OGH 13Os46/80

OGH13Os46/8029.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Georg A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs. 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 7.Februar 1980, GZ. 1 e Vr 10.088/79-33, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Leutgeb und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der gemäß § 20 StGB. dem Angeklagten zur Zahlung auferlegte Geldbetrag mit 13.125 S festgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Gerichtsvollzieher des Exekutionsgerichts Wien (Oberoffizial) Georg A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs. 2 StGB. schuldig erkannt und hiefür zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe sowie außerdem (nicht, wie eine mißverständliche Diktion der Fassung des Urteilsspruchs nahelegen könnte, zum Verfall eines Geschenks, sondern) gemäß dem § 20 (Abs. 2) StGB. zur Bezahlung eines Geldbetrags von 26.250 S (als Wertersatz anstelle des nicht mehr greifbaren Geschenks) verurteilt.

Den Urteilsfeststellungen zufolge nahm der seit Jahren beim Exekutionsgericht Wien als Vollstrecker tätige Angeklagte in der Zeit vom 17.Februar 1977 bis 12.Oktober 1978 für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften Vermögensvorteile an, indem er für die Zuziehung des Schlossermeisters Manfred B zu sogenannten 'Schlosservollzügen' in 375 Fällen von diesem je 70 S pro Vollzug, insgesamt mithin einen Betrag von 26.250 S entgegennahm. Die Hälfte dieses Betrags, nämlich 13.125 S, bezahlte er im Zuge des Verfahrens an Manfred B zurück.

Den Schuldspruch nach dem § 304 Abs. 2 StGB. bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 5 und Z. 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Auch die gemäß dem § 20 Abs. 2 StGB. ausgesprochene Verpflichtung zum Wertersatz ficht er - die gleichen Nichtigkeitsgründe, richtig allerdings den der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. relevierend - mit Nichtigkeitsbeschwerde an; außerdem ergriff er (nur) gegen die in Rede stehende Nebenstrafe das Rechtsmittel der Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich nach keiner Richtung hin als begründet.

Soweit sich der Beschwerdeführer mit Beziehung auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund und unter Hinweis auf die vom Vorgesetzten des Angeklagten, Amtsrat Adalbert C, seinerzeit getroffene (interne) Diensteinteilung, derzufolge dem Angeklagten ab 4. März 1977 als Schlosser Manfred B zugeteilt war, gegen die Urteilsannahme wendet, er habe die verfahrensgegenständlichen Geldbeträge von B für dessen weitere Beschäftigung als Schlosser entgegengenommen, ist er zunächst auf seine eigene Verantwortung in der Hauptverhandlung zu verweisen, wonach von dieser Diensteinteilung, wenn auch nur ausnahmsweise, abgegangen werden konnte (s. Bd. II, S. 5). Damit im Zusammenhang berechtigte die urteilsmäßig festgestellte Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Gleichartigkeit der - vom Angeklagten (a.a.O.) als 'Trinkgeld' bezeichneten - Geldzuwendungen B (70 S für jeden vom Angeklagten mit B durchgeführten 'Schlosservollzug') und der sich daraus nach Lage des Falls ergebende Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilhandlungen der laufend fortgesetzten Geschenkannahme (vgl. EvBl. 1974/20) das Erstgericht durchaus zu dem in Einklang mit der Lebenserfahrung und den Verfahrensergebnissen (s.

die Zeugenaussage des Manfred B, Bd. I, S. 361, und die Verantwortung des Angeklagten laut Bd. I, S. 81

/: 'B bot mir Geld an, und zwar sagte er, er hoffe auf eine gute Zusammenarbeit ohne Schwierigkeiten' /) gezogenen Schluß, daß zwischen den vom Angeklagten entgegengenommenen Geldzuwendungen B und dessen auch künftiger Heranziehung zu 'Schlosservollzügen' unter Leitung des Angeklagten ein ursächlicher Zusammenhang bestand, wie er für den Deliktsfall der Geschenkannahme durch Beamte im Sinn des § 304 Abs. 2 StGB. typisch und essentiell ist, für den es aber andererseits ohne Belang ist, ob die Annahme des Vermögensvorteils bei der Vornahme des jeweiligen Amtsgeschäfts oder zeitlich vorher oder nachher erfolgte (s. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 6 und 9 zu § 304).

Hievon ausgehend erweist sich aber auch die vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch aus dem Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Rechtsrüge als verfehlt. Soweit sie die Urteilsannahme negiert, der Angeklagte habe von Manfred B die in Rede stehenden Geldbeträge für dessen weitere Beschäftigung als Schlosser entgegengenommen, entbehrt sie einer gesetzmäßigen, d.h. vom Urteilssachverhalt ausgehenden Ausführung dieses Nichtigkeitsgrunds. Im übrigen ist es gerichtsnotorisch, daß ein Vollstrecker, der ja (was der Beschwerdeführer übersieht) für die (auch) zu seinen Amtsgeschäften zählende Zuziehung eines geeigneten Handwerkers zu einer Exekutionsvornahme gemäß dem § 26 Abs. 1 EO. an sich zuständig ist (vgl. § 14 Abs. 2 des Dienstbuches für die Vollstrecker), auch im Fall einer internen festen Zuteilung eines bestimmten Schlossers durch die zeitmäßige Festsetzung der einzelnen Vollzüge, insbesondere durch (wenn auch allenfalls erst unter Erwirkung einer speziellen richterlichen Anordnung /§ 30 Abs. 1 EO. /) verstärkte Vornahme von Wochenend- und Nachtvollzügen (ohne Zuziehung eines Schlossers), sehr wesentlich darauf Einfluß nehmen kann, ob es zum Einsatz eines Schlossers zwecks Eröffnung (voraussichtlich) verschlossener Haus- oder Wohnungstüren kommt bzw. daß der Schlosser möglichst zeitsparend zum Einsatz kommt und damit betriebsmäßig optimal ausgelastet ist (vgl. hiezu Bd. I, S. 241 oben und 361).

Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall ein erhebliches Interesse des Schlossers Manfred B, sich den Angeklagten ungeachtet der von Amtsrat C verfügten internen 'Schlossereinteilung' in Form von laufenden Geldzuwendungen anläßlich der (ordnungsgemäß durchgeführten) Schlosservollzüge (auch) für die Zukunft gewogen zu erhalten. Die Annahme derartiger, ersichtlich als Belohnung für die Zuziehung des Schlossers zu Vollzügen des Angeklagten gemachten und damit im Zusammenhang stehenden Geldzuwendungen im Rahmen einer auf längere Zeit vorgesehenen und praktizierten, dienstlichen (Geschäfts-) Verbindung zwischen Vollstrecker und Schlosser wurde dem Angeklagten daher ohne Rechtsirrtum (insgesamt) als das Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte gemäß dem § 304 Abs. 2 StGB. angelastet.

Unbegründet ist aber auch das die Zulässigkeit eines Ausspruchs nach dem § 20 StGB. verneinende Vorbringen des Beschwerdeführers. Dieser Rüge, die unter dem Gesichtspunkt der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. zu beurteilen ist, weil den Gegenstand der Anfechtung ein Verfallsausspruch bildet, der im Nichtigkeitsverfahren nur aus dem erwähnten Nichtigkeitsgrund bekämpft werden kann (vgl. dazu u.a. SSt. 41/61;

EvBl. 1972/238, 1974/20, 9 Os 141/70, 10 Os 136/78, zuletzt 13 Os 14/80), ist folgendes zu erwidern:

Dem erst im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof vorgebrachten materiellrechtlichen Einwand des Beschwerdeführers, es fehle an einer Straftat, für welche der Geldbetrag empfangen wurde, sei zunächst entgegnet, daß der Verfall eines Geschenks oder einer anderen Zuwendung von Geldeswert nicht nur bei Entgegennahme durch den Täter für eine strafbare Handlung zulässig ist, sondern auch, wenn das strafbare Verhalten - wie im Fall des § 304 StGB. - in der Annahme der Zuwendung selbst besteht; dies folgt aus einem einfachen Größenschluß (vgl. Dokumentation StGB.

S. 74, letzter Absatz zu § 20 StGB.; Leukauf-Steininger2, RN. 5 zu § 20 StGB.). Daß des weiteren die relevante Geldsumme dem Angeklagten in Teilbeträgen zugewendet wurde, ist in rechtlicher Beziehung bedeutungslos, weil angesichts des gegebenen Fortsetzungszusammenhangs vom Erstgericht zutreffend der dem Angeklagten insgesamt zugekommene Betrag von 26.250 S als im Sinne des § 20 StGB. empfangener Vermögensvorteil beurteilt wurde. Es kann ferner der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider, nach dem Wortlaut und Sinngehalt des § 20 StGB.

(vgl. insbesondere schon die Einleitungsworte: 'Ein Geschenk oder eine andere Zuwendung von Geldeswert .....') überhaupt nicht zweifelhaft sein, daß auch Geldgeschenke dem Verfall unterliegen (siehe Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 7 zu § 20 und erneut EvBl. 1974/20).

Der im § 20 Abs. 1 StGB. - wie schon erwähnt, als Nebenstrafe - normierte Verfall des Geschenks erfolgt zugunsten des Bundes (§ 408 StPO.); lediglich dritte Personen, hingegen bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 StGB.

nicht auch der Täter (Angeklagte), können (als Verfallsbeteiligte) im Strafverfahren ein Recht an den vom Verfall betroffenen Gegenständen geltend machen (s. § 444

StPO.; vgl. auch Leukauf-Steininger, a.a.O., RN. 9 - 11 zu § 20). Besitzt der Täter, so wie vom Erstgericht vorliegend angenommen (s. Bd. II, S. 24), das (Geld-) Geschenk als solches nicht mehr, oder aber hat er, worauf der Beschwerdeführer Bezug nimmt, die empfangenen Geldbeträge bereits mit eigenem Bargeld vermengt (§ 371 abGB.), dann ist - statt auf Verfall zu erkennen - gemäß dem § 20 Abs. 2 StGB. der Täter zur Zahlung eines Geldbetrags zu verurteilen, der dem Wert der - wenn auch in Teilbeträgen erfolgten - Zuwendung entspricht (Wertersatz), und zwar der Rechtsnatur einer Nebenstrafe entsprechend auch ungeachtet einer (Teil-)Rückerstattung an den Zahler, welche allerdings gemäß dem zweiten Satz des Abs. 3 des § 20 StGB. nach Lage des Falls im Rahmen der Berufung Berücksichtigung finden kann.

Soweit sich der Beschwerdeführer in ziffernmäßiger Anrufung des Grunds des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. gegen die Feststellung der Gesamthöhe der ihm zugekommenen Geldzuwendungen B mit 26.250 S wendet, ist auf diese Ausführungen in Erledigung der Berufung, mit welcher der Angeklagte (im übrigen) das gänzliche Absehen vom Verfallsausspruch anstrebt (§ 20 Abs. 3 StGB.), einzugehen. Eine unter Nichtigkeitssanktion stehende Verletzung der Vorschriften des § 20 StGB. wurde mithin nicht bewirkt.

Die Höhe des empfangenen Geldbetrags ist durch die im angefochtenen Urteil enthaltenen Hinweise auf die bezügliche, als Feststellungsgrundlage dienende Zeugenaussage der Buchhalterin Sylvia D (S. 339/I. Band und S. 12 ff./II. Band) und deren nach Überzeugung des Gerichts genau und gewissenhaft erstellten Aufzeichnungen über die an einzelne Vollstrecker des Exekutionsgerichts Wien, darunter den Angeklagten, bezahlten Geldbeträge, in Verbindung mit der gleichfalls als Urteilsgrundlage dienenden Zeugenaussage des Manfred B (S. 8 bis 10/II. Band) schlüssig und hinreichend begründet. Dieser Annahme steht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - weder der im Urteil ohnedies berücksichtigte und erörterte (vgl. S. 23/II. Band) Umstand entgegen, daß sich B (letztlich) mit einer Rückzahlung von bloß 13.125 S begnügte, noch, daß der Gesamtbetrag von 26.250 S in Teilbeträgen (zu je 70 S) zugewendet wurde.

Insoweit ist der Angeklagte sohin mit seinem - wie erwähnt - inhaltlich als Berufung zu beurteilenden Vorbringen nicht im Recht. Allerdings kommt seiner Berufung aus folgender Überlegung teilweise Berechtigung zu.

Gemäß dem § 20 Abs. 3, letzter Satz, StGB. kann von der Verurteilung zur Zahlung eines Geldbetrags ganz oder zum Teil auch dann abgesehen werden, wenn sie den Verurteilten unbillig hart träfe. Nun hat der Angeklagte die Hälfte des empfangenen Bargelds dem Schlossermeister B zurückgezahlt. Das Erstgericht selbst hätte - wie aus den Urteilsgründen erschließbar ist (S. 24, II. Band) - bei gänzlicher Rückzahlung des erhaltenen Geldbetrags von der Auferlegung eines Wertersatzes überhaupt abgesehen und hat ihn nur deshalb verhängt, weil der Angeklagte nach einer Teilrückzahlung 'noch immer bereichert ist'. Es ist daher selbst nach dem vom Erstgericht erkennbar vertretenen Grundsatz nur konsequent, wenn sich der Wertersatz der Höhe nach auf den Anteil der erhaltenen Zuwendung beschränkt, um den der Angeklagte letztlich tatsächlich bereichert blieb. Durch eine insoweit doppelte Zahlung würde er nämlich nach Lage des Falls unbillig hart getroffen werden, weshalb in teilweiser Stattgebung der Berufung von der Verhängung einer Wertersatzstrafe im Ausmaß des an Manfred B zurückbezahlten Betrags abzusehen war. Im übrigen aber, soweit der Berufungswerber mit einem Betrag von 13.125 S aus dem Delikt letztlich bereichert blieb, war ihm der Wertersatz aufzuerlegen und seiner auf eine gänzliche Befreiung von diesem abzielenden Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

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