OGH 11Os108/78

OGH11Os108/7819.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred A und Heinz Peter B wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z l StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Manfred A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 13. April 1978, GZ 22 Vr 2534/

77-76, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Heinz Peter B nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Manfred A, Dr. Fritz Sterneder, und des Verteidigers des Angeklagten Heinz Peter B, Rechtsanwalt Dr. Heinrich Siegl, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird Folge gegeben und die über Manfred A verhängte Freiheitsstrafe auf 2 1/2 Jahre, die über Heinz Peter B verhängte Freiheitsstrafe auf 15 Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24. März 1945 geborene, zuletzt beschäftigungslose Manfred A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z l StGB und des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1 letzter Fall StGB sowie der am 7. Dezember 1956 geborene, zuletzt ebenfalls beschäftigungslose Heinz Peter B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil I l.)Manfred A und Heinz Peter B fremde bewegliche Sachen in einem l00.000 S übersteigenden Wert den nachstehend genannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

a) Manfred A und Heinz Peter B in Gesellschaft als Beteiligte in der Nacht zum 3. November 1977 in Linz 20 Gegensprechanlagen mit Zentralgeräten im Werte von insgesamt ll0.920 S und zwei Kartons Weißwein im Wert von ca. 500 S Verfügungsberechtigten der Firma C durch Einbruch in ein Gebäude;

b) Manfred A allein am 2. September 1977 in Linz eine Halskette im Wert von ca. 2.200 S der Margit D;

2.)Manfred A am 4. November 1977 den Walter Q dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt hat, daß er ihn (Beamten der Bundespolizeidirektion Linz gegenüber) einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Einbruchsdiebstahls bei der Firma C, falsch verdächtigte, obwohl er wußte, daß die Verdächtigung falsch war, wobei die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist;

3.)Heinz Peter B am 27. Mai 1977 in Graz den Franz G durch Versetzen von Faustschlägen, wodurch der Genannte eine Rißquetschwunde am Kinn, ein Hämatom mit Jochbeinprellung und eine Kieferprellung erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt hat. Von weiteren Anklagepunkten wurden Manfred A und Heinz Peter B gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.

Nur der Angeklagte Manfred A bekämpft mit einer Nichtigkeitsbeschwerde unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO inhaltlich des Beschwerdevorbringens den Schuldspruch zu Punkt I/l/a und zu Punkt I/2 des Urteilssatzes; den Schuldspruch zu Punkt I/l/b läßt er demnach unangefochten.

In bezug auf den Schuldspruch wegen Diebstahls zum Nachteil der Firma C (Punkt I/l/a des Urteilssatzes) rügt der Angeklagte Manfred A als Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen sowie Angabe nur offenbar unzureichender Gründe.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Begründungsmängel sind jedoch nicht gegeben.

Mit der Frage, ob der Angeklagte A durch die nur 34 mal 27 Zentimeter große Öffnung einsteigen konnte, setzt sich das Erstgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils ohnehin auseinander (S. 419 d. A) und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß es sich hiebei um eine Fensteröffnung und nicht um dickes Mauerwerk gehandelt hat und erfahrungsgemäß, wenn der Kopf eines Menschen durch eine Öffnung geht, unter Verkrümmung und Verrenkung auch der Rumpf des Betreffenden durchgezwängt werden kann. Einen logischen Fehler vermag der Beschwerdeführer, der nach seinen Angaben 178 Zentimeter groß und 80 Kilogramm schwer (S. 463 d. A; vgl. auch S. 59 d. A) - und somit keineswegs besonders korpulent - ist, in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen. Im übrigen wäre es seine Sache gewesen, zum Nachweis dafür, daß es ihm unmöglich war, durch die in Rede stehende Öffnung zu schlüpfen, in der Hauptverhandlung geeignete Anträge zu stellen, deren Ablehnung er sodann unter dem Gesichtspunkt einer anderen Urteilsnichtigkeit hätte rügen können. Das nunmehrige Vorbringen im Rahmen der Mängelrüge ist aber umso weniger geeignet, eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO darzutun, als es - unbestrittenermaßen - dem Mittäter möglich war, jene Öffnung (deren Abmessung in der Diagonale nicht übersehen werden darf) zu passieren.

