnenden Verantwortung keinen Glauben, sprach sie mit Urteil vom selben Tag (ON 11) des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB schuldig und verhängte über sie Geldstrafen von je 40 Tagessätzen, deren Höhe bei Johann A mit 40 S, bei Erich B mit 300 S festgesetzt wurde. überdies verurteilte es beide zur Zahlung von je

7 S an die Privatbeteiligte Auguste C, wobei es unrichtig (vgl. SSt. 6/87) eine Zahlungsfrist von vierzehn Tagen bestimmte und den Zuspruch in der Begründung auf § 366 Abs. 2 StPO (gemeint § 369 Abs. 1 StPO) stützte.

Dieses Urteil erwuchs zufolge Rechtsmittelverzichtes der Beschuldigten und Unterbleiben einer Anfechtung durch den öffentlichen Ankläger in Rechtskraft. Die Geldstrafen wurden in der Folge auch gezahlt (ON 16 und 17).

Rechtliche Beurteilung

Die vorerwähnte Entscheidung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach dem § 42 StGB ist eine von amtswegen zu verfolgende, mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedrohte Tat nicht strafbar, wenn die Schuld des Täters gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Im vorliegenden Fall zogen die gemäß dem § 146 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedrohten Taten der beiden Verurteilten (einverständliches Zusammenwirken im Sinn des § 12 StGB zu einer einheitlichen Tat wurde vom Gericht nicht festgestellt) die hier nur als unbedeutend zu qualifizierende Folge eines Schadens von jeweils 7 S nach sich.

Auch die Schuld der beiden Rechtsbrecher ist als gering anzusehen:

Es ist der Sachlage nach wohl anzunehmen, daß bei beiden, strafrechtlich in einschlägiger Beziehung noch nicht in Erscheinung getretenen Tätern der Tatentschluß eher auf eine plötzliche Eingebung des Unmuts als auf reifliche überlegung zurückzuführen ist. Ihr Verhalten bei der späteren Anhaltung durch die Wirtin hat für ihre in der Tat selbst liegende Schuld nichts zu besagen. Konkrete Umstände, welche die Bestrafung der Tat aus generalpräventiven Gründen gebieten, sind weder dem Urteil, das sich mit der Frage der Anwendbarkeit des § 42

StGB überhaupt nicht auseinandersetzte, noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen. Daß die Bestrafung eines Zechbetruges selbst bei so außergewähnlich niedrigem Schadensbetrag grundsätzlich geboten wäre, um der Begehung von strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken, kann nicht angenommen werden, zumal schon das mit der Ermittlungstätigkeit der Strafbehörden verbundene Ungemach für einen sozial integrierten Täter solchen geringen aus der Straftat gezogenen Vorteil bei weitem überwiegt.

Da nach Lage des Falles auch spezialpräventive Bedenken nicht gegen die Annahme mangelnder Strafwürdigkeit der Tat sprechen, hätte das Erstgericht (nach durchgeführter Hauptverhandlung) mit einem Freispruch gemäß dem § 259 Z 4 StPO vorgehen und demgemäß auch die Privatbeteiligte Auguste C mit ihrem an sich berechtigten Schadenersatzbegehren auf den Zivilrechtsweg verweisen müssen. über die den Angeklagten nachteilige Gesetzesverletzung war somit in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

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