OGH 10Os115/78

OGH10Os115/786.9.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 21. April 1978, GZ. 11 Vr 28/

77-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lampelmayer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

In der auch dem gegenständlichen Schuldspruch zugrunde liegenden Anklage wurde dem am 2. Juli 1940 geborenen Kraftfahrzeug-Mechanikermeister Karl A im Punkt I das Vergehen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB angelastet, weil er in Bruck/Mur mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, 1.) am 9. September 1974 den Oberwachmann Helmut B des Stadtpolizeiamtes Bruck/Mur durch die unrichtige Behauptung, der Typenschein für den PKW Marke Porsche 911 E, Baujahr 1969, Fahrgestellnummer 119-210655, Motornummer 6298512, sei im Jahre 1972 entwendet worden, zur Ausstellung einer Bestätigung über die Erstattung einer Verlustanzeige, 2.) am 25. Oktober 1974 durch Vorlage dieser Bestätigung bei der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Leitha den dortigen Beamten zur Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung für den gegenständlichen PKW und 3.) im November 1974 durch Vorlage der obgenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Amte der Salzburger Landesregierung den dortigen Beamten zur Ausstellung eines Duplikates der Einzelgenehmigung für den gegenständlichen PKW, sohin die Genannten durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, die Leo C an seinem Vermögen um den Betrag von 89.000 S schädigten.

Mit Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 6. Mai 1977, ON 24, erging hiezu ein anklagekonformer Schuldspruch, der jedoch über Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. Dezember 1977, GZ. 10 Os 136/77-9 (= ON 29 des Vr-Aktes) aufgehoben wurde, weil vor allem zur subjektiven Tatseite Feststellungen fehlten und weil sich das Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung des objektiven Sachverhaltes nicht mit anderen, in Betracht kommenden Alternativen auseinandergesetzt hatte.

Im zweiten Rechtsgang erfolgte mit dem nunmehr angefochtenen Urteil ein Schuldspruch wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB, weil der Angeklagte am 2. September 1974 in Bruck/Mur einen von den abgesondert Verfolgten Otto und Hildegard D dem Leo C gestohlenen PKW der Marke Porsche 911 E, Baujahr 1969, Fahrgestellnummer 119-2l0655, Motornummer 6298512, im Werte von ca. 66.000 S, mithin eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, dadurch verhandelte, daß er diesen PKW 'an sich brachte' und an N. E verkaufte. Hiefür wurde der Angeklagte gemäß § 164 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je '4.000 S' - gemeint 400 S (siehe S 229/230) - im Falle der Uneinbrinlichkeit zu 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte neuerlich mit Nichtigkeitsbeschwerde, in der er sich auf § 281 Abs. 1 Z 8 und 9 lit. a StPO bezieht.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Verfehlt ist zunächst der auf § 281 Abs. 1 Z 8 StPO gestützte Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe die Anklage insofern überschritten, als es den Beschwerdeführer wegen einer Tat - nämlich der Veräußerung des verfahrensgegenständlichen PKWs am 2. September 1974 - verurteilte, die er den Urteilsfeststellungen zufolge (zeitlich) vor dem Zeitpunkt, zu dem er die unter Anklage gestellten Täuschungshandlungen begangen haben sollte, gesetzt habe. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß das Gericht bei der rechtlichen Beurteilung des unter Anklage gestellten Sachverhaltes im Sinne der § 262, 267 StPO nicht an die Rechtsauffassung der Anklage gebunden ist. Allerdings muß bei einer abweichenden Beurteilung des Sachverhaltes durch das Gericht die Identität der unter Anklage gestellten mit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tat gewahrt bleiben, was vorliegend der Fall ist, weil der gesamte Geschehenskomplex, wie er als zusammenhängender Tatablauf in der Anklageschrift geschildert ist (s. Harbich, RZ 1974, 87, Foregger-Serini StPO, 2. Auflage S 292), auch Gegenstand des angefochtenen Schuldspruches ist.

Eine Nichtigkeit im Sinne der Z 8 des § 281 Abs. 1

StPO ist dem Erstgericht somit nicht unterlaufen, die Anklage wurde

nicht überschritten.

Es liegt aber auch die aus dem Grunde der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeit nicht vor. Im Urteil wurde, durch Verfahrensergebnisse ausreichend gedeckt, nicht festgestellt, daß der in Rede stehende PKW dem Karl F vom Angeklagten - sei es körperlich, sei es symbolisch, sei es durch Erklärung -

übergeben worden ist (vgl. S 220/22l). Hat doch der Angeklagte sowohl in seiner gerichtlichen Verantwortung in diesem Verfahren (S 86, 101 und 185) als auch in seiner gegen Leo C auf Herausgabe des Typenscheines gerichteten Klage (GZ. 7 Cg 118/74 des Landesgerichtes Innsbruck) selbst Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Begleichung des Kaufpreises behauptet, was sich auch aus dem in der Hauptverhandlung erörterten (S 211 in Verbindung mit S 189) Kaufvertrag vom 29. Mai 1973 (Beilage 1 a) ergibt. überdies hat er wiederholt (S 41, 86, 191) angegeben, von F für dieses Fahrzeug keine Zahlungen erhalten zu haben.

Entgegen der Ansicht der Generalprokuratur und des Beschwerdeführers hat der erste Kaufinteressent Karl F, der für den derivativen Eigentumserwerb zwar einen Titel hatte und dem das mangelnde (Eigentums-)Recht des Angeklagten gemäß § 366 HGB (§ 367 ABGB) nicht schadete, an dem gestohlenen Kraftfahrzeug mangels einer übergabe aber kein Eigentum erworben; das Eigentumsrecht des Bestohlenen (Leo C) blieb daher bis zum gutgläubigen Eigentumserwerb durch E mit Kaufvertrag vom 2.9.74 (§ 366 HGB) weiter aufrecht. Zu diesem Zeitpunkt war der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen - zumindest seit der Beschlagnahme des Fahrzeuges am 5.6.73 (S 221) - jedenfalls schlechtgläubig. Die von der Generalprokuratur angezogenen höchstrichterlichen Entscheidungen betreffen eine andere (privat-)rechtliche Lage.

Der Angeklagte hat daher durch den Verkauf des dem Leo C - dessen Eigentum bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen war - gestohlenen Wagens, vorsätzlich eine Sache, die andere (Otto und Hilde D) durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, verhandelt, mag er auch vorgegeben haben, als Verkäufer für Karl F aufzutreten. Die Erörterung der Frage, ob der Angeklagte sich beim Erwerb des PKWs von den Dieben wenigstens des fahrlässigen Vergehens nach dem § 165 StGB schuldig gemacht hat, kann auf sich beruhen.

Der Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens der (vorsätzlichen) Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 StGB ist daher bei dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt im Ergebnis richtig.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war zu verwerfen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390 a StPO.

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