OGH 12Os1/79

OGH12Os1/7917.1.1979

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schnattinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 1. Dezember 1978, GZ 17 Vr 653/78-25, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Erledigung der Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1. Jänner 1945 geborene Maurergeselle Günter A des Vergehens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/2 (zweieinhalb) Jahren verurteilt, weil er in St. Pölten fremde bewegliche Sachen (zu ergänzen: im Werte von mehr als S 5.000) nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1) am 27. August 1973 dem Leopold B einen Bargeldbetrag von S 16.000;

2) am 12. Mai 1978 dem Erich C einen Bargeldbetrag von S 8.700 (ca) und eine Brieftasche im Werte von S 300.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 3, 8 und 11 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch mit Berufung.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht zwar das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB bei der Strafbemessung als erschwerend berücksichtigte, diese gesetzliche Bestimmung, deren Anwendung auch von der Anklagebehörde nicht beantragt wurde, im Urteilsspruch aber nicht zitiert habe, sodaß nicht nur ein mit Nichtigkeit bedrohter Verstoß gegen § 260 Abs 1 Z 4 StPO vorliege, sondern auch eine Nichtigkeit im Sinne der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO zufolge Anklageüberschreitung gegeben sei. Schließlich wird aus 'Gründen der Vorsicht' noch eine überschreitung der Strafbefugnis durch das Schöffengericht nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO releviert.

Abgesehen davon, daß eine (im übrigen nicht erfolgte) Verletzung der Bestimmung des § 260 Abs 1 Z 4 StPO nicht mit Nichtigkeit bedroht ist, werden durch das Beschwerdevorbringen weder einer der ziffernmäßig genannten, noch sonst einer der in § 281 Abs 1, 281 a StPO erschöpfend aufgezählten Nichtigkeitsgründe zu einer gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 39 StGB als fakultative allgemeine Strafausdehnungsnorm kommt nur dann wirklich zur Anwendung und ist auch nur dann im Urteilsspruch zu zitieren, wenn die Grenze der für den betreffenden Tatbestand angedrohten Strafe nach oben überschritten wird.

Vorliegend hat das Gericht die Freiheitsstrafe innerhalb des im § 128 Abs 1 StGB angedrohten Strafrahmens mit 2 1/2 Jahren ausgemessen, demgemäß § 39 StGB gar nicht angewendet, so daß seine Zitierung im Urteilsspruch zu Recht unterblieben ist (vgl hiezu SSt 46/45). Dagegen verschlägt es nicht, die Eignung der einschlägigen Vorstrafen im Sinne des § 39 StGB als erschwerend bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dessen Anwendung im übrigen nicht von einem darauf abzielenden Antrag des öffentlichen Anklägers abhängig ist, sondern dem freien Ermessen des erkennenden Gerichtes bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen anheimgestellt ist. Worin eine überschreitung der Anklage gelegen sein soll, ist ebensowenig erkennbar, wie die ohne jede nähere Begründung aufgestellte Behauptung der überschreitung der Strafbefugnis durch das Erstgericht im Sinne der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO Mangels gesetzmäßiger Darstellung eines angerufenen oder anderen Nichtigkeitsgrundes hätte folglich die Nichtigkeitsbeschwerde schon vom Kreisgericht St. Pölten gemäß § 285 a Z 2, 285 b Abs 1 StPO zurückgewiesen und die vorliegende Berufung gegen den Strafausspruch - nach Rechtskraft des Zurückweisungsbeschlusses - unter Anschluß aller Akten dem zuständigen Oberlandesgericht Wien vorgelegt werden müssen. Da dies nicht geschah, hatte der Oberste Gerichtshof nunmehr die Nichtigkeitsbeschwerde als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1

StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen; im Sinne des § 285 b Abs 6 StPO war die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten dem Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht zu überlassen.

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