OGH 13Os102/80

OGH13Os102/8025.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael A wegen des Verbrechens des versuchten Raubs nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht Innsbruck vom 22.Mai 1980, GZ. 20 Vr 4138/79-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Weiss und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde der am 28.November 1961 geborene Hilfsarbeiter Michael A des Verbrechens des versuchten schweren Raubs nach den §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (zweiter Anwendungsfall) StGB. schuldig erkannt. Er hat am 6. September 1979 in Lienz den Heinrich B in den 'Schwitzkasten' genommen, ihm zwei Fleischermesser vorgehalten und geäußert: 'Gib Geld her, oder ich stech Dich ab', um dem B Bargeld abzunötigen. Die Geschwornen hatten die an sie gerichtete Hauptfrage mit der Einschränkung, daß nur Heinrich B und nicht auch Johanna C bedroht wurde, stimmeneinhellig bejaht.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs. 1 Z. 6 und 8 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt er die Unterlassung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens der schweren Nötigung oder des Vergehens der gefährlichen Drohung unter Hinweis auf die Zeugenaussage des Heinrich B im Vorverfahren, in der dieser keine Erwähnung gemacht habe, daß die gegen ihn gerichtete Drohung mit einer Forderung nach Geld verbunden gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt. Eine Eventualfrage ist gemäß § 314 Abs. 1 StPO. dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht werden, nach denen, wenn sie als erwiesen angenommen werden, die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes, nicht strengeres Strafgesetz fiele. Im Beweisverfahren sind jedoch keine Umstände hervorgekommen, durch welche die Annahme solcher Tatsachen in den Bereich der Möglichkeit gerückt worden wären. Abgesehen davon, daß der Angeklagte selbst niemals in Abrede stellte, daß sein Vorsatz darauf gerichtet war, dem B die Barschaft abzunötigen (vgl. S. 29, 47, 182 ff.), enthält auch die (dem Zeugen in der Hauptverhandlung vorgehaltene, mit seiner dortigen Aussage nicht völlig übereinstimmende: S. 186) Darstellung des B vor dem Untersuchungsrichter keine solchen Tatsachenbehauptungen, daß darin eine von der Anklage abweichende, zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führende Sachverhaltsvariante Deckung fände; bezog sich doch der Zeuge dort ausdrücklich auf seine Angaben vor der Gendarmerie, wonach der Beschwerdeführer bei der Anwendung von Gewalt und gefährlicher Drohung von ihm Geld verlangte (S. 25, 111), sodaß auch aus dieser Aussage - als Ganzes betrachtet - keineswegs der Schluß gezogen werden könnte, die Gewaltakte und Drohungen des Angeklagten wären lediglich vom Vorsatz getragen gewesen, B zum Schweigen zu bringen oder den Genannten in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Mit Beziehung auf die Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO.

behauptet der Beschwerdeführer, den Geschwornen sei zum § 143 StGB. eine unrichtige Rechtsbelehrung erteilt worden, weil darin nicht zwischen Waffen im Sinn des Waffengesetzes und anderen, zur Beeinträchtigung oder Herabsetzung der Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen geeigneten Mitteln unterschieden werde. Soweit er in diesem Zusammenhang unter Berufung auf die Lehrmeinung von Leukauf-Steininger (Kommentar2 S. 966 f.) die Auffassung vertritt, daß nur die Verwendung von Waffen im technischen Sinn die Qualifikation des schweren Raubs nach § 143

(zweiter Anwendungsfall) StGB. erfülle, macht er damit der Sache

nach auch den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 12 StPO. geltend.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, von der abzugehen das Beschwerdevorbringen keinen Anlaß bietet, sind jedoch Waffen im Sinn des § 143

StGB. nicht nur Waffen im technischen Sinn, sondern, wie in der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung demnach ohnehin richtig dargelegt wird (S. 3 der Beilage 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll, ON. 37), auch andere Mittel, die zur Verwendung als Waffe derart (spezifisch) geeignet sind, daß sie bezüglich Form und Wirkungsweise sowie Anwendbarkeit in einem Kampf den Waffen gemäß § 1 lit. a WaffG. gleichwertig sind. 'Waffe' ist mithin jeder Gegenstand, der als ein zur Gewaltanwendung gegen die Person oder zur Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ad hoc geeignetes Instrument gebraucht wird (LSK. 1976/285). Diese Voraussetzungen treffen auf Fleischermesser, wie sie der Angeklagte zufolge der im Wahrspruch der Geschwornen enthaltenen tatsächlichen Feststellungen bei Begehung des Raubversuchs verwendete (vgl. auch S. 71), vollauf zu (EvBl. 1978/34 u.a.). Die Tat des Beschwerdeführers wurde demnach frei von Rechtsirrtum dem zweiten Fall des § 143 StGB. unterstellt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. und § 11

JGG. unter Anwendung des § 41 Abs. 1 StGB. eine Freiheitsstrafe von vierzehn Monaten. In deren Bemessung erachtete es als erschwerend die Tatsache, daß der Angeklagte neuerlich eine schwere Straftat beging, obwohl gegen ihn bereits ein Strafverfahren anhängig war und daß er gegen Heinrich B Gewalt und Drohung anwendete sowie die Drohung wiederholt hat; als mildernd hingegen das der Wahrheitsfindung dienende reumütige Geständnis, den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, eine leichtgradige Alkoholisierung, die einen Abbau der Hemmungen und des Kritikvermögens und damit eine geringfügige Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit zur Folge hatte, das Fehlen der Vaterhand in der pubertären Entwicklung und die Unbescholtenheit des Angeklagten zur Tatzeit.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung und

die Anwendung der bedingten Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die in der Berufung als zusätzliche Milderungsgründe angeführten Umstände wurden vom Erstgericht ohnedies berücksichtigt; dem jugendlichen Alter des Angeklagten wurde durch die Anwendung des § 11 JGG. Rechnung getragen. Die Tatsache, daß der Angeklagte vor der Tat keiner geregelten Arbeit nachging, die gegenständliche Straftat ungeachtet eines gegen ihn anhängigen Strafverfahrens (23 Vr 2551/79 des Landesgerichts Innsbruck) beging und Opfer ein Invalidenrentner, sohin eine weitgehend hilflose Person, war, weist auf einen tiefgreifenden Mangel an Verbundenheit mit den rechtlich geschützten Werten hin, sodaß es zumindest der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe bedarf, soll dieser die Eignung zukommen, den der Strafe vom Gesetzgeber primär zugedachten Resozialisierungszweck zu erfüllen. Der verhältnismäßig große Unrechtsgehalt der Tat hat bei der Festsetzung dieser Strafe, die in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung sogar weniger als die Hälfte des für Jugendtäter geltenden Mindestmaßes von zweieinhalb Jahren (§ 143/1 StGB., § 11 Z. 1 JGG.) ausmacht, gerade noch Berücksichtigung gefunden.

Besondere Gründe im Sinn des § 43 Abs. 2 StGB. für die Annahme eines künftigen Wohlverhaltens des Angeklagten sind im Hinblick auf die soeben charakterisierte Täterpersönlichkeit nicht vorhanden.

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