OGH 9Os35/80

OGH9Os35/8010.6.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 1979, GZ. 7 a Vr 7531/79-54, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. August 1946 geborene Harald A 1. des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB., 2. des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. und 3. des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB. schuldig erkannt.

Mit seiner ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z. 4, 5

und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte lediglich die beiden erstbezeichneten Schuldsprüche, welchen zugrunde liegt, daß er in Wien den Hans B ad 1. am 20. August 1979 durch Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper schwer verletzte (: Abbruch des Gelenkskopffortsatzes der linken Unterkieferhälfte sowie Rißquetschwunden am Hinterkopf, verbunden mit mehr als 24-tägiger Gesundheitsschädigung) und ad 2. zwischen dem 29. August 1979 (Spitalsentlassung des Hans B) und dem 10. September 1979 durch die Äußerung, er werde ihn umbringen, falls er ihn (den Angeklagten) wegen der zu 1. bezeichneten Tat anzeige, mithin durch gefährliche Drohung, zum Unterlassen der Anzeigeerstattung wegen dieser Tat zu nötigen versuchte.

Gestützt auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge auf zeugenschaftliche Vernehmung der (beim Faktum 1.) intervenierenden Polizeibeamten, um nachzuweisen, daß ihnen gegenüber Hans B als Urheber seiner Verletzungen den Josef C bezeichnet habe, sowie daß diese Verletzungen dem B nicht von ihm (A) zugefügt worden seien, sowie der (angeblichen) Tatzeugin Brigitte E zum Beweis dafür, daß er den Hans B nicht (mit Füßen) getreten habe (siehe S. 286 f d.A.).

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge versagt.

Der Aufenthaltsort der beantragten Zeugin Brigitte E konnte vom Erstgericht weder auf Grund der vom Antragsteller bekanntgegebenen (angeblichen) Anschrift (S. 227 d.A.) festgestellt, noch unter Einschaltung der Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft und des Zentralmeldeamtes eruiert werden (siehe ON. 43, 48 und 52), weshalb diese Zeugin auch nicht zur Hauptverhandlung vorgeladen (und vernommen) werden konnte. Diese vom Beschwerdeführer beantragte (und vom Erstgericht an sich in Aussicht genommene - S. 253 d.A.) Beweisaufnahme erwies sich mithin als unmöglich, sodaß der bezügliche Beweisantrag schließlich zu Recht abgewiesen wurde. Zu dem vom Beschwerdeführer in bezug auf den Beweisantrag auf Vernehmung der (des) erstintervenierenden Polizeibeamten angegebenen Beweisthema lag hinwieder ohnedies der Inhalt der in der Hauptverhandlung verlesenen Anzeige (S. 159/160 d.A.) vor, demzufolge tatsächlich Hans B am Tatort dem ihn befragenden Polizeibeamten (F) sinngemäß angab, er sei seiner Erinnerung nach von (Josef) C gegen den Hinterkopf geschlagen worden und zu Boden gestürzt; Gleiches gilt für den in der Verfahrensrüge im gegebenen Zusammenhang weiters relevierten Umstand, daß der nunmehrige Angeklagte Harald A von diesem Polizeibeamten in der von ihm verfaßten Anzeige 'als Zeuge' angesehen wurde, der angab, B habe gegen den am Boden liegenden C mit Füßen getreten.

Die angegebenen Beweisthemen bedurften daher bei der gegebenen Sachlage keiner weiteren Klarstellung durch zeugenschaftliche Vernehmung des betreffenden Polizeibeamten, der zum Tathergang selbst keine Angaben machen hätte können, weil er nicht Tatzeuge war. So gesehen wurde der Beschwerdeführer demnach auch durch das Unterbleiben einer zeugenschaftlichen Vernehmung des in Rede stehenden Polizeibeamten in seinen Verteidigungsrechten nicht verletzt.

