OGH 13Os86/80

OGH13Os86/803.7.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 StGB. und einer weiteren strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Schöffengerichts vom 6.November 1979, GZ. 15 Vr 459/79- 16, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 StGB. und des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB.

schuldig erkannt, weil er am 20.Dezember 1978 seine Ehegattin Anna A mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Übergabe von 170.000 S Bargeld zu nötigen trachtete, wobei er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, handelte, und weil er die Genannte durch Faustschläge ins Gesicht, Würgen am Hals und Verdrehen des linken Zeigefingers vorsätzlich am Körper verletzte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (S. 83) wurde der Zeuge Heinz B - der Sohn der inzwischen geschiedenen Gattin des Angeklagten, Anna B - zur Sache vernommen, ohne auf sein Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs. 1 Z. 1 StPO. ausdrücklich zu verzichten. Darnach sind die Angehörigen des Beschuldigten (§ 72 StGB.) von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit, wobei die durch eine Ehe begründete Eigenschaft einer Person als Angehöriger aufrecht bleibt, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht. Kraft dieser Ausnahmsvorschrift ist somit (ebenso wie im materiellen Strafrecht beim Aussagenotstand, § 290 Abs. 2 StGB., und anders als nach der allgemeinen Regel des § 72 StGB.) das Ehegatten- und Schwägerschaftsverhältnis auch dann noch zu berücksichtigen, wenn die Ehe nicht mehr besteht. Da die Aussage dieses Zeugen im Urteil verwertet wurde (S. 92, 94, 95 und 96), ist dieses gemäß § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. nichtig (EvBl. 1967 Nr. 47). Da sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war gemäß § 285 e StPO. i.d.F.d. BGBl. 1980/28 schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen.

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