Aus der Angabe der Zeugin Alexandra H, gehört zu haben, wie Helmut I zu Gerlinde J sagte, daß er A 'hineindrehen' werde, weil er einen Zorn auf ihn habe (S. 128 d. A), ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Denn abgesehen davon, daß einer solchen - aus dem Zusammenhang gerissenen - öußerung allein noch keineswegs zu entnehmen wäre, daß Helmut I den Angeklagten zu Unrecht belasten wollte, gibt der Zeuge I im Grunde ohnehin nichts anderes an als die Zeugin Gerlinde J, der Mitangeklagte Heinz Peter B und der Beschwerdeführer selbst, der gar nicht in Abrede stellt, mit B in der Wohnung des Helmut I gewesen zu sein und sich dessen Tasche ausgeborgt zu haben (Seiten 55 a ff und 376-377 d. A). Bezüglich der am Tatort vorgefundenen Schuhabdrücke ergibt sich aus dem Untersuchungsbericht des Kriminaltechnischen Dienstes der Bundespolizeidirektion Linz, daß dieselben zwar für eine einwandfreie Beweisführung - zu Identifizierungszwecken - nicht geeignet sind, aber den Schluß zulassen, daß an der Ausführung des Diebstahls zwei Personen beteiligt waren (Seiten 273-274 d. A), woraus das Erstgericht mit zureichendem Grund auf eine Mittäterschaft des sowohl vor als auch nach der Tat in Gesellschaft des Heinz Peter B gewesenen Angeklagten A schließen konnte (S. 416 d. A).

Auch der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch zwischen Urteilstenor und Entscheidungsgründen bezüglich Art und Umfang der Diebsbeute ist nicht gegeben.

Wenn im Urteilsspruch von '20 Gegensprechanlagen mit Zentralgeräten im Werte von insgesamt ll0.920 S' (S. 408 d. A), in den Entscheidungsgründen a mal 10 Gegensprechanlagen sowie einem Netzgerät, einem Zentralgerät und einem Gruppenruf (im Wert von ll0.920 S - Seiten 412-413 d. A) die Rede ist, so erklärt sich der vermeintliche Widerspruch daraus, daß es sich bei letzteren - im Urteilstenor als 'Zentralgeräten' bezeichneten - Geräten um Bestandteile einer Hauptsprech-(Zentral-)Anlage handelt, an welche die einzelnen Gegensprechanlagen anzuschließen sind (S. 126 d. A). Aus der Aussage des Lagerhausverwalters Ernst K geht zudem hervor, daß von den Tätern außer den 20 Gegensprechanlagen auch die Hauptsprechanlage bzw. Netzgerät, Gruppenruf und Zentrale weggenommen worden sind (Seiten 126, 392-393 d.A).

Für rechtsirrig erachtet der Angeklagte Manfred A - damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend machend - den Schuldspruch wegen Diebstahls von Sachen, deren Wert l00.000 S übersteigt, und sohin die Anwendung der Qualifikationsbestimmung des § 128 Abs 2 StGB

Doch auch die Rechtsrüge hält einer überprüfung nicht stand. Der Wert des gestohlenen Gutes bestimmt sich nach dem Schaden des Bestohlenen und somit nach jenem Betrag, den der Bestohlene zur Tatzeit hätte aufwenden müssen, um sich einen gleichwertigen Ersatz für das entzogene Gut zu verschaffen. Der Schaden entspricht daher bei neuen Gegenständen grundsätzlich dem Wiederbeschaffungspreis des gestohlenen Gutes (EvBl 1972/165). Bei gebrauchten Sachen ist der Zeitwert maßgebend, d.i. der Neuwert abzüglich eines den Umständen (Abnützung, auch bloßes 'Veraltern' der Sache) entsprechenden Betrages (ÖJZ-LSK 1977/281), der jedoch keineswegs mit dem vom Bestohlenen im Fall eines 'aus zweiter Hand' erfolgenden Weiterverkaufs zu erzielenden Kaufpreis (Wiederverkaufspreis) gleichzusetzen ist.

Da es sich im vorliegenden Fall um zum Einbau in ein neu errichtetes Bauwerk der Firma C bestimmt gewesene (S. 413 d. A), erst seit ca. vier Wochen gelagerte (S. 24 d. A) und sohin (fabriks-)neue Geräte gehandelt hat, konnte deren Wert vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum mit dem Anschaffungswert festgestellt werden.

An dem von den Tätern zu verantwortenden Betrag würde sich auch nichts ändern, wenn man - was der Beschwerdeführer allerdings gar nicht geltend macht - den Diebstahl in Ansehung des von den Angeklagten schon ausserhalb des Lagerhauses auf der Rampe verlorenen Zentralgeräts nur als versucht beurteilen würde, weil Beträge aus versuchten und vollendeten Diebstählen ebenfalls gemäß dem § 29 StGB zusammenzurechnen sind (SSt. 22/57; RZ 1959, 46). In bezug auf den Schuldspruch wegen Verleumdung (Punkt I/2 des Urteilssatzes) erachtet der Angeklagte Manfred A die Annahme, er habe den Walter Q des Einbruchsdiebstahls bei der Firma C verdächtigt, für aktenwidrig. Denn er habe niemals behauptet, daß Walter Q diesen Einbruch selbst begangen habe, und seine Angabe, die Geräte von Walter Q gekauft zu haben, stelle sich lediglich als - gescheiterter - Versuch dar, im Rahmen seiner Beschuldigtenverantwortung den reellen Erwerb des in seinem Besitz vorgefundenen Diebsgutes zu bekunden.