Soweit der Beschwerdeführer aber, zum Teil schon im Rahmen des Vorbringens zum Nichtigkeitsgrund der Z. 4

des § 281 Abs. 1 StPO., vor allem aber in der aus dem Grunde der Z. 5 der zitierten Gesetzesstelle erhobenen Mängelrüge die der Annahme seiner Täterschaft für die schwere Verletzung und die versuchte Nötigung des Hans B durch das Erstgericht zugrundeliegende Beweislage mit dem Hinweis auf 'äußerst vage Angaben des nahezu stets alkoholisierten Zeugen B' als unklar bezeichnet und die bezüglichen Urteilsfeststellungen in Ansehung des Tatgeschehens zu Punkt 1. und 2.

des Schuldspruchs als unzureichend begründet und undeutlich rügt, versucht er der Sache nach im wesentlichen bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekömpfen, ohne dem Ersturteil in Ansehung entscheidungswesentlicher Umstände anhaftende Begründungsmängel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. darzutun.

Die inhaltlich bekämpften Urteilskonstatierungen über die (Allein-)Täterschaft des Angeklagten Harald A für die schwere Körperverletzung des Hans B und bei dessen versuchter Nötigung (zur Unterlassung einer Anzeigeerstattung wegen dieser Verletzung) finden nicht nur in den vom Erstgericht vor allem als Feststellungsgrundlage herangezogenen Angaben des Hans B bei seiner polizeilichen Einvernahme vom 10.September 1979 (S. 163 d.A.), die er dann auch (abschließend) bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung aufrecht hielt (S. 278-280 d.A.), ihre volle aktenmäßige Deckung und denkrichtige Begründung, sondern werden auch durch die - im Urteil gleichfalls bezogene (S. 297 d.A.) - Aussage des (Tat-)Zeugen Siegfried G gestützt und bestätigt, der u.a. bekundete, daß der Angeklagte den Hans B 'gehaut und getreten' habe, sowie daß B ihm (G) erzählt habe, er sei von A, den er als Urheber seiner Verletzungen bezeichnete, auch bedroht worden (vgl. S. 165 und S. 282 - 284 d.A.). Gegen die - auf Grund einer einwandfreien Schlußziehung erfolgte - positive Beurteilung des Beweiswertes dieser Aussagen durch den erkennenden Senat anzukämpfen, ist dem Beschwerdeführer aber im schöffengerichtlichen Verfahren verwehrt (§§ 258 Abs. 2; 288 Abs. 2 Z. 3

StPO.).

Dem weiteren Einwand des Beschwerdeführers, im Urteil fehle eine klare Feststellung, durch welche (Tat-) Handlungen Hans B schwer verletzt wurde, ist mit dem Hinweis auf die ausdrückliche Urteilskonstatierung zu begegnen, wonach die (ärztlich festgestellte) schwere Verletzung des Hans B auf (Faust-)Schläge und mehrfache Fußtritte des Angeklagten zurückzuführen sind (S. 295 d. A.); eine (Mit-)Urheberschaft des Josef C hiezu war - was der Beschwerdeführer übersieht - nach der dem Urteil zugrundeliegenden Hergangsschilderung der Zeugen G und B nicht indiziert und konnte daher auch nicht Gegenstand einer Urteilsfeststellung sein.

Die im Urteilsspruch enthaltene Tatzeitfeststellung: 'in der Zeit zwischen dem 29.8.1979 und dem 10.9.1979' zum Schuldspruchfaktum 2. (versuchte Nötigung) hinwiederum gestattet, der Meinung des Beschwerdeführers zuwider, in zeitmäßiger Hinsicht eine ausreichende Tatindividualisierung, welchem Erfordernis auch die Feststellung des Tatortes: Wien, und, die eigentliche Tathandlung betreffend, die Urteilskonstatierung, der Angeklagte habe dem Hans B (verbal) gedroht, ihn umzubringen, falls er A wegen der Körperverletzung anzeige, vollauf entspricht. Insoweit haften dem Ersturteil formale Mängel - im Sinne einer Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 3 oder Z. 5 StPO.

