OGH 12Os39/79

OGH12Os39/7910.5.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführer in der Strafsache gegen Hubert A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs 1

und Abs 2 Z. 1, 128 Abs 2, 129 Z. 1 und 12 StGB über die vom Angeklagten Hubert A gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 30.Jänner 1979, GZ 26 Vr 2676/78-81, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rabitsch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.

Der Berufung wegen Strafe wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.Dezember 1956 geborene Schlossergehilfe Hubert A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach § 12, 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 1, 128

Abs 2 und 129 Z. 1 StGB und des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2 StGB schuldig erkannt.

Ihm liegen folgende Straftaten zur Last:

Am 29.April 1978 hat er in Mittersill gemeinsam mit dem Angeklagten Richard B vier Winterreifen samt Sportfelgen im Werte von zusammen mindestens 8.000 S gestohlen (Urteilsfaktum A IV 1) und anfangs 1978 in Spittal/Drau in Gesellschaft des Oswald C zwei Schiträger im Werte von ca. 1.000 S (A IV 2). Im Winter 1978

hat er Richard B zum Diebstahl zweier Räder mit Spikesreifen (der Wert wurde nicht festgestellt) in Gesellschaft des Oswald C bestimmt (B 2 in Verbindung mit A III 5). Im Mai 1978 hat er gestohlene Autoreifen im Werte von 8.000 S an sich gebracht (C 1 in Verbindung mit A I 7). Am 29.Mai 1978 hat er in Lienz und Kaprun zu dem von den beiden Mitangeklagten Richard B und Bernhard D ausgeführten schweren Diebstahl durch Einbruch, begangen in Kaprun am 30.Mai 1978 zum Nachteil zweier Radsportverbände hinsichtlich sechs Rennrädern im Gesamtwert von etwa 126.000 S dadurch beigetragen, daß er Richard B mit dem PKW. zu diesem Zweck von Lienz nach Kaprun brachte und in seinem Auftrag Bernhard D in Lienz aufsuchte und anwies, mit seinem PKW. zu B, der ihn dort erwartete, nach Kaprun zu kommen (Faktum B)

1) in Verbindung mit A) I) 8)). Nach den Urteilsfeststellungen war ihm klar, daß mehrere Rennräder, allenfalls aus einem verschlossenen Raum, gestohlen werden sollten (S. 189/II).

Der Sache nach nur diesen Schuldspruch wegen Beteiligung an dem Rennraddiebstahl der vorgenannten Mitangeklagten (B 1) ficht Hubert A mit einer als Berufung wegen Nichtigkeit bezeichneten Nichtigkeitsbeschwerde an, die er ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5

und 10 des § 281 Abs 1 StPO stützt. Er bekämpft den Schuldspruch ferner mit Berufung wegen Schuld und den Strafausspruch mit Berufung wegen Strafe.

Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer dem Urteil unzureichende Begründung zum Vorwurf und führt dem Sinne nach aus, daß der Diebstahl der Rennräder in zwei Angriffen ausgeführt worden sei; nur für den ersten Angriff, bei dem vier Räder mit einem Gesamtwert unter 100.000 S gestohlen wurden, könne der Beschwerdeführer als Tatbeteiligter angesehen werden, nicht aber für den weiteren, nach einem erst bei der Heimfahrt der beiden Diebe aus Kaprun nach Lienz gefaßten Entschluß verübten Diebstahl von drei (richtig zwei) Rennrädern, zumal das Erstgericht überhaupt nicht begründe, warum der Beschwerdeführer auch für den späteren Tatentschluß von B und D verantwortlich sei, und sich dabei insbesondere nicht auf sein Geständnis stützen könne, zumal er zu dieser Zeit mit den Tätern nicht mehr in Kontakt gestanden sei. Mit diesem Vorbringen bringt der Beschwerdeführer jedoch den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, denn er macht keine mangelhafte Begründung einer Tatsachenfeststellung geltend, sondern führt damit bereits, soweit er sachlich einen Freispruch vom Vorwurf der Beteiligung hinsichtlich des zweiten Diebstahls in der gegenständlichen Nacht anstrebt, den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO, und insoweit er überdies die Ausschaltung eines 100.000 S übersteigenden Schadens und damit der Anwendung des § 128 Abs 2 StGB aus dem Schuldspruch begehrt, den in der Folge auch ziffernmäßig bezogenen Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO dahin aus, daß er behauptet, die Tatsachenfeststellungen des Ersturteiles wären keine ausreichende Grundlage, ihm dieses Teilfaktum und sohin den Diebstahl von sechs Rädern im Werte von insgesamt 126.000 S zuzurechnen.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Vorwurf versagt. Ihm ist vor allem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz eine derartige überschreitung des ursprünglichen Tatplanes nie behauptet und sein Geständnis etwa dahin eingeschränkt hat, er habe nur mit dem Diebstahl von vier Fahrrädern im Gesamtwert unter 100.000 S gerechnet, und dies auch dann noch nicht, als ihm spätestens aus der Anklageschrift der inkriminierte Schadensbetrag aus dem angefochtenen Teilfaktum, nämlich der Gesamtwert der gestohlenen Räder in Höhe von 126.000 S und der Antrag der Staatsanwaltschaft, deshalb seine Strafe nach dem Abs 2