Auch in diesem Fall ist weder der vom Beschwerdeführer behauptete Begründungsmangel noch der von ihm geltend gemachte Rechtsirrtum (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) gegeben.

Zur Annahme einer Verleumdung im Sinne des § 297 Abs 1 StGB hat es einer ausdrücklichen Bezichtigung des Walter Q seitens des Angeklagten, den Einbruchsdiebstahl bei der Firma C verübt zu haben, nicht bedurft. Denn die Frage, ob eine (falsche) Verdächtigung wegen einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung ... vorliegt, ist nach Wortlaut und Sinn der betreffenden öußerung im Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt der betreffenden Anzeige oder Aussage und unter Berücksichtigung aller Begleitumstände zu beurteilen (EvBl 1960/387), wobei auch ein nicht eindeutiger, mehrere Möglichkeiten offenlassender, auf bewußt falschen Tatsachenmitteilungen beruhender Vorwurf eine Verleumdung begründet, wenn nur eine dieser Möglichkeiten eine von Amts wegen zu verfolgende strafbare Handlung darstellt (EvBl 1963/40). Hiezu wird in den Entscheidungsgründen schlüssig dargelegt, daß die in der Anzeige wiedergegebenen Angaben des Manfred A, er sei nicht der Einbrecher, sondern habe die Tasche samt (gestohlenen) Geräten und Weinflaschen um 500 S von Walter Q gekauft (S. 26 d. A), nur so verstanden werden konnten, daß der Angeklagte A Walter Q mit dem - von der Polizei ihm angelasteten - Diebstahl bei der Firma C in Zusammenhang brachte (S. 421 d. A). Tatsächlich hat Manfred A sowohl bei der Polizei als auch in der Hauptverhandlung zugegeben, Walter Q als Täter bezeichnet zu haben (Seiten 36 und 376 d. A).

Der Umstand, daß der Einbruch zum angegebenen Zeitpunkt des von ihm (fälschlich) behaupteten Ankaufs des Diebsgutes von Walter Q tatsächlich noch nicht verübt worden war, vermag den Beschwerdeführer schon deshalb nicht zu entlasten, weil dieser Zeitpunkt jedenfalls innerhalb jenes Zeitraumes verlegt wurde, der nach dem damaligen Stand der polizeilichen Erhebungen als Tatzeit in Frage kam (s. S. 23 d. A). Ebensowenig vermag der Umstand, daß Manfred A nach Gegenüberstellung mit Walter Q die gegen den Genannten erhobene Anschuldigung zurückgenommen und Heinz Peter B als wirklichen (Mit-)Täter namhaft gemacht hat, etwas an der Strafbarkeit seines vorangegangenen Verhaltens zu ändern, da auf Grund dieser Anschuldigung seitens der Polizei bereits Schritte zur Verfolgung des Walter Q unternommen worden waren (Seiten 36 und 47 d. A).

In den Gründen des angefochtenen Urteils wird auch zu Recht darauf hingewiesen, daß es eine unzulässige überschreitung des einem Beschuldigten zustehenden Verteidigungsrechtes darstellt, wenn von ihm über eine Abwehr ihn belastender Angaben und Umstände hinaus bewußt wahrheitswidrig falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, wonach - würden diese der Wahrheit entsprechen - eine andere Person eine strafbare Handlung begangen hätte oder einer solchen zumindest verdächtig wäre (S. 424 d. A; vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 48-49 und ll68 ff.). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte nach dem § 128 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB über den Angeklagten Manfred A eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Jahren und über den Angeklagten Heinz Peter B eine solche von 2 Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung bei beiden Angeklagten als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mit einer strafbaren Handlung anderer Art und den Umstand, daß der Diebstahl durch das Gesellschaftsverhältnis und den Einbruch beschwert ist, bei Manfred A überdies die Tatwiederholung, als mildernd bei Heinz Peter B das volle Geständnis sowie dessen Alter unter 21 Jahren, bei Manfred A keinen Umstand.

Mit ihren Berufungen streben die beiden Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen an. Beiden Berufungen kommt Berechtigung zu.

Zwar hat das Erstgericht bei der Strafzumessung die Erschwerungsgründe richtig angeführt, doch hat es bei der Anführung der Milderungsgründe unterlassen, beiden Angeklagten den - nur im Zusammenhang mit dem Unrechtsgehalt der Tat erörterten - Umstand zugute zu halten, daß im wesentlichen das gesamte Diebsgut zustandegebracht werden konnte. Berücksichtigt man überdies, daß der Wert der gestohlenen Gegenstände den Betrag von S 100.000,-- nur knapp übersteigt, so erscheint eine Herabsetzung der über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe auf 2 1/2

Jahre bei Manfred A und 15 Monate bei Heinz Peter B gerechtfertigt. Das nunmehr gefundene Strafmaß entspricht sowohl dem Unrechtsgehalt der Taten als auch der Schuld der Täter.

Somit war den Berufungen Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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