(insbesondere eine Undeutlichkeit) - gleichfalls nicht an. In seiner sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z. 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. beziehenden Rechtsrüge bemängelt der Beschwerdeführer beim Faktum 1. (Körperverletzung) das angebliche Fehlen der Feststellung einer Verletzungs- oder Mißhandlungsabsicht, und beim Faktum 2. (versuchte Nötigung), daß im Urteil nicht angeführt werde, welches Übel der Angeklagte dem Hans B denn tatsächlich angedroht habe, zumal eine Drohung mit dem Tod im Sinne des § 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. vom Erstgericht nicht angenommen worden sei.

Auch mit diesen Einwänden ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:

Die absichtliche Zufügung einer schweren Verletzung (§ 87 StGB.) wurde dem Angeklagten - unter Punkt 1. des Urteilssatzes - nicht angelastet; daß er aber Hans B vorsätzlich am Körper verletzt hat, wurde vom Erstgericht schon nach dem Inhalt des Urteilsspruchs ausdrücklich als erwiesen angenommen und ergibt sich im übrigen auch zwangsläufig aus dem vom Schöffengericht festgestellten (schon erwähnten) Tathergang, wonach der Angeklagte auf den schwer alkoholisierten B einschlug und diesem, als er auf Grund seiner Schläge hilflos am Boden lag, noch mehrere Fußtritte versetzte, wodurch B - diesen Mißhandlungen durchaus adäquat - schwer verletzt wurde (vgl. hiezu auch Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN 20 zu § 84). Nach Lage des Falles bedurfte es mithin keiner weiteren Feststellungen zur subjektiven Tatseite bezüglich des zu Punkt 1. des Urteilssatzes gefällten Schuldspruchs wegen (vorsätzlicher) schwerer Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB.

In Ansehung der (nötigenden) gefährlichen Drohung des Angeklagten (Punkt 2. des Urteilssatzes) ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß nach forensischer Erfahrung verbale Todesdrohungen ('Umbringen') inhaltlich objektiv oft nur in übertriebener Weise ausgedrückte Drohungen mit körperlichen Mißhandlungen, nicht jedoch mit einem Anschlag auf das Leben des Bedrohten darstellen (ÖJZ-LSK. 1977/345). Dem Erstgericht unterlief daher kein Rechtsirrtum zum Nachteil des Angeklagten, wenn es die festgestellte verbale Drohung des Angeklagten gegen Hans B, diesen umzubringen, auf Grund der gegebenen Umstände ersichtlich bloß als eine (unqualifizierte) Drohung im Sinne des § 74 Z. 5 StGB. mit einer Verletzung am Körper wertete und die betreffende Tat daher nur den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. unterstellte.

Der zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten wegen der eingangs angeführten strafbaren Handlungen nach §§ 28, 84 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren, wobei es als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die zahlreichen einschlägigen, rückfallsbegründenden Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis hinsichtlich des Diebstahlsversuchs sowie die Tatsache, daß es beim Diebstahl und bei der Nötigung nur beim Versuch geblieben ist, wertete.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt, wobei insbesondere ins Gewicht fällt, daß der Berufungswerber empfindlich einschlägig vorbestraft ist, wozu kommt, daß er kurz nach seiner letzten Abstrafung (28. Juni 1979) abermals straffällig geworden ist (die erste der vorliegend abgeurteilten strafbaren Handlungen wurde bereits am 3. August 1979 verübt). Die Wirkungslosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen, aber auch der hohe Grad vorwerfbarer Schuld, vor allem in Ansehung der schweren Körperverletzung, erfordern vorliegend zur Erreichung der Strafzwecke die Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe. Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß entspricht demnach sowohl der Schuld des Berufungswerbers als insbesondere auch seiner Täterpersönlichkeit, weshalb eine Reduzierung der Strafe nicht in Betracht kommen konnte.

Es mußte demnach auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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