des § 128 StGB zu bemessen, bekannt war.

Die Beschwerdebehauptung, er habe bei seiner Tatbeteiligung nur mit einem Wert unter 100.000 S sowie nur mit der Wegnahme von vier Rennrädern gerechnet, ist daher eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung.

Im Verfahren sind auch nicht etwa Umstände hervorgekommen, die die Feststellung einer derartigen Begrenzung seines Vorsatzes bei der Mitwirkung an dem erwähnten Diebstahl indiziert hätten und deren rechtsirriges Nichtbeachten einen auf unrichtiger Auslegung der Grenzen der Verantwortlichkeit eines im Sinne des § 12 StGB an einem Diebstahl Beteiligten zurückzuführenden Feststellungsmangel verwirklicht hätte. Es wurde nämlich auch von den Mitangeklagten Richard B und Bernhard D niemals behauptet, daß vor Tatbegehung beabsichtigt gewesen wäre, jedenfalls nur einen Angriff zu unternehmen und höchstens vier Rennräder im Werte unter 100.000 S zu stehlen. Daß der Diebstahl in zwei Angriffen ausgeführte wurde, ändert hieran nichts; denn die mehreren Angriffe hatten ihre Ursache darin, daß nur vier Räder im PKW. des D verstaut werden konnten, weshalb die Täter auf der Heimfahrt drei Räder versteckten, nach Kaprun zurückkehrten und dort weitere zwei Räder in das Auto einluden. Keineswegs aber ist in den mehrfachen Angriffen eine für den Beschwerdeführer nicht vorhersehbare, von ihm nicht gebilligte und deshalb auch nicht zu vertretende Ausweitung des ursprünglichen Tatplanes zu erblicken. Schon aus diesem vom Erstgericht festgestellten Tatablauf ergibt sich, daß B und D im Rahmen der Tatvereinbarung geblieben sind, weshalb das Erstgericht dem Beschwerdeführer zutreffend den gesamten Wert der gestohlenen Räder anlastete.

Insoweit der Beschwerdeführer sodann dem Sinne nach einwendet, sein Verhalten bei diesem Teilfaktum sei überhaupt zu Unrecht als Beteiligung im Sinne des § 12 StGB

am Rennraddiebstahl gewertet worden, da er D und B nicht zu diesem Diebstahl bestimmt und auch nicht in dem vom Erstgericht angenommenen Umfang zu dessen Ausführung beigetragen habe, insbesondere den Diebstahl von sieben (richtig sechs) Rädern keineswegs in Kauf genommen habe, bringt er keinen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung. Insbesondere versucht er nicht etwa den im Urteil festgestellten Sachverhalt mit dem darauf anzuwendenden Gesetz zu vergleichen, wie es die Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert, oder Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO aufzuzeigen. Er versucht vielmehr, die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Schöffensenates in Abrede zu stellen und damit in Wahrheit dessen freie richterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen. Auf dieses Vorbringen erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen.

Der weitere Einwand, es könne dem Beschwerdeführer eine Mitwirkung als Beteiligter an diesem Diebstahl deshalb nicht angelastet werden, da er keine Ahnung hatte, wo die Räder verwahrt waren und weil er auf die Tat selbst, gemeint wohl die Wegnahme der Rennräder, keinen Einfluß hatte, ist gleichfalls nicht stichhältig.

Denn unter einem sonstigen Tatbeitrag im Sinne des § 12 letzter Fall StGB, wie er dem Beschwerdeführer zur Last liegt, ist jede Förderung der Tatausführung durch einen anderen zu verstehen (EvBl 1978/107). Eine solche Unterstützung ist aber im Transport des Täters zum Tatort und in der Verständigung des weiteren Tatbeteiligten zu erblicken, denn das Gesetz verlangt nicht, daß die Vollbringung der Tat ohne die Hilfe des zur Tat Beitragenden unmöglich oder die Hilfe unbedingt notwendig gewesen wäre; hier kommt noch der vom Erstgericht hervorgekehrte Umstand hinzu, daß die Hilfe Bernhard D für Richard B nötig war und insbesondere der Transport der gestohlenen Rennräder im PKW. des D erfolgen sollte. Die Handlungsweise der beiden Täter B und D blieb außerdem, wie bereits ausgeführt, im Rahmen des gemeinsamen auch vom Beschwerdeführer gebilligten Tatentschlusses (Diebstahl mehrerer Rennräder), weshalb der Beschwerdeführer als Tatbeteiligter für den ganzen aus der Tat entspringenden Schaden haftet (JBl. 1976/604). Daß der Beschwerdeführer den Aufbewahrungsort der Räder kannte oder Einfluß auf die Durchführung der Tat selbst nehmen konnte, wird für die Beurteilung seines Verhaltens als sonstiger Tatbeitrag nach § 12 StGB nicht erfordert.

Es zeigt sich somit, daß das Schöffengericht auch keinem den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 10 StPO

verwirklichenden Rechtsirrtum unterlag, wenn es dem Beschwerdeführer den Diebstahl sämtlicher in zwei Angriffen gestohlener Räder anlastete, daher auch den gesamten aus diesem Diebstahl entstandenen Schaden in Höhe von 126.000 S und schon deshalb auch bei ihm die Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB für gegeben erachtete. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hubert A war daher zu verwerfen.

Die Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, da ein solches Rechtsmittel im Verfahren vor dem Schöffengericht nicht vorgesehen ist.

Das Schöffengericht verhängte über Hubert A gemäß § 128 Abs 2 und 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Erschwerend waren die Vorstrafe wegen Diebstahls, die Wiederholung der Straftaten, die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und der rasche Rückfall, mildernd das Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung eines Teiles des Diebsgutes und der Umstand, daß er beim Diebstahl der Rennräder nur in untergeordneter Weise beteiligt war und daß er daraus keinen materiellen Vorteil zog. Mit seiner Berufung (wegen Strafe) begehrt der Angeklagte A eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und bedingten Strafnachlaß gemäß § 43 Abs 1 StGB

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafbemessungsgründe richtig erfaßt und gewertet. Es hat insbesonders ausreichend berücksichtigt, daß der Angeklagte beim Diebstahl der Rennräder nur in untergeordneter Weise tätig war und daraus keinen materiellen Vorteil gezogen hat. Von einem beträchtlichen überwiegen der Milderungsgründe kann nicht gesprochen werden. Die außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB

war daher nicht möglich. Da der Angeklagte, der schon mehrfach, einmal auch wegen einer einschlägigen strafbaren Handlung, vorbestraft ist, neuerlich rasch und mehrfach rückfällig wurde (bereits zum dritten Mal in einer nach § 43 StGB bestimmten Probezeit), ist die Annahme nicht gerechtfertigt, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen werde, ihn von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Auch das Begehren auf bedingten Strafnachlaß ist somit nicht begründet.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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