Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO hat der Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Günther A 1.) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1
StGB, 2.) des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 StGB und 3.) des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Dieses Urteil, dem Vorbringen nach jedoch nur den Punkt 3.) des vorstehenden Schuldspruchs, bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5, der Sache nach auch auf Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung nicht zu. Das Erstgericht gründet den bekämpften Schuldspruch wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht auf folgende wesentliche Tatsachenfeststellungen:
Der Angeklagte ist für seinen am 18.Jänner 1969 geborenen (ehelichen) Sohn Alexander A, welcher sich seit November 1976 zur Pflege und Erziehung in Heimen der Stadt Wien befindet, sorgepflichtig. Nach Entlassung aus seiner letzten Strafhaft am 20. Oktober 1977 arbeitete der Angeklagte bis Dezember 1977 als Gärtner, von Jänner 1978 bis Mitte Juli 1978 als Hilfsarbeiter und ging dann keiner geregelten Beschäftigung nach. In Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung unterließ der Angeklagte, der überdies schon vordem (im Jahre 1970 oder 1971) vom Bezirksjugendamt für den zweiten Wiener Bezirk zu bestimmten Zahlungen für dieses Kind verpflichtet worden war (vgl. S. 134), in der Zeit nach seiner letzten Haftentlassung (angenommener Tatzeitraum: 15.November 1977 bis 4.August 1978) jegliche Unterhaltsleistungen für seinen Sohn, obwohl ihm solche zufolge seines Einkommens möglich gewesen wären. Der Angeklagte wollte für den Unterhalt seines Sohnes nicht sorgen und gab Mitte Juli 1978 seinen Arbeitsplatz auf, um seiner Unterhaltspflicht zu entgehen. Ohne Hilfe von anderer Seite wären Unterhalt und Erziehung des unterhaltsberechtigten Kindes gefährdet gewesen, zumal sich auch dessen Mutter nicht um dieses gekümmert hat.
Den Ausführungen der Mängelrüge zuwider kann in der erstgerichtlichen Feststellung, wonach der Beschwerdeführer nach Entlassung aus der letzten Strafhaft ab Oktober 1977 bis Dezember 1977 als Gärtner, sodann ab Jänner 1978
bis Mitte Juli 1978 als Hilfsarbeiter beschäftigt war und seither keiner geregelten Beschäftigung nachging, eine Undeutlichkeit im Ausspruch über entscheidende Tatsachen im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht erblickt werden.
Denn eine solche würde nur dann vorliegen, wenn das Ersturteil nicht klar erkennen ließe, welche entscheidenden Tatsachen sowohl auf der objektiven wie auf der subjektiven Tatseite das Gericht als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschah (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 Nr. 13, 14 zu § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO; Foregger-Serini StPO2 Seite 290). Dies kann in Ansehung der erwähnten präzisen Konstatierungen über die Zeiten eines Arbeitsverhältnisses des Beschwerdeführers und schließlich den Mangel eines solchen ab der Aufgabe seines letzten Arbeitsplatzes aber nicht gesagt werden, zumal diese Feststellungen auf der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers, insbesondere vor der Polizei beruhen (vgl. S. 15 in ON. 25, S. 137 und 144). Der in der Beschwerde als seiner Ansicht nach zu Unrecht nicht berücksichtigt gerügte Umstand, daß sich der Beschwerdeführer seit dem 5.August 1978 (im vorliegenden Verfahren) neuerlich in Haft befindet, ist ohne Relevanz, weil dem Beschwerdeführer ja die Unterhaltsverletzung nur bis zum 4.August 1978, also bis zum Tage vor seiner neuerlichen Verhaftung, angelastet wird. Der Vorwurf der Undeutlichkeit versagt aber auch in Ansehung der weiteren erstgerichtlichen Annahme, wonach der Beschwerdeführer Mitte Juli 1978 seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat, um seiner Unterhaltspflicht zu entgehen.
Diese ebenfalls an sich unmißverständliche Feststellung wurde vom Erstgericht, ausgehend von der die Aufgabe des Arbeitsplatzes gar nicht bestreitenden Verantwortung des Beschwerdeführers auf Grund freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) durchaus einleuchtend und denkfolgerichtig begründet (vgl. S. 131, 147 f.).
Als eine den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklichende Unvollständigkeit der Begründung wird weiter gerügt, daß das Erstgericht die nach der Meinung des Beschwerdeführers für die Beurteilung der Gröblichkeit der Unterhaltsverletzung gemäß dem Tatbild des § 198 Abs. 1 StGB wesentliche Feststellung, wonach ihm - zufolge Abwesenheit von der Zustelladresse - weder die Vorladung des Bezirksjugendamtes zugekommen, noch ihm vom Bezirksjugendamt ein Unterhaltsbeitrag vorgeschrieben worden sei, weshalb er bisher keine Zahlung geleistet habe, nicht getroffen habe.
Auch mit dieser, der Sache nach einen Feststellungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend machenden, Rüge dringt der Beschwerdeführer nicht durch. Entgegen der Auffassung der Beschwerde kommt es bei der Frage der Gröblichkeit der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB rechtlich nicht darauf an, ob dem Unterhaltspflichtigen ein bestimmter Unterhaltsbetrag (durch Gericht oder Jugendamt) bereits auferlegt wurde.
Denn die Unterhaltsverpflichtung - vorliegend des ehelichen Vaters - besteht unabhängig von der ziffern- oder zeitraummäßigen Festsetzung eines Betrages durch irgendeine Behörde schon auf Grund des Gesetzes (§ 137, 140 ABGB.
i. d.F. des KindG., BGBl. 403/1977, bzw. § 139, 141 f. in der zuvor geltenden Fassung).
Die von der Generalprokuratur, gestützt auf eine ältere Entscheidung (SSt. 32/54), vertretene Meinung, daß Gröblichkeit der Verletzung einer Unterhaltspflicht bei deren Nichterfüllung durch einen Monat oder nicht vollständiger Erfüllung durch mehrere Monate vorliege, ist allerdings verfehlt, weil sich dieser Begriff nicht schematisieren läßt. Eine vollständige Vernachlässigung der Unterhaltspflicht durch mehr als sechs Monate - wie dies dem Angeklagten für einen Tatzeitraum von über 8 1/2 Monaten zur Last liegt - ist aber unter dem im gegebenen Fall primär entscheidenden Gesichtspunkt ihrer Dauer jedenfalls als gröbliche Verletzung der Unterhaltspflicht zu werten (EvBl. 1973/290) und dem Angeklagten im Hinblick auf seine festgestellte Leistungsfähigkeit und die nach den Umständen gegebene Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens als Vergehen nach § 198 StGB anzulasten (RZ. 1976/34, Kienapfel RZ. 1976, 48). Es ist daher dem Erstgericht weder ein Begründungsmangel im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO noch in der Beurteilung des vorbezeichneten Tatverhaltens des Angeklagten als Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 StGB ein Rechtsirrtum im Sinne der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO unterlaufen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher als unbegründet zu verwerfen.
Der Angeklagte wurde nach § 147 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Das Erstgericht wertete als mildernd das Geständnis des Angeklagten, als erschwerend hingegen die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (3 Vergehenstatbestände) und den Umstand, daß der Diebstahl an Leopold B zum Nachteil einer Person erfolgte, die dem Angeklagten vertraute und die ihm auch unmittelbar vorher Geld geschenkt hatte. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe an.
Dieser Berufung kann Berechtigung nicht abgesprochen werden. Dem Angeklagten ist nämlich auch als mildernd im Sinne der Z. 16 des § 34 StGB zugute zu halten, daß er sich selbst gestellt hat. Nach der Aktenlage hat der Angeklagte am 5.August 1978 das Wachzimmer Rötzergasse der Bundespolizeidirektion Wien angerufen und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß er ausgeschrieben sei, worauf er auf die Funkstreife gewartet hat, welche ihn festnahm (S. 53 d. A.).
Das Erstgericht hat die übrigen im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe auch insoferne unrichtig gewürdigt, als es dem Geständnis des Angeklagten etwas zu wenig Gewicht beigemessen hat und überdies zu wenig beachtet hat, daß die Straftaten des Angeklagten, deretwegen er nunmehr zur Verantwortung gezogen wurde, an sich nicht als besonders gravierende Delikte angesehen werden können, zumal sich der Wert der Diebsbeute mit 970 S und der beim Betrug eingetretene Schaden mit 12.000 S noch in relativ mäßigen Grenzen halten. Die Freiheitsstrafe war daher in Stattgebung der Berufung des Angeklagten auf das dem Unrechtsgehalt der Taten entsprechende Ausmaß von achtzehn Monaten herabzusetzen, was auch dem Verschulden und der eher negativ zu beurteilenden Täterpersönlichkeit des wiederholt vorbestraften Angeklagten noch gerecht wird.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)