OGH 12Os31/80

OGH12Os31/8022.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128

Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 2, 130 und 15 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 7. Jänner 1980, GZ. 23 Vr 513/79-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Langhammer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. Dezember 1935 geborene Dolmetscher Günther A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 2, 130 (vierter Fall) und 15 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen dem 4. Dezember 1978 und dem 15. Juni 1979

in verschiedenen Orten Österreichs in 19 Angriffen verschiedenen Personen Bargeldbeträge von insgesamt rund 31.230 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wegnahm bzw. in einem Fall wegzunehmen versuchte, indem er Saunakästchen mit Schlüsseln, die er sich heimlich angeeignet, mithin wiederrechtlich erlangt hatte, öffnete.

Mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 4, 5 und 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte gegen den Ausspruch, er habe die ihm angelasteten Diebstähle in der Absicht begangen, sich durch wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und gegen die (rechtliche) Unterstellung dieser Tathandlungen auch unter die Bestimmung des § 130 StGB. Einen den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der angeblichen Nichtdurchführung der in der vertagten Hauptverhandlung am 15. Oktober 1979 beschlossenen Erhebungen über seine Einkommensverhältnisse und Aufenthalte. Für eine erfolgreiche Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes fehlt es indes schon an den formellen Voraussetzungen, weil der Beschwerdeführer in der der Urteilsfällung unmittelbar vorangegangenen (neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 7. Jänner 1980 einen entsprechenden Antrag auf Vornahme einer solchen Beweisaufnahme nicht gestellt bzw. wiederholt hat, über den vom Gericht hätte entschieden werden können. Im übrigen wurde die Durchführung der beschlossenen Erhebungen vom Erstgericht ohnedies am 20. November 1979 angeordnet (S. 172 d.A.), doch war ihr (vorläufiges) Ergebnis (S. 227 ff. d.A.) im Zeitpunkt der Hauptverhandlung vom 7. Jänner 1980 noch nicht bei Gericht eingelangt. Dieser Umstand wurde vom Vorsitzenden zu Beginn der Verhandlung bekanntgegeben und von den Parteien ohne bezügliche (weitere) Antragstellung zur Kenntnis genommen (S. 179 d. A.).

Rechtliche Beurteilung

Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO. bezeichnet der Beschwerdeführer das Urteil im bekämpften Ausspruch als unvollständig, widersprüchlich und offenbar unzureichend begründet. Sein Vorbringen, seine Verantwortung, er habe lediglich aus einem inneren Drang heraus und nicht, um mit den erbeuteten Bargeldbeträgen seinen Unterhalt bestreiten zu können, gehandelt, sei zu Unrecht mit dem bloßen Hinweis auf seine Vorstrafen und die daraus resultierenden Haftzeiten abgetan worden, stellt jedoch in Wahrheit letztlich nur einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung dar.

Im Urteil wird nämlich ausführlich und unter Verwertung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse begründet, auf Grund welcher Erwägungen das Gericht als erwiesen annahm, daß der Angeklagte die in Rede stehenden Sauna-Diebstähle in der Absicht verübte, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und seiner gegenteiligen Verantwortung keinen Glauben schenkte. Es legte hiebei in schlüssiger Weise dar, daß der Angeklagte - entgegen seiner Darstellung -

insbesondere auf Grund der in Österreich verbrachten Haftzeiten und nach den ihnen zugrundeliegenden Tathandlungen seit 1971 weder in Griechenland noch in Kanada gewesen sein konnte, zumal Hinweise auf einen solchen Auslandsaufenthalt auch aus seinem Reisepaß nicht zu ersehen seien, und leitete im Sinne des § 258 Abs. 2 StPO. aus der G e s a m t h e i t der Verfahrensergebnisse - unter Bedachtnahme auf seine Verantwortung im Vorverfahren und seine Angaben über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse in früheren Strafverfahren - denkrichtig -

ab, daß der Beschwerdeführer seit dieser Zeit ohne fixe Beschäftigung und ohne geregeltes Einkommen war. Um sich aber trotzdem fortlaufende Einnahmen zu verschaffen, habe sich der Angeklagte auf die wiederkehrende Begehung von Sauna-Diebstählen verlegt (S. 200 ff. d.A.). Von einer im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. unvollständigen oder nur offenbar unzureichenden Urteilsbegründung kann sohin nicht die Rede sein.

Unzutreffend ist auch der Beschwerdeeinwand der Mängelrüge, die Annahme gewerbsmäßigen Handelns stünde im Widerspruch zum Gutachten des dem Verfahren beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof.Dr. Klaus Jarosch. Dieser wertete zwar die Taten des Angeklagten als neurotisches Fehlverhalten, führte jedoch andererseits aus, daß der Angeklagte diese auch aus Gewinnsucht verübt habe (vgl. S. 120, 180 d.A.). Ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO.

kann mithin aus seinen Ausführungen gleichfalls nicht abgeleitet werden.

In rechtlicher Hinsicht übersieht der Beschwerdeführer vor allem, daß es bei der Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit des Täterverhaltens nicht darauf ankommt, ob der Täter auf die fortlaufenden Einnahmen aus dem beabsichtigten deliktischen Verhalten angewiesen ist, um seinen Unterhalt bestreiten zu können, oder ob er diesen aus redlich erworbenen Mitteln decken könnte und sich nur zusätzliche Mittel verschaffen will (vgl. LSK. 1976/191 u. a.). Auch wenn dem Angeklagten daher für seine Lebensführung noch andere ins Gewicht fallende (nach Lage des Falles nicht näher überprüfbare) Einkünfte zur Verfügung gestanden sein sollten, stünde dies der (rechtlichen) Annahme gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 70 StGB. nicht entgegen. Ebensowenig schließt eine abnorme neurotische Persönlichkeitsstruktur, wie sie nach dem im Urteil bezogenen Gutachten des dem Verfahren beigezogenen gerichtspsychiatrischen Sachverständigen beim Angeklagten bestand, eine auf Erzielung fortlaufender Einnahmen durch wiederholte Begehung von Einbruchsdiebstählen gerichtete Tendenz zwangsläufig aus, zumal eine Wiederholungstendenz ihre Ursache auch - wie hier - in dem Zusammenwirken verschiedener Motivationen haben kann. Da dem angefochtenen Urteilsspruch sohin auch keine Nichtigkeit im Sinne der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

anhaftet, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend den raschen Rückfall, die einschlägigen Vorstrafen in sehr rascher Aufeinanderfolge, die Faktenhäufung, einen die Wertgrenze von 5.000 S weit übersteigenden Schaden sowie die mehrfache Qualifikation zum Verbrechen des Diebstahls an, wertete hingegen als mildernd das volle Geständnis, das zur Wahrheitsfindung beigetragen hat und den Umstand, daß es in einem Falle beim Versuch geblieben ist. Die Berufung des Angeklagten, die Strafminderung begehrt, ist unbegründet.

Selbst wenn man eine gewisse psychopathische Veranlagung noch zusätzlich als mildernd berücksichtigen und die Höhe des Schadens nicht als erschwerend werten wollte, würden diese Umstände unter Berücksichtigung der sonst vom Erstgericht zutreffend angeführten, aber auch richtig gewürdigten Strafzumessungsgründen an dem vom Erstgericht gefundenen Strafausmaß nichts ändern.

Es darf nicht verkannt werden, daß die von dem im Verfahren erster Instanz vernommenen Sachverständigen erstellte Prognose im Hinblick auf die begangenen Seriendelikte ungünstig ist (S. 180 d.A.), ferner, daß der hohe Intelligenzgrad des Angeklagten genügende Steuermechanismen seines Verhaltens auch in Beziehung auf eine Vermeidung der immer wieder und offenbar bewußt aufgesuchten Gelegenheiten möglich gemacht hätten und die wiederholten und empfindlichen Abstrafungen keine bessernde Wirkung erzielen konnten. Die damit offen zu Tage getretene Neigung, gleichgelagerte Diebstähle immer wieder zu wiederholen, kann nur durch eine längerdauernde Freiheitsstrafe entgegengetreten werden, mag diese auch vom Angeklagten als streng empfunden werden. Sie entspricht vielmehr durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten wie auch der strukturellen Täterpersönlichkeit und ist demgemäß nicht als überhöht anzusehen.

Gerade die in der Täterpersönlichkeit gelegene Schuldkomponente rechtfertigt in diesem Falle im Gegensatz zur Auffassung des Berufungswerbers die Verhängung einer der vom Erstgericht ausgesprochenen Freiheitsstrafe.

Es war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen und im übrigen wie im Spruche